Aktivistin Luisa Neubauer hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in der „Stadtbild“-Debatte einen falschen Fokus vorgeworfen. Das Problem sei nicht die Migration, sagte Neubauer der „Freien Presse“. „Das Problem heißt Männer. Es ist wichtig, dass wir diese Debatte führen.“ Es mache müde, von einem Kanzler regiert zu werden, „der regelmäßig im Vorbeigehen ganze Bevölkerungsgruppen vor den Kopf stößt“.
Neubauer betonte: „Frauen in Deutschland sind nicht sicher, das ist klar. Der gemeinsame Nenner lautet da aber nicht ‚Stadtbild‘, sondern schlicht ‚Männer‘. Nichts von dem, was wir in der letzten Woche vom Kanzler gehört haben, erweckt den seriösen Eindruck, es ginge ihm wirklich um die Sicherheit von uns Frauen.“
Die Aktivistin kritisiert außerdem die Klimapolitik der Bundesregierung. Der Kurs der Union sei „eine grundsätzliche Absage an eine intakte Umwelt“, sagte Neubauer. „Ich würde tausendmal lieber gemeinsam mit Friedrich Merz nach Lösungen für die Klimakrise suchen, statt gegen ihn auf die Straße zu gehen. Aber mit Blick auf die Lage bleibt gerade nur letzteres übrig.“
Merz wird nach Brief gefragt – und winkt ab
Neubauer ist eine von 60 Frauen aus Kultur, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft, die am Dienstag einen offenen Brief an Kanzler Merz veröffentlicht hatten. Darin heißt es unter anderem: „Wir möchten gerne über Sicherheit für Töchter, also Frauen sprechen. Wir möchten es allerdings ernsthaft tun, und nicht als billige Ausrede dienen, wenn rassistische Narrative rechtfertigt werden sollen.“ Die Autorinnen des Briefs stellen zehn Forderungen auf, darunter die konsequentere Strafverfolgung von sexualisierter Gewalt, die Aufnahme der Tötung von Frauen wegen ihres Geschlechts als eigenen Tatbestand ins Strafgesetzbuch und die Reform des Abtreibungsparagrafen 218.
Auf die Frage einer Journalistin, ob er auf die Forderungen eingehen werde und wo er Handlungsbedarf sehe, wollte Merz auf einer Pressekonferenz am Dienstag bei einem Besuch der Handwerkskammer in Dresden nicht antworten. Er sei bei der Handwerkskammer, um sich „mit den Themen, die die Menschen wirklich in der Breite und Tiefe beschäftigen, zu befassen“, sagte er. Der CDU-Vorsitzende nannte die Berufsausbildung und die Frage, wie junge Menschen – „auch junge Frauen“ – für Handwerksberufe gewonnen werden könnten. „Das ist hier das Hauptthema meines heutigen Besuches.“
Merz hatte die Debatte vor zwei Wochen mit einer Äußerung zur Migrationspolitik der Bundesregierung ausgelöst: „Wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“
Eine Woche später wurde er konkreter: Probleme machten diejenigen Migranten, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, die nicht arbeiteten und die sich auch nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten, sagte er. Zwischenzeitlich hatte er auf die Frage, was er mit seiner Äußerung zu Problemen im Stadtbild denn gemeint habe, geantwortet: „Fragen Sie mal Ihre Töchter.“ Die Aussagen lösten Demonstrationen aus, erhielten in Umfragen aber Zustimmung.
CDU-Politikerin kritisiert Briefschreiberinnen: „Wo bleibt da der Aufschrei?“
Kritik an dem offenen Brief kam von CDU-Politikerin Gitta Connemann. Im Gespräch mit WELT TV sagte sie: „Es gibt eindeutig diese No-Go-Areas für Frauen in Deutschland.“ Probleme im Zusammenhang mit Migration aber würden geleugnet. Beim Brief der 60 Frauen werde „das Thema der illegalen Migration vollkommen ausgespart“.
Die Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung kritisierte weiter: „Wir lösen Probleme nicht, indem wir sie negieren oder indem wir sie totschweigen, sondern wir müssen darüber sprechen und damit den Menschen auch das Gefühl geben, ernst genommen zu werden.“
Und weiter: „Ich vermisse übrigens den Aufschrei auch der Briefeschreiberinnen, wenn es darum geht, dass Frauenrechte in islamistischen Staaten tatsächlich ausgehöhlt werden. Wo bleibt da der Aufschrei?“
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