Der Präsident soll vor der Knesset, dem israelischen Parlament, sprechen und anschließend nach Scharm el-Scheich zu einem Friedensgipfel weiterfliegen. Am Tag der Ankunft Trumps im Land gibt es noch viele Unklarheiten. Ein Überblick.

Präsident Donald Trump ist auf dem Weg nach Israel. Dort wird er voraussichtlich als Held empfangen, weil er ein Abkommen zur Freilassung israelischer Geiseln vermittelt hat, die seit mehr als zwei Jahren im Gazastreifen festgehalten werden.

„Das wird eine ganz besondere Zeit“, sagte Trump am Sonntag vor dem Einstieg in die Air Force One und merkte an, dass sowohl Israelis als auch Palästinenser den Erfolg feierten. „Normalerweise, wenn die einen jubeln, tun es die anderen nicht.“

Das Abkommen, das am Freitag in Kraft trat, sieht vor, dass alle Geiseln im Gazastreifen freikommen und israelische Truppen mit einem Rückzug aus Gaza beginnen. Außerdem werden rund 2000 in Israel festgehaltene Palästinenser freigelassen.

Der Präsident soll vor der Knesset, dem israelischen Parlament, sprechen und anschließend nach Scharm el-Scheich zu einem Friedensgipfel weiterfliegen. Die Regierung hofft, dass die Geiselfreilassung und die Waffenruhe – die erste Phase von Trumps 20-Punkte-Plan – der Beginn eines dauerhafteren Friedens ist.

„Der Krieg ist vorbei“, sagte Trump an Bord der Air Force One und prognostizierte, der Wiederaufbau des Gazastreifens werde nahezu sofort beginnen. „Die Waffenruhe wird halten.“

Trump deutete sogar an, er könne eines Tages Gaza besuchen.

Doch auch wenn das Weiße Haus öffentlich überschwänglich auftritt, bleiben führende Regierungsvertreter verhalten optimistisch und betonen, dass jede Waffenruhe äußerst fragil sei.

„Alle sind äußerst zuversichtlich, dass wir das durchziehen werden“, sagte ein Regierungsbeamter des Weißen Hauses, dem Anonymität gewährt wurde, um interne Überlegungen der US-Regierung zu erörtern. „Aber ‚verhalten optimistisch‘ beschreibt klugerweise, wie sich alle fühlen, bis wir die Geiseln tatsächlich freigelassen sehen. Sobald das geschieht, wie Steve [Witkoff] und Jared [Kushner] bereits gesagt haben, schafft das viel Schwung und Vertrauen unter allen Parteien, um mit der nächsten Phase des Abkommens voranzukommen.“

Hier sind vier Dinge, auf die es bei Trumps Reise zu achten gilt:

Der Gefangenenaustausch

Vermutet wird, dass noch 20 israelische Geiseln am Leben sind, doch ihr Zustand ist unbekannt und könnte – insbesondere bei Israels äußerster Rechten – Empörung auslösen. Im Februar drohte Premierminister Benjamin Netanjahu der Hamas mit Auslöschung, nachdem drei ausgemergelte Geiseln freigelassen worden waren.

Die Regierung Trump hat die am Wochenende in Tel Aviv zu beobachtende Dankbarkeit gegenüber Trump verstärkt – doch wenn diese Jubelstimmung nun durch Trauer und Wut gedämpft wird, könnte das die Reise überschatten.

Israel rechnet damit, dass die ersten Geiseln gegen acht Uhr Ortszeit freikommen. Geplant ist, dass die Hamas sie dem Roten Kreuz übergibt, das sie nach Israel bringt und an das israelische Militär überstellt.

Unterdessen rechnet die Hamas damit, dass Israel etwa 250 palästinensische Gefangene, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, sowie weitere 1.700 Einwohner Gazas freilässt, die seit Beginn des Krieges 2023 inhaftiert sind.

Druck auf die Parteien

Trump sagt seit Monaten, ein zentrales Ziel sei es, die Geiseln nach Hause zu bringen. Das ist jedoch nur ein Teil seines weitaus größeren Vorhabens. Es bleibt abzuwarten, wie viel Druck der Präsident in den kommenden Tagen und Monaten auf Israel und die Hamas ausüben wird, um den Rest dieses 20-Punkte-Plans umzusetzen.

Es stehen zentrale Fragen im Raum – ob die Hamas entwaffnet wird, wer in Gaza regiert –, die beantwortet werden müssen. Die Hamas hat erklärt, sie werde die Kontrolle über Gaza an ein unabhängiges palästinensisches technokratisches Komitee abgeben, doch wie das konkret aussehen soll, ist unklar. Und ob Israel das unterstützen würde, ist ebenfalls offen.

Trump sagte, die Hamas habe die Genehmigung, für eine „gewisse Zeit“ bewaffnet zu bleiben, und er wies die Vorstellung nicht zurück, sie könne Teil einer künftigen palästinensischen Polizeitruppe sein.

„Sie wollen die Probleme beenden“, sagte Trump.

In seinen öffentlichen Äußerungen könnte Trump die Welt daran erinnern, dass noch viel zu tun ist, damit der Frieden Bestand hat – oder er konzentriert sich auf das, was bereits erreicht wurde.

Hilfen für Gaza

Hilfsorganisationen warten auf grünes Licht, um Gaza mit Unterstützung zu versorgen. Am Sonntagmorgen überquerten Lastwagen mit humanitären Gütern die Grenze zum Gazastreifen, nachdem die Vereinten Nationen mitgeteilt hatten, Israel habe die Hilfslieferungen in das Gebiet wieder zugelassen – vorausgesetzt, die Waffenruhe hält.

Deutschland gehört zu den Ländern, die Israel leise drängen, mehr humanitäre Hilfe nach Gaza zu lassen. Berlin fordert, zusätzliche Hilfstrucks zuzulassen und das Registrierungsverfahren für Nichtregierungsorganisationen, die in Gaza tätig sind, zu vereinfachen. Außerdem drängt Deutschland auf einen zügigen Wiederaufbau des Gazastreifens.

US-Truppen

Die Regierung Trump entsendet rund 200 Soldaten, um die Friedensbemühungen in Gaza zu unterstützen und die Waffenruhe zu überwachen. Trump hat öffentlich weder genau erläutert, welche Rolle sie spielen, noch wie lange sie in Israel bleiben könnten. Klar ist, dass es keine Bodentruppen in Gaza geben soll.

„Sie werden die Bedingungen der Waffenruhe überwachen“, sagte Vizepräsident JD Vance am Sonntag. „Das reicht von der Sicherstellung, dass die israelischen Truppen auf der vereinbarten Linie stehen, über die Gewähr, dass die Hamas keine unschuldigen Israelis angreift, bis hin zu allem, was sie tun können, um sicherzustellen, dass der Frieden, den wir geschaffen haben, tatsächlich Bestand hat. Aber die Vorstellung, dass wir Truppen am Boden in Gaza, in Israel haben – das ist nicht unsere Absicht.“

An dieser Recherche haben Dasha Burns, Lennart Pfahler, Tim Röhn und Megan Messerly mitgewirkt.

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