Die Debatte um die Brandmauer zur AfD gewinnt weiter an Fahrt. In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ forderte der ehemalige CDU-Generalsekretär Peter Tauber erneut einen anderen Umgang seiner Partei mit der AfD und ihren Wählern.

„Wenn diese Brandmauer nur dazu führt, dass die AfD von Umfragesieg zu Umfragesieg eilt, dann muss ich mich fragen: Was muss daraus werden, dass daraus keine Wahlsiege werden“, sagte Tauber in der Sendung. „Wenn wir nicht wollen, dass die AfD an politischer Macht gewinnt, dann müssen wir etwas im Umgang ändern.“

„Man muss auch kritisch fragen: Ist die Brandmauer ein Bestandteil der Radikalisierung?“, sagte Tauber mit Blick auf die immer weitere Rechtsverschiebung der AfD seit Parteigründung. „Dann hätte sie einen verheerenden Effekt. Dann ist sie nämlich ein Brandbeschleuniger“, so der CDU-Politiker. „Ich würde sagen, das ist nicht abwegig.“

Ähnlich hatte sich Tauber bereits Mitte Oktober im „Stern“ geäußert. Man dürfe „nicht jedes Thema in Abhängigkeit von der AfD debattieren“, sagte der 51-Jährige. Tauber und der Historiker Andreas Rödder, ehemaliger Vorsitzender der CDU-Grundwertekommission, empfehlen der Union, mit einer „Politik der roten Linien“ unter Umständen auf die AfD zuzugehen.

Gefragt nach den Reaktionen, sagte Tauber beim „Markus Lanz“: Ganz viele Menschen sagen, Du hast etwas Offensichtliches angesprochen. Danke.“ Diese Rückmeldung habe er innerhalb der Union aber auch darüber hinaus erhalten, etwa von Unternehmern, auch wenn Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) Taubers Meinungsäußerung öffentlich als „völlig irrelevant“ abgekanzelt hatte.

Tauber fürchtet: Union wird zwischen AfD und links-grünem Lager zerrieben

„Die AfD hat längst politische Macht“, sagte Tauber nun bei „Markus Lanz“. „Wir haben zwei Diskurse in unserem Land. Wir haben einen Angstdiskurs der AfD, dass Deutschland den Bach runtergeht. Und wir haben einen zweiten Angstdiskurs – die Angst vor der AfD.“ Die Brandmauer führe dazu, dass es keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD gebe.

Tauber beobachtet, dass es für die Union im Parteienspektrum zunehmend eng wird. Die AfD drücke von rechts und greife Wähler in der Mitte ab. Diese hätten kein geschlossen rechtsextremes Weltbild, fühlten sich aber im Diskurs nicht abgeholt, sagte Tauber. „Von der anderen Seite wird die Union auch zerrieben, weil rot und grün jede andere Form des Diskurses sofort unterbinden.“

Er mahnte an, Debatten so zu führen, dass Positionen nicht sofort ausgegrenzt, sondern ausgehalten werden. „Wir müssen anders in den Streit gehen, in den Diskurs. Auch eine andere Vielfalt an Positionen aushalten im demokratischen Streit“, sagte Tauber. „Wenn wir das nicht tun, dann wird die Union zerrieben. Dann gibt es sie in zehn Jahren perspektivisch nicht mehr. Rot und Grün werden die AfD nicht aufhalten. Das geht nur mit einer starken CDU.“

Die CDU hatte auf einer zweitägigen Präsidiumssitzung am Sonntag vor einer Woche über den Umgang mit der AfD beraten. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bekräftigte, dass seine Partei nicht mit der AfD zusammenarbeiten werde. Die AfD wolle die CDU zerstören und grundsätzlich ein „anderes Land“, sagte Merz. „Wir werden uns hier sehr klar und deutlich abgrenzen.“

Neue CDU-Gruppe „Compass Mitte“ fordert AfD-Verbotsverfahren

Für den Anti-AfD-Kurs wirbt derweil parteiintern eine neue Gruppe, die sich „Compass Mitte“ nennt. In der Gründungserklärung, über die die „Zeit“ berichtet, treten die Unterzeichner für eine klarere Abgrenzung zur AfD ein. „Die CDU ist in dem Wissen gegründet worden, dass Faschismus immer nur mit Hilfe von Konservativen an die Macht gekommen ist“, heißt es. „Es darf deshalb keinerlei politische Zusammenarbeit der CDU mit der rechtsextremistischen AfD geben.“

Die Unterzeichner gehen in ihren Forderungen weiter als die Parteispitze. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der Union zur AfD müsse „für alle politischen Ebenen“ gelten. Merz hatte 2023 wie im Übrigen auch der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärt, dass Entscheidungen auch kommunaler Ebene durchaus auch mit Stimmen der AfD getroffen werden könnten.

Außerdem sprechen sich die Initiatoren für ein AfD-Verbotsverfahren aus: „Wir setzen uns dafür ein, dass Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat einen Antrag auf Prüfung der Verfassungswidrigkeit und gegebenenfalls Verbot der AfD durch das Bundesverfassungsgericht stellen.“

Hinter der Initiative „Compass Mitte“ stecken Vertreter liberaler und sozialer Parteiströmungen. Auf der Liste der gut 30 Erstunterzeichner, die der „Zeit“ vorliegt, finden sich vor allem Kommunalpolitiker und Vertreter des Arbeitnehmerflügels der CDU, wie dessen Vizechefin Monica Wüllner, aber auch der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter und der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz.

Die Unterzeichner bemängeln, dass sich unter Merz‘ Vorsitz das Spektrum der Partei verengt habe – und die Union deshalb an Zustimmung verliere. „Die 28,6 Prozent bei der letzten Bundestagswahl dürfen uns nicht zufriedenstellen. Es bedarf einer Kurskorrektur, damit die CDU mit 40 Prozent wieder die Ergebnisse einer Volkspartei erreicht. Deshalb muss der soziale und liberale Teil der Union sichtbarer werden, um mehr Menschen anzusprechen.“

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