Im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die Nord-Stream-Gaspipelines ist ein weiterer von den deutschen Behörden gesuchter Ukrainer in Polen festgenommen worden. Dies bestätigte der Anwalt des Mannes gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag.
Dem polnischen Radiosender RMF FM zufolge handelt es sich bei dem Verdächtigen um Wolodymyr S. Nach ihm sei aufgrund eines europäischen Haftbefehls gefahndet worden, der von einem deutschen Gericht ausgestellt worden sei. Eine Stellungnahme der polnischen oder deutschen Behörden lag vorerst nicht vor.
Im August war bereits ein Ukrainer auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls in Italien festgenommen worden, der verdächtigt wird, die Anschläge auf die Ostsee-Pipelines im Jahr 2022 koordiniert zu haben. Mitte September ordnete ein italienisches Gericht seine Auslieferung nach Deutschland an. Durch Nord Stream wurde russisches Gas nach Deutschland gepumpt.
Die Ermittler fahnden nach einer Gruppe von Personen, die in die Platzierung von Sprengsätzen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 im September 2022 nahe der dänischen Insel Bornholm verwickelt gewesen sein sollen. Die Täter sollen dafür früheren Angaben der Bundesanwaltschaft zufolge eine in Rostock gestartete Segeljacht genutzt haben, die über Mittelsmänner mit gefälschten Ausweisen bei einem deutschen Unternehmen gechartert worden sei. Die Sprengsätze waren am 26. September 2022 detoniert. Mehrere Leitungen wurden dabei zerstört.
Verdächtiger floh in die Ukraine
Im Sommer vergangenen Jahres war es wegen Wolodymyr S. zu schweren Verstimmungen zwischen Deutschland und Polen gekommen. Bundespolizei und Bundeskriminalamt ermitteln im Auftrag des Generalbundesanwalts, wer für den Anschlag verantwortlich ist. Sie hatten belastendes Material über den ukrainischen Tauchlehrer aus Kiew zusammengestellt, das zur Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls führte. Die deutschen Strafverfolger waren davon überzeugt, dass ihre polnischen Kollegen zugreifen würden, weil sich Wolodymyr S. nahe Warschau aufhielt. Doch er floh in die Ukraine, laut Medienberichten sogar in einem Auto eines ukrainischen Offiziellen.
Ein mit den Ermittlungen vertrauter Beamter hatte damals gegenüber WELT den Vorwurf erhoben, dass Polen die Aufklärung sabotiere. Von „Strafverfolgungsvereitelung“ war die Rede. „Offensichtlich hat ihn die polnische Regierung laufen lassen, um die eigene Beteiligung bei dem Anschlag auf die Pipelines zu vertuschen“, hatte der frühere BND-Präsident August Hanning gesagt. Der Chef des polnischen Büros für Nationale Sicherheit, Jacek Siewiera, gleichzeitig Sicherheitsberater des Präsidenten, hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. „Die Behauptung, die Ukraine habe diese Aktion mit polnischem Wissen durchgeführt, entbehrt jeder Grundlage.“
Eine Sprecherin des polnischen Grenzschutzes hatte zudem erklärt, ihre Behörde habe weder die Informationen noch die Grundlage gehabt, Wolodymyr S. festzunehmen, da er nicht im Schengen-Register als Gesuchter eingetragen gewesen sei.
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