- Die Jusos lehnen die geplanten schärferen Sanktionen beim Bürgergeld ab, weil sie dadurch das Existenzminimum von Leistungsempfängern gefährdet sehen.
- Auch wenn eine Reform des Bürgergeldes im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist, hält die Juso-Landeschefin in Sachsen-Anhalt, Denise Simon, Kritik an den Reformplänen für legitim.
- Simon betont, dass kritische Diskussionen die Partei stärken, weshalb eine parteiinterne Spaltung nicht zu befürchten sei.
Die Jusos – also der Nachwuchs der Sozialdemokraten – sind sauer auf die "große" SPD. Bundesvorstand Philipp Türmer gehört zu den Erstunterzeichnern einer Unterschriftensammlung, mit der sich Teile der SPD gegen die geplanten Reformen beim Bürgergeld stemmen. Sie sollen mit einem Mitgliederentscheid im besten Fall vom Tisch gewischt werden.
Jusos in Sachsen-Anhalt wollen glaubwürdige Sozialpolitik
Denise Simon, Landesvorsitzende der Jusos in Sachsen-Anhalt: "Für uns war von Anfang an klar, dass wir die Unterschriftensammlung unterstützen werden, weil sie genau für das steht, wofür auch die Jusos stehen." Das seien soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Menschenwürde. Man wolle eine SPD, die Bürgerinnen und Bürger unterstützt – und die das halte, was sie verspreche. "Und dass wir als Jusos dann auch wieder sagen können, wir sind stolz, ein Teil der SPD zu sein und nicht fünfmal darüber nachdenken müssen."
Verschärfte Sanktionen lehnen die Jusos ab, sagt Simon. Auch die für Bürgergeldempfänger, die Termine beim Jobcenter mehrfach versäumen. "In diesem Fall könnten diese verschärften Sanktionen bedeuten, dass sie das Existenzminimum gefährden. Das bedeutet, dass kein Geld für Miete und Essen da ist und widerspricht den Grundsätzen der Menschenwürde." Ihrer Meinung nach wäre es wichtig, einen anderen Weg zu finden, "weil solche Strafen eher zu Angst, Misstrauen und Ausgrenzung führen – und ganz bestimmt nicht dazu, dass die Menschen sich neue Jobs suchen".
Sachsen-Anhalts Juso-Chefin fordert mehr Solidarität
Die Reformen beim Bürgergeld stehen im Koalitionsvertrag. Dem hatte die Mehrheit der SPD-Mitglieder zugestimmt. Die Jusos in Sachsen-Anhalt halten es dennoch für richtig, gegen eine an sich beschlossene Sache Widerstand zu leisten. "Widerspruch heißt ja nicht Verrat. Viele unserer Mitglieder haben gedacht, dass in diesem Koalitionsvertrag andere Dinge versprochen werden, und unter anderen Erwartungen unterschrieben." Simon sagt, sie halte es durchaus für legitim, Kritik zu äußern, wenn die Politik mehr in Richtung Druck und Sanktionen gehe und weniger in Richtung Solidarität, "wo wir eigentlich hingehen sollten".
Bisher hat noch kein Bundestagsabgeordneter den Aufruf unterzeichnet. Der SPD-Abgeordnete für den Wahlkreis Magdeburg, Martin Kröber, will auch nicht unterschreiben, kann aber die Beweggründe für den Aufruf durchaus verstehen.
Weder Parteispaltung noch Koalitionsbruch zu befürchten
Eine Spaltung der SPD – oder gar einen Bruch der Koalition – sieht Kröber dagegen nicht. "Es gibt ein Mitgliederbegehren, was einige Vorschläge macht und sagt: 'An den und den Stellen sollte man nicht schrauben'." Die Unterzeichner lehnen aus Kröbers Sicht eine Veränderung des Bürgergelds auch nicht in Gänze ab. "Und ich sehe jetzt nicht, dass das irgendwie die SPD oder gar die ganze Koalition sprengt. Das halte ich für völlig überdramatisiert."
Eine Spaltung innerhalb der SPD befürchtet auch die Sachsen-Anhalter Juso-Chefin Denise Simon nicht. "Eine kritische Diskussion stärkt eigentlich die Partei und das ist ja genau das, was wir haben wollen." Man wolle nicht spalten – würde man schweigen und sich den anderen Parteien anpassen, würde das die SPD viel mehr schwächen, sagt Simon. Und: "Wir sollten keine Debatten über Grundwerte der sozialdemokratischen Kultur führen müssen."
Damit aus der Unterschriftensammlung ein parteiinternes Begehren wird, muss es von 20 Prozent der SPD-Mitglieder unterstützt werden. Bisher haben allerdings nicht einmal 0,2 Prozent der Mitglieder unterschrieben.
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