Drei Küchen in zwei Jahren, ein Stromgenerator für eine „unterbrechungsfreie Stromversorgung“ in Berlin und 120.000 Euro für einen dreimonatigen Internetauftritt. Das sind nur drei Beispiele an Ausgaben, die von der Koordinierungsstelle für das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan in den vergangenen drei Jahren getätigt wurden. Der Bundesrechnungshof moniert nun in einem Prüfbericht die Ausgaben – und kritisiert, dass Finanzierungspläne vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ohne jede Nachfrage „durchgewunken“ worden seien.
Der „Spiegel“ berichtete zuerst über die Ausgaben der Berliner Koordinierungsstelle, für die das Bamf in den vergangenen drei Jahren insgesamt 8,4 Millionen Euro an Steuergeldern zur Verfügung gestellt hat. Träger der Stelle war laut dem Bundesrechnungshof die Nichtregierungsorganisation (NGO) „Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte“. Das Bamf hat die Koordinierungsstelle mit Millionen Euro finanziert – ohne zu hinterfragen, wofür die Mittel verwendet werden, so der Vorwurf. Inzwischen hat die schwarz-rote Regierung das Aufnahmeprogramm beendet. Gerichte haben nach Klagen aber den Aufnahmeanspruch einzelner Menschen mit verbindlicher Zusage festgestellt, in den vergangenen Wochen konnten daher mehrfach Afghanen nach erfolgreichen Klagen in Deutschland einreisen.
Das Bamf „erkannte kritiklos Ausgaben an, die offensichtlich gar nicht oder nicht in diesem Umfang zuwendungsfähig waren“, lautet das Fazit des Bundesrechnungshofs. Zudem habe das Ministerium zugelassen, „dass der Leiter der Koordinierungsstelle eine außertarifliche Vergütung erhielt und damit das haushaltsgesetzliche Besserstellungsverbot verletzte“.
In einem ersten Prüfbericht zu dem Aufnahmeprogramm vom Januar schrieb der Bundesrechnungshof bereits: „Der stellvertretende Leiter der Koordinierungsstelle rechnete Ausgaben (u. a. für einen Mietwagen und Hotelübernachtungen) von seinem Wohnort nach Berlin als Reisekosten ab, obwohl sein Dienstort Berlin war.“ Das Bamf forderte aufgrund dessen bereits 7829 Euro wegen nicht zweckentsprechender Verwendung der Mittel zurück.
Die Ausgaben für Reisen sehen die Prüfer in der Koordinierungsstelle generell kritisch. „Wofür waren Reisekosten für 29 Beschäftigte von knapp 80.000 Euro und zusätzlich Ausgaben für Leasingraten für drei Autos notwendig?“, fragen sie. Das gelte insbesondere für das erste Projekt, bei dem für fünf Beschäftigte Reisekosten von 68.000 Euro und die Leasingraten notwendig gewesen sein sollen – bei einer dreimonatigen Laufzeit.
Noch mehr Geld gab die NGO für Onlineaktivitäten aus. „Welche Funktionen waren für einen dreimonatigen Internetauftritt erforderlich, der zu Ausgaben von 120.000 Euro führt?“, fragt der Bundesrechnungshof deshalb.
Doch auch die alltäglichen Ausgaben der Koordinierungsstelle werfen für die Prüfer weitere Fragen auf. So wurden im Jahr 2023 gleich zwei Marken-Einbauküchen (für 6188 Euro und 6920 Euro brutto) unter Wettbewerbsverzicht und ohne Dokumentation angeschafft. Dabei hatte die Koordinierungsstelle schon 2022 eine Küche (7684 Euro brutto) gekauft, ohne Vergleichsangebote einzuholen. „Die Beschaffung von insgesamt drei Einbauküchen für ein Projekt mit in der Spitze 29 Mitarbeitern ist nicht angemessen“, urteilen die Prüfer und empfehlen dem Ministerium, die Kosten für die beiden später angeschafften Küchen zurückzufordern.
Unter den fragwürdigen Posten der Koordinierungsstelle finden sich auch Kaffeebohnen, Milchschaumtopping und die Miete einer Kaffeemaschine (monatlich über 200 Euro) – obwohl Bewirtungsausgaben für eigene Beschäftigte laut den Prüfern grundsätzlich nicht zuwendungsfähig sind. Das fiel im Bamf aber offenbar niemandem auf. So fragte im Ministerium auch niemand nach, wofür die Koordinierungsstelle einen Stromgenerator für 3000 Euro anschaffte oder für 3500 Euro eine Trockenbauwand errichten ließ.
Bamf will laut Prüfern Geld zurückfordern und Zinsen erheben
Der Bundesrechnungshof in seinem Bericht kommt insgesamt zu dem Ergebnis, dass die Koordinierungsstelle „die nicht verwendeten Mittel verspätet meldete (mehr als drei Monate nach Projektende) und das BAMF die Zuwendungsbescheide nicht unverzüglich widerrief und keine Zinsen auf die ungenutzten Beträge erhob, obwohl es dazu verpflichtet gewesen wäre“.
Laