Die Rentenlücke bedroht den gewohnten Lebensstandard im Alter: Vielen fehlt später Geld, um ihren Alltag zu finanzieren. Ein gut durchdachtes Depot kann bei der Absicherung helfen.
Rund 1.700 Euro monatlich weniger als im Arbeitsleben - wer heute 30 Jahre alt ist und 50.000 Euro brutto im Jahr verdient, wird zum regulären Renteneintritt den aktuellen Lebensstandard nur mit der gesetzlichen Rente nicht mehr finanzieren können. Das zeigen Berechnungen des Verbraucherportals Finanztip.
Fast jede und jeder Deutsche wird im Alter weniger Geld zur Verfügung haben, als er oder sie eigentlich braucht, um den gewohnten Lebensstil zu halten. Denn die gesetzliche Rente ist nicht äquivalent mit den aktuellen Arbeitseinkommen, die Inflation frisst zusätzliche Kaufkraft, und der Bedarf steigt Jahr für Jahr. Umso wichtiger ist deshalb die private Altersvorsorge.
Inflation mehr als ausgleichen
Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Investments in einen breit gestreuten ETF werden oft als Basis empfohlen, weil das Verhältnis von Rendite zu Risiko Experten zufolge gut ist und die Rendite von ETFs wahrscheinlich die Inflation schlägt.
Olaf Stotz von der Frankfurt School of Finance and Management betont im ARD-Finanzformat 50k auf YouTube, dass Anlegende diesen Inflationsausgleich immer mitdenken sollten: "Ich nehme immer das Beispiel Brötchen einkaufen: Vor 30, 40 Jahren haben Brötchen 30 Pfennige gekostet, das wären heute 15 Cent. Wenn ich heute zum Bäcker gehe, dann kostet ein Brötchen ungefähr 40, 50 oder sogar 60 Cent." Über vier Jahrzehnte hinweg habe sich die Kaufkraft beim Bäcker laut Stotz also um teils mehr als 50 Prozentpunkte reduziert. Wer also heute Geld fürs Alter anlegt, sollte dies immer im Hinterkopf haben.
Experte Stotz betont, dass ein Inflationsausgleich besonders gut mit einer Geldanlage am Aktienmarkt gelingt: "Über lange Zeiträume - also drei, vier Jahrzehnte - lag die Rendite nach der Inflation im Durchschnitt bei fünf Prozentpunkte pro Jahr." Das heißt, die Inflation wird nicht nur ausgeglichen, sondern man macht darüber hinaus noch Gewinn.
Die finanzielle Lage im Blick
Bevor man allerdings überhaupt damit anfängt, Geld fürs Alter anzulegen, sollte die eigene finanzielle Situation überblickt werden. Und dabei die Frage beantworten: Wie viel Geld kann man jeden Monat beiseitelegen? Dafür empfiehlt es sich, zunächst eine Bestandsaufnahme des eigenen Einkommens, des Vermögens und der Schulden zu machen.
Anschließend werden zunächst die Schulden zurückgezahlt, und ein Notgroschen angelegt. Expertinnen und Experten empfehlen, drei bis sechs Monatsgehälter so anzulegen, dass sie für unerwartete Ausgaben jederzeit verfügbar sind - zum Beispiel auf einem Tagesgeldkonto. So lassen sich Reparaturen oder eine neue Waschmaschine bezahlen, ohne dass man das ganze Depot dafür leerräumen muss.
Schließlich gilt: Für die Altersvorsorge sollte man nur Geld investieren, auf das man mittelfristig verzichten kann. Geld fürs tägliche Leben oder aus dem Notgroschen sollte nicht an der Börse angelegt werden.
Die 50-30-20-Regel
Um an dieser Stelle denn auch ein Gefühl dafür zu bekommen, wie man sein Nettogehalt aufteilen sollte, kann die 50-30-20-Regel helfen. Sie besagt, dass man 50 Prozent des Nettoeinkommens für die normalen Lebenshaltungskosten einplanen sollte - also Miete inklusive Nebenkosten, Essen, Versicherungen, Mobilität.
30 Prozent sollte man für Spaß ausgeben, also Urlaube, Abos, Essen gehen oder für Kinobesuche. Und die restlichen 20 Prozent sind fürs Sparen gedacht. Dabei geht es nicht nur ums langfristige Anlegen, sondern auch um den Notgroschen, falls der nach einer Investition wieder nachgefüllt werden muss.
Mehr sparen als Durchschnitt?
