Es ist wohl gerade noch einmal gut gegangen: Am Mittwoch lässt die Generalbundesanwaltschaft drei mutmaßliche Terroristen festnehmen. Sie sollen versucht haben, Schusswaffen und Munition für die palästinensische Hamas zu beschaffen. Diese sollten bei Mordanschlägen auf israelische und jüdische Einrichtungen in Deutschland zum Einsatz kommen. Laut Bundesanwaltschaft wurden diverse Waffen, darunter ein Sturmgewehr AK 47 sowie mehrere Pistolen, und Munition in erheblichem Umfang aufgefunden.

Am Donnerstag werden die Tatverdächtigen mit dem Hubschrauber nach Karlsruhe geflogen und einem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Der Vorwurf: Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Weil mindestens zwei der drei Männer bereits eingebürgert wurden, werden nun Rufe laut, das Staatsangehörigkeitsrecht zu verschärfen.

Schon heute können Doppelstaatler – also jene Mehrheit der Eingebürgerten, die ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit behalten – ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn diese sich an terroristischen Aktivitäten beteiligen. Aber bisher nur, wenn sie diese im Ausland begehen.

CDU-Innenpolitiker Alexander Throm will diese Einschränkung beseitigen. „Es gibt keinen Grund, dies nicht auch auf Terrorhandlungen, die im deutschen Inland begangen werden, anzuwenden“, sagte er dem „Handelsblatt“. Die „Gefährdung für die Bevölkerung“ sei doch bei im Inland befindlichen Tätern sogar „viel größer“, insofern hätte man diese Möglichkeit eigentlich schon längst schaffen sollen, sagte er WELT TV. Wer „Vorbereitungshandlungen“ für eine Terrortat durch eine ausländische Terrororganisation hierzulande treffe, solle den Pass verlieren, so der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.

Beim Koalitionspartner SPD trifft der CDU-Vorstoß auf Ablehnung. Die Bundestagsfraktion antwortet auf eine entsprechende WELT-Anfrage mit einer Stellungnahme der stellvertretenden Vorsitzenden Sonja Eichwede: „Forderungen zum Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft trete ich deutlich entgegen. Staatsangehörigkeitsrecht ist kein Nebenstrafrecht.“ Der Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit sei „zu Recht als Lehre aus den Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus nach Artikel 16 des Grundgesetzes grundsätzlich verboten“. Der Entzug dürfe nur unter allerengsten Voraussetzungen erfolgen.

Eichwede lobt den „Ermittlungserfolg“ in Berlin. „Durch das Eingreifen unserer Sicherheitsbehörden konnten schwerste Anschläge verhindert werden.“ Nun gelte es, „strafrechtlich mit der vollen Härte des Gesetzes“ gegen die mutmaßlichen Täter vorzugehen.

Etwas weniger bürokratisch: Seit 2019 gilt ein verschärftes Gesetz: Wer neben der deutschen noch eine zweite Staatsangehörigkeit hat und sich im Ausland an Terror beteiligt, kann seinen deutschen Pass verlieren. Grund für die Gesetzesverschärfung waren ausgereiste Mitglieder des „Islamischen Staates“. Eine Einbürgerung kann auch zurückgenommen werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass sie nur durch Täuschung oder Bestechung zustande kam oder wenn gefälschte Sprachzertifikate vorgelegt werden. Allerdings kann dies recht selten nachgewiesen werden. Nur wenige hundert der inzwischen jährlich Hunderttausenden Einbürgerungen werden zurückgenommen, wie WELT kürzlich berichtet hatte.

Zustimmung erhält der CDU-Vorstoß aus der AfD. Deren innenpolitischer Sprecher Gottfried Curio sagt WELT: „Dass Terrorunterstützern, die schon die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben, diese wieder aberkannt wird, sollte eine Selbstverständlichkeit sein.“ Darüber hinaus solle wegen der Berichte über Einbürgerungen, die mit falschen Sprachnachweisen erlangt wurden, „eine umfassende Überprüfung“ stattfinden. Bis das „System der Prüfung von Sprachzertifikaten fälschungssicher ausgelegt ist, braucht es ein Moratorium bei den Einbürgerungen.“

Die Grünen kritisieren die CDU-Idee scharf: „Nach jedem Anschlag kommt die Union mit den alten, völlig unausgegorenen Vorschlägen aus der Mottenkiste konservativer Sicherheitspolitik. Dem Vorschlag begegnen weiterhin große rechtliche Bedenken. Um sie weiß auch die Union allzu gut, genauso um notwendige Zwei-Drittel-Mehrheiten, mit denen der Vorschlag umgesetzt werden müsste“, sagt Fraktionsvize Konstantin von Notz. „Mit wem die Union diese Mehrheit erreichen will, bleibt schleierhaft. Dennoch erhebt man die immer selben Forderungen nach praktisch jeder schrecklichen Tat – ohne die genauen Hintergründe und die weitere Aufklärung durch die zuständigen Sicherheitsbehörden abzuwarten.“

Auch die Linkspartei lehnt den Passentzug ab. „Herr Throm sollte sich fragen, ob er seriöse Politik machen möchte oder ob er einfach der AfD nachplappert, die selbst eine Gefahr für die Sicherheit des Landes ist“, sagt Rechtspolitikerin Clara Bünger. Wenn Menschen in Deutschland Straftaten vorbereiteten oder begingen, sei es die Aufgabe der Strafjustiz, diese zu verfolgen. Es helfe überhaupt nicht, ständig nach Ausbürgerungen oder Verschärfungen des Aufenthaltsrechts zu rufen. „Das schafft keine Sicherheit, sondern verschärft rassistische Ressentiments und greift tief in die Rechte der Betroffenen ein“, so Bünger. „Kriminalität kommt nicht von außen, sondern ist ein Produkt der Gesellschaft, in der sie stattfindet.“ Deshalb müsse sie auch hier bearbeitet werden.

Politikredakteur Marcel Leubecher schreibt seit vielen Jahren über die Themen Migration- und Asylpolitik sowie Integration von Zuwanderern.

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