• Landrat Schäfer aus Greiz will Arbeitspflicht für Asylbewerber auf Ukrainer und deutsche Bürgergeldempfänger ausweiten.
  • Das jedoch ist durchaus verfassungswidrig und wäre nur nach einer Änderung des Grundgesetzes möglich.
  • Ein-Euro-Jobs gelten als problematisch, da sie reguläre Beschäftigung erschweren und bestehende Jobs verdrängen könnten.

Der Landkreis Greiz hatte im vergangenen Jahr Asylbewerber zur Arbeit verpflichtet. Dafür wurde eine Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz genutzt. Ukrainer fallen nicht darunter, sie können Bürgergeld beziehen.

Arbeitspflicht auch für Ukraine-Flüchtlinge

Landrat Ulli Schäfer möchte darum die Arbeitspflicht ausweiten, denn auch Menschen aus der Ukraine hätten Sprachdefizite, kennten die Kultur nicht und wüssten nicht wie der Arbeitsalltag funktioniere. Deshalb würde der CDU-Politiker sie gern bei der Arbeitspflicht einschließen. Und: "Die dritte Säule wären Deutsche. Es gibt keinen Grund, warum Deutsche auch zu Hause sitzen sollen. Sondern wir würden gerne alle entsprechend verpflichten."

Schäfer betont, dass das zusätzliche Arbeiten wären – also zum Beispiel die Grünflächen im Park pflegen, Zäune streichen oder Essen in Kitas ausgeben: "Wir wollen niemanden ausbeuten. Und wir wollen auch nicht Menschen, die krank oder behindert sind oder Kleinstkinder in der Betreuung haben, verpflichten."

Stattdessen gehe es darum, Menschen eine Struktur im Arbeitsalltag zu geben, heißt es von Schäfer weiter: "Es ist schon schwierig, früh um 7 oder 8 aufzustehen, um einer Tätigkeit nachzugehen." Das habe aber nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern mit Integration.

Grundgesetz verhindert Arbeitspflicht

Den gleichen Vorschlag hatte es schon in Schwerin gegeben. Der Stadtrat stimmte im vergangenen Jahr auch dafür. Einfach beschließen kann man eine solche Arbeitspflicht aber nicht, sagt Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler. Sie verstoße gegen das Grundgesetz: "Eine allgemeine Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger wäre nicht denkbar. Das Grundgesetz verbietet eine allgemeine Arbeitspflicht und das gleiche gilt auch für die europäische Menschenrechtskonvention", erklärt Boehme-Neßler.

Das Bürgergeld sei die Leistung des Sozialstaats zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz: "Das sagt das Bundesverfassungsgericht auch ganz klar. Damit sind keine grundsätzlichen Arbeitspflichten vereinbar", so Boehme-Neßler. Man müsste also erst das Grundgesetz ändern, was jedoch ein für Boehme-Neßler eher unrealistisches Szenario ist.

Probleme und Risiken von Ein-Euro-Jobs

Möglich seien sogenannte Ein-Euro-Jobs. Auch diese machten aber nicht immer Sinn, meint Holger Schäfer, Arbeitsmarkt-Ökonom am Institut der deutschen Wirtschaft. Es gebe dabei einen sogenannten Lock-in-Effekt: "Die Menschen machen Ein-Euro-Jobs und bemühen sich aber nicht mehr um andere Jobs und werden gewissermaßen eingesperrt in diesen Tätigkeiten." Das verschlechtere ihre Chancen auf eine reguläre Beschäftigung.

Diesen negativen Effekt wolle man nicht, sagt der Arbeitsmarkt-Ökonom Schäfer: "Bei den Menschen, die arbeiten können und wollen, sind solche gemeinnützigen Tätigkeiten in der Regel kein gutes Instrument". Und Schäfer gibt auch zu bedenken: Arbeiten wie etwa Parkpflege könnten auch private Unternehmen übernehmen, um deren reguläre Jobs nicht zu verdrängen.

MDR AKTUELL

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