In Frankreich ist am Morgen der Protesttag gegen drohende Einsparungen gestartet - mit Streiks, Blockaden und ersten Festnahmen. Landesweit wird mit hunderttausenden Teilnehmern bei Demonstrationen gerechnet.

In ganz Frankreich haben Gewerkschaften an diesem Donnerstag zum Protest aufgerufen. Bereits am Morgen gab es laut Medienberichten Blockaden, etwa an Busdepots oder auch vor Schulgebäuden.

Angaben des geschäftsführenden Innenministers Bruno Retailleau zufolge rückte die Polizei mehrfach aus, um die Blockaden aufzulösen. Medien berichteten, dass es landesweit schon mehrere Dutzend Festnahmen gegeben habe. Die Pariser Polizei bestätigte bisher sieben. Über den Tag sollen in ganz Frankreich bis zu 80.000 Polizeikräfte im Einsatz sein.

Geschlossene Schulen, Ausfälle im Nahverkehr

Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete, folgten in ganz Frankreich Tausende Beschäftigte dem Aufruf, ihre Arbeit niederzulegen. An vielen Schulen fielen Unterrichtsstunden aus, allein in Paris blieben demnach 90 Grundschulen geschlossen. An mehreren Gymnasien demonstrieren auch Schülerinnen und Schüler.

Der Streikaufruf des Gewerkschaftsbündnisses gilt für zahlreiche Branchen, von Lehrkräften oder Klinikpersonal über Verkehrsbetriebe bis hin zu Apotheken. Im Regionalverkehr kam es durch die Streikaktionen zu zahlreichen Ausfällen. In Paris sollten die meisten U-Bahnlinien nur während des Berufsverkehrs fahren. 

Hunderttausende Teilnehmende erwartet

Neben den Streiks sind in ganz Frankreich etwa 250 Kundgebungen und Demonstrationen angemeldet worden. Behörden rechnen mit Hunderttausenden Teilnehmenden. Es kursieren Zahlen zwischen 700.000 und 900.000 Menschen, die sich an den verschiedenen Aktionen beteiligen könnten.

Teils hatten Behörden im Vorfeld vor möglichen Ausschreitungen gewarnt. Der Pariser Polizeipräfekt rief Ladeninhaber auf, ihre Geschäfte zu schließen. Die geschäftsführende Regierung riet Beschäftigten, wenn möglich von zu Hause aus zu arbeiten.

Ex-Regierungschef mit Vertrauensfrage gescheitert

Anlass für die Proteste sind die Sparpläne der inzwischen zurückgetretenen Regierung unter Premierminister François Bayrou. 44 Milliarden Euro hatte Bayrou im Staatshaushalt des kommenden Jahres einsparen wollen. Frankreich ist hochverschuldet und muss seine Finanzen in den Griff bekommen. Im vergangenen Jahr erreichte das Haushaltsdefizit fast das Doppelte des EU-Limits von drei Prozent der Wirtschaftsleistung.

Um sich des Rückhalts für seine Sparpläne zu versichern, stellte Bayrou im Parlament die Vertrauensfrage - und scheiterte. Daraufhin musste die französische Regierung geschlossen zurücktreten. Inzwischen gibt es einen Nachfolger auf dem Posten des Premiers: Sébastien Lecornu, zuvor Verteidigungsminister. Er ist der mittlerweile fünfte Regierungschef innerhalb von nicht ganz zwei Jahren.

Findet neuer Premier Kompromiss beim Sparkurs?

Doch mit dem Wechsel des Premiers sind die Sparpläne noch nicht vom Tisch. Zwar sicherte Lecornu zu, keine zwei Feiertage zu streichen, wie es Bayrou vorgesehen hatte. Doch es bleiben weitere Punkte des umstrittenen Sparkurses, die in der französischen Bevölkerung auf Widerstand stoßen. Ein höheres Rentenalter etwa oder Kürzungen bei Sozialleistungen.

Nun liegt es an Lecornu, einen Kompromiss in Sachen Haushalt zu finden. Am Mittwoch kam er mit Vertretern der linksgrünen und der rechtspopulistischen Opposition zusammen. Doch noch steht eine politische Einigung offenbar in weiter Ferne.

"Bloquons tout"-Proteste vor rund einer Woche

Es sind nicht die ersten massiven Proteste gegen die Sparpläne. Die Gewerkschaften streiken eine gute Woche nach dem ersten Protesttag der neuen Bewegung "Bloquons tout". Der Aufruf unter dem Motto "Lasst uns alles blockieren" hatte sich vor allem im Netz verbreitet. Wer dahinter steht, ist nicht klar.

Bei den Protesten am 10. September kam es teils zu Zusammenstößen mit der Polizei. Landesweit gab es rund 200 Festnahmen.

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