- Der Caritas-Verband machte einen Gegenvorschlag zur Aktivrente: Selbstständige sollen in die Rentenversicherung mit einbezogen werden.
- Gewerkschaften und Arbeitgeber kritisieren die Aktivrente, weil sie längeres Arbeiten fördert, aber zugleich eine Frührente belohnen soll.
- Der DGB fordert stattdessen bessere Arbeitsbedingungen, altersgerechte Jobs und Auswege aus Teilzeit.
- Initiator Carsten Linnemann (CDU) begründet seinen Vorschlag mit dem Fachkräftemangel.
Der Caritas-Verband sieht die geplante Aktivrente kritisch. Nach Plänen der Bundesregierung sollen Ältere neben der vollen Rente 2.000 Euro steuerfrei hinzuverdienen dürfen. Die Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa sprach im Onlineportal "t-online" von einem teuren Steuergeschenk zulasten der jüngeren Generation. Die Aktivrente führe "im Generationenverhältnis zu schwer erklärbaren Ungerechtigkeiten".
Längst überfällig sei vielmehr, die Selbstständigen in die Rentenversicherung miteinzubeziehen, sagte Welskop-Deffaa weiter. Das würde wirklich zur Stabilisierung der Rentenkassen beitragen und andererseits das Risiko von Altersarmut für jene Arbeitsgruppe senken. Weiterhin regt die Caritas-Chefin an, die Rentenformel anzupassen und gerechter zu machen. Das Geld der Rentenkassen müsse solidarisch umverteilt werden. Man müsse unterscheiden zwischen Menschen, die "jahrelang aus kleinen Einkommen und denen, die aus hohen Einkommen Beiträge gezahlt haben".
Aktivrente nicht für Selbstständige
Die Regelung soll nach Angaben aus Koalitionskreisen zunächst nur für Arbeitnehmer, nicht für Selbstständige gelten. Zudem sollen Beschäftigte das Angebot erst ab dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters nutzen können – und nicht bei einem vorgezogenen Ruhestand. Dies soll einen Missbrauch der Regeln und Steuermindereinnahmen verhindern. Es werde damit gerechnet, dass jährlich rund 25.000 Fachkräfte das Angebot nutzen.
Arbeitgeberverband: Anreiz, länger zu arbeiten ist wenig attraktiv
Die Pläne der Bundesregierung für eine Aktivrente sind bei Gewerkschaftern und Arbeitgebern schon im Vorfeld auf massive Vorbehalte gestoßen: "Die Politik drückt auf Gas und Bremse zugleich", sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, Steffen Kampeter, dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND)".
Die Aktivrente solle längeres Arbeiten fördern, gleichzeitig belohne die abschlagsfreie Frühverrentung aber den vorzeitigen Ausstieg, so Kampeter. Die Anreizwirkung sei wenig attraktiv und zudem teuer für Beitrags- und Steuerzahler.
Steuerausfälle in Milliardenhöhe befürchtet
Auch Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und gleichzeitig Vorsitzende des Bundesvorstandes der Deutschen Rentenversicherung Bund, sagte dem "RND": "Die Regelung kostet Milliarden, löst aber keins der vorhandenen Probleme". Dass Menschen nach dem Renteneintritt nicht weiterarbeiten würden, liege an ihrer Gesundheit, den Arbeitsbedingungen oder schlicht daran, dass der Arbeitgeber sie nicht mehr wolle.
Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft würde eine solche Regelung Steuerausfälle in Milliardenhöhe verursachen. Laut einem Kurzbericht des arbeitgebernahen Instituts würde es bei den rund 600.000 Menschen, die Ende 2023 im Rentenalter beruflich tätig waren, "Mitnahmeeffekte" von 2,8 Milliarden Euro geben.
DGB: Stattdessen bessere Arbeitsbedingungen für gesundes Arbeiten bis 65
Statt pauschaler Steuervorteile für einige wenige, würden gezielte Maßnahmen besser helfen, sagt Piel. Sie fordert deshalb: "Bessere Arbeitsbedingungen, damit Menschen gesund bis 65 arbeiten können, altersgerechte Arbeitsplätze und Wege für Frauen aus unfreiwilliger Teilzeit. Das wären die richtigen Antworten auf den demografischen Wandel".
CDU verteidigt Vorschlag
Die schwarz-rote Koalition hatte sich nach Angaben von Bundeskanzler Friedrich Merz auf die Einführung der sogenannten Aktivrente geeinigt. Mit einem Freibetrag von 2.000 Euro monatlich solle ein Anreiz geschaffen werden, damit Arbeitnehmer über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus arbeiten, sagte der CDU-Vorsitzende am vergangenen Dienstag auf dem Maschinenbaugipfel des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in Berlin.
"Wir haben uns vor wenigen Stunden darauf verständigt, die sogenannte Aktivrente zum 1. Januar 2026 einzuführen", fügte er hinzu. Ein Sprecher des federführenden Bundesfinanzministeriums sagte, dass das Ministerium in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen wolle.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der das Konzept ursprünglich vorgeschlagen hatte, begrüßte die Einigung. "Mit der Aktivrente wollen wir einen Beitrag gegen den Fachkräftemangel leisten", sagte er. Arbeiten im Alter solle attraktiver werden. Die Aktivrente setze zudem "wichtige Anreize, dass Menschen, die das gesetzliche Renteneintrittsalter erreicht haben, ihren Erfahrungsschatz, ihr Wissen und ihre Leistungsbereitschaft weiter einsetzen", sagte er der "Rheinischen Post". Zugleich sei das Model ein wichtiger Baustein, um Leistung stärker zu honorieren.
dpa, Reuters/AFP (jst,smk)
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