Mehrere Organisationen haben mit Kritik auf Äußerungen von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) über geplante Änderungen im Bundesförderprogramm „Demokratie leben“ reagiert. Mit der „Ankündigung, verschiedene Organisationen zu durchleuchten und sogar Geld zurückzufordern“, entstehe ein „Klima des Misstrauens“, erklärte der geschäftsführende Vorstand der Kampagnen-Organisation Campact, Felix Kolb, am Dienstag in Berlin. Kritik kam auch vom brandenburgischen Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus und der Thüringer Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, Ezra.
Prien hatte zuvor in einem Interview mit WELT erklärt, stärker mit Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten zu wollen, um gezielt verdächtige Organisationen zu überprüfen, die Gelder aus dem Programm erhalten. „Es kann nicht die Lösung sein, Rechtsextremismus über die Förderung linker Aktivisten bekämpfen zu wollen. Nur Organisationen, die zweifelsfrei auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, können staatliche Förderung bekommen, alle anderen nicht“, sagte die Ministerin. „Das gilt für Rechts- und Linksextreme, islamistische Extremisten und ganz klar für antisemitische Gruppen.“
Die Ministerin kündigte zudem an, dass es künftig möglich sein soll, Rückforderungen geltend zu machen, „wenn sich Organisationen erfolgreich um Unterstützung beworben haben, aber gleichzeitig nichts dafür tun, unsere Demokratie zu unterstützen, sondern dazu beitragen, sie zu untergraben“. Ein Sprecher des Ministeriums sagte der Nachrichtenagentur epd, die Förderrichtlinie werde derzeit überarbeitet und mit zu beteiligenden Institutionen wie etwa dem Bundesrechnungshof abgestimmt.
Der Vorgängerregierung von SPD, Grünen und FDP warf Prien vor, nicht genau hingeschaut zu haben. In den vergangenen Jahren seien mit dem Geld von „Demokratie leben!“ vermehrt linke Aktivisten und deren Strukturen unterstützt worden oder Projekte, aus deren Reihen Einzelne sich mit antisemitischen Parolen zu Wort gemeldet hätten. Das werde jetzt beendet.
Linkspartei kritisiert Priens Äußerungen
Campact-Vorstand Kolb äußerte hingegen die Befürchtung, dass solche Änderungen zu Unsicherheiten bei vielen Organisationen führen könnten. Die Geschäftsführerin des Brandenburger Aktionsbündnisses, Maica Vierkant, sagte gegenüber epd, Engagierte fühlten sich in ihrer Arbeit infrage gestellt, wenn pauschal behauptet werde, bei geförderten Gruppierungen gebe es ein Transparenzproblem. „Solche unbelegten Pauschalisierungen kann man durchaus als Stimmungsmache gegen die demokratische Zivilgesellschaft interpretieren“, sagte Vierkant. Das Aktionsbündnis klärt unter anderem über Rechtsextremismus auf und veröffentlicht dazu Broschüren, Bücher und Podcasts.
Kritik an Priens Äußerungen kam auch von der Linkspartei. „Wer wie Frau Prien zivilgesellschaftliches Engagement unter Generalverdacht stellt, schwächt genau jene Initiativen, die seit Jahren an vorderster Front gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus arbeiten“, sagte die Bundestagsabgeordnete Clara Bünger. Sie forderte, mehr in demokratische Bildung und politische Teilhabe zu investieren.
Der Projektleiter der Opferhilfeorganisation Ezra, Franz Zobel, sagte dem epd in Erfurt, bereits jetzt reichten die Kapazitäten kaum noch aus, um die Anfragen zu bearbeiten. Angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen brauche es ein klares Bekenntnis der demokratischen Parteien, dass Betroffene rechter Gewalt ein Recht auf Beratung haben und auf Finanzierung der entsprechenden Angebote.
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