Wenn es um die Altersvorsorge geht, lautet die Empfehlung: In jedem Alter sollte man etwa 15 Prozent seines Nettoeinkommens langfristig zurückzulegen. Das sollte Experten zufolge - zusammen mit der gesetzlichen Rente - reichen, damit man seinen aktuellen Lebensstandard halten kann.
Konkret in Zahlen heißt das: Bei einem Nettoverdienst von 2.700 Euro im Monat sollte man rund 405 Euro davon monatlich langfristig investieren. "Gerade für junge Leute hört sich diese Zahl natürlich sehr hoch an. Wichtiger als die tatsächliche Summe ist aber, dass junge Menschen erst mal mit dem Sparen anfangen. Und da reicht es vielleicht auch, nur mit 50 oder 100 Euro anzufangen, die aber dann sukzessive planmäßig zu erhöhen", so Experte Stotz.
Übrigens: Wer es schafft, 15 bis 20 Prozent seines Nettoeinkommens anzulegen, der liegt im deutschen Vergleich ziemlich gut im Rennen. Denn die durchschnittliche Sparquote in Deutschland lag 2024 laut Statistischem Bundesamt bei 11,1 Prozent.
Zwei wichtige Bestandteile
Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber nicht nur die Sparquote, sondern auch die eigentliche Zusammensetzung des Depots. Sinnvollerweise sollte dies immer aus zwei Bausteinen bestehen: einem Sicherheitsbaustein und einem Renditebaustein.
Der Sicherheitsbaustein besteht dabei aus stabilen Anlagen wie zum Beispiel Tagesgeld, Festgeld oder Geldmarktfonds. Die schwanken kaum, aber es gibt eben auch kaum Zuwachs. Für den Sicherheitsbaustein gilt vor allem, dass die hier zugehörigen Anlagen unkompliziert, günstig und jederzeit verfügbar sein sollten. Auf komplizierte und riskante Investments sollte man verzichten.
Rendite mit Welt-ETFs
Im Renditebaustein finden sich dagegen vor allem breit gestreute Aktien-ETFs. Sie sind besonders mit Blick auf die langfristige Geldanlage interessant, denn wegen der breiten Streuung minimieren sie das Anlagerisiko. Ein ETF steckt das angelegte Geld nicht in eine einzelne Aktie, sondern verteilt es auf viele Unternehmen. Unter den sogenannten Welt-ETFs gibt es vor allem drei Indizes, die für das langfristige Investieren als Standard gelten.
ETFs auf den MSCI World Index investieren in die größten börsennotierten Unternehmen aus Industrieländern. Ein solcher ETF gilt als solides Basisinvestment und bringt im Schnitt rund sechs Prozent Rendite im Jahr. Weil der Index so breit gestreut ist, ist das Risiko vergleichsweise gering. Sogar noch breiter gestreut ist der MSCI ACWI. Dieser Index funktioniert ähnlich wie der MSCI World, er umfasst aber neben Industrieländern auch noch Unternehmen aus 24 Schwellenländern, etwa aus China, Indien oder Brasilien.
Der FTSE All-World investiert in rund 4.000 Unternehmen aus über 50 Ländern, wobei ebenfalls in Industrie- und Schwellenländern investiert wird. Laut Anbieter deckt der Index etwa 90 bis 95 Prozent der weltweit investierbaren Marktkapitalisierung ab. Angesichts ihrer breiten Streuung eignen sie sich gut für den langfristigen Vermögensaufbau. Verbraucherplattformen wie Finanztip raten dazu, dass mindestens ein ETF auf einen dieser drei Welt-Indizes im Depot landen sollte.
Anlageentscheidungen sind individuell
Darüber hinaus können zum Renditebaustein auch ETFs gehören, die etwa bestimmte Regionen oder Branchen im Blick haben. Auch Investments in Rohstoffe oder Immobilien sind möglich. Allerdings raten viele Expertinnen und Experten dazu, nicht zu viele verschiedene Investments zu tätigen. Denn je mehr verschiedene Investments man tätigt, desto komplizierter und unübersichtlicher wird es.
Wie genau die Aufteilung zwischen Sicherheits- und Renditebaustein am Ende ist, hängt vor allem vom eigenen Risikoprofil ab. Das ist sehr individuell, ein Richtig oder Falsch gibt es hier nicht. Experte Stotz betont im ARD-Finanzformat 50k auf YouTube vor allem, dass man sich mit folgendem auseinander setzen sollte: "Kann ich das Risiko langfristig tragen und wie bin ich gegenüber kurzfristigen Wertschwankungen in meinem Portfolio eingestellt? Diese beiden zentralen Fragen kann jeder Anleger nur selbst beantworten."
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