Die Einigung von Union und SPD auf ein neues Wehrdienst-Modell ist offenbar geplatzt. Eine gemeinsame Pressekonferenz wurde am Abend kurzfristig abgesagt. Zuvor hatten Vertreter beider Fraktionen erklärt, dass man sich im Grundsatz auf ein Wehrdienstmodell verständigt habe. Zu den Plänen gehörte auch ein Losverfahren bei der Rekrutierung. Ob das Gesetz wie geplant am Donnerstag in den Bundestag eingebracht wird, ist nach Angaben beider Seiten nun wieder völlig offen.

Die Pressekonferenz von Union und SPD wurde kurzfristig wieder abgesagt.Bildrechte: picture alliance/dpa | Niklas Graeber

Der kurzfristigen Absage gingen heftige Diskussionen in der SPD-Fraktion voraus. Nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur hieß es aus Teilnehmerkreisen, dass es keine Zustimmung zu den Eckpunkten gegeben habe, auf die sich zuvor Unterhändler beider Seiten geeinigt hatten.

Die vier Fachpolitiker hatten Ergänzungen zu dem von Verteidigungsminister Boris Pistorius vorgelegten Gesetz ausgehandelt – dazu zählte auch das Losverfahren.

Auslosung unter Fragebogen-Ausfüllern

Die CSU hatte zuvor rechtliche Bedenken gegen ein Losverfahren für den Wehrdienst zurückgewiesen. Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sagte am Mittag, die Union habe ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Demnach wäre eine solche Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar. Unionsfraktionschef Jens Spahn nannte ein Losverfahren naheliegend. "Ich habe jedenfalls noch keinen faireren Vorschlag gehört."

Über die grundsätzlichen Pläne hatte am Sonntag zuerst das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet. Demnach soll aus allen jungen Männern, die einen verpflichtenden Fragebogen ausgefüllt haben, ein Teil ausgelost werden, der anschließend gemustert und zu einem Gespräch gebeten werden soll.

Für den Fall, dass es nicht genügend Freiwillige gibt, sollten die Ausgelosten anschließend auch zu einem mindestens sechsmonatigen Wehrdienst verpflichtet werden, berichtete das RND unter Berufung auf beide Fraktionen. Weiter hieß es, Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) müsse nun noch Zahlen nennen, ab welchem Zeitpunkt er wie viele Wehrpflichtige benötige.

Musterungen sollen sich in Grenzen halten

Dass schon über die Musterungen per Los entschieden werden solle, hätte dem RND-Bericht zufolge aus Sicht der Koalitionsfraktionen den Vorteil, dass sich die Zahl der Musterungen in Grenzen hielte. Dadurch wäre der Aufwand geringer. Überdies hoffe die Koalition so, möglicher Kritik an fehlender Wehrgerechtigkeit begegnen zu können.

Der gefundene Kompromiss orientiert sich den Angaben zufolge unter anderem an Dänemark, wo es so ein Losverfahren bereits gibt. Dort gelte die Wehrpflicht für alle, aber nur ein Fünftel werde eingezogen.

AFP, dpa (dni, fef)

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung haben wir fälschlicherweise von Plänen für eine neue Wehrpflicht geschrieben. Die Wehrpflicht ist derzeit nur ausgesetzt, gilt aber nach wie vor. Konkret handelt es sich um neue Pläne, wie künftig Soldatinnen und Soldaten für den Wehrdienst rekrutiert werden sollen.

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