Die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles (SPD), schlägt einem Zeitungsbericht zufolge vor, Sozialleistungen für erwerbstätige Geringverdiener in der Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit zusammenzuführen. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagte die ehemalige SPD-Vorsitzende und frühere Bundesarbeitsministerin: „Es wäre ein großer Fortschritt, das Wohngeld und den Kinderzuschlag in einer Leistung zusammenzufassen und dann aus einer Hand anzubieten“.

Sie fügte hinzu: „Das können wir mit absolut vertretbarem Mehraufwand in der Verwaltung der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit realisieren.“ Die Bundesagentur und ihre Familienkasse könnten das Konzept „binnen eines Jahres umsetzen“, versprach Nahles.

Das Konzept hat sie dem Bericht zufolge schon der Sozialstaatskommission der Bundesregierung unterbreitet. Die Kommission soll bis Jahresende Vorschläge für eine Reform des Sozialstaats erarbeiten. Nahles erläuterte, ihr Vorschlag betreffe einen „Knackpunkt“ dieser Reform. Denn es gehe dabei um Fragen überlasteter Verwaltungsstrukturen, Fortschritten bei der Digitalisierung und der Lösung von Strukturproblemen.

Auf Widerstände könnte Nahles’ Vorschlag der Zeitung zufolge auf kommunaler Ebene stoßen. Denn bisher verwalteten die Kommunen das Wohngeld, diese Zuständigkeit müssten sie dann abgeben. Die Vorstandsvorsitzende der Arbeitsagentur zeigte sich jedoch zuversichtlich, für ihr Vorhaben trotz möglicher Diskussionen Unterstützung zu erhalten. „Wir entlasten die Wohngeldstellen ja“, betonte Nahles. Außerdem klagen die Kommunen nach ihren Worten „nicht zu Unrecht“ über eine finanzielle und personelle Überlastung im Sozialbereich. Es gehe um „ehrliche Aufgabenkritik im Zeitalter von Digitalisierung und Staatsmodernisierung“, so Nahles.

Zur aktuellen Debatte über das Bürgergeld sagte Nahles: „Ich finde es richtig, Sanktionen wieder zu schärfen. Die Beschäftigten der Jobcenter sollten wieder mehr Möglichkeiten an der Hand haben, um Mitwirkungspflichten durchzusetzen.“ Gleichzeitig wandte Nahles ein: „Selbstverständlich denkt kein Kollege, keine Kollegin als Erstes an Sanktionen, wenn jemand ins Jobcenter kommt. Die allermeisten Menschen im Bürgergeld sind ja kooperationsbereit“. Aber es gebe auch andere, die den Sozialstaat „sozusagen auf die Probe stellen, und hier muss man klare Grenzen aufzeigen können“.

Zudem plädierte sie für ein realistisches Bild, mit welchen Menschen man es zu tun habe: „Zu dieser Realität gehört, dass auf eine offene Helferstelle rechnerisch 13 Arbeitsuchende ohne Berufsabschluss kommen. Und im Bürgergeld haben 60 Prozent keine Berufsausbildung“, so Nahles. Die Situation am Arbeitsmarkt sei zudem extrem angespannt: „Die Chancen für Arbeitslose, wieder in Arbeit einzusteigen, sind heute auch aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage statistisch gesehen so schlecht wie kaum jemals zuvor“, sagte Nahlees weiter. „Von 100 Arbeitslosen konnten in den letzten 12 Monaten nur 5,4 eine Arbeit aufnehmen. Das ist sogar schlechter als in der Corona-Pandemie. Der Arbeitsmarkt ist zurzeit wie eingefroren.“

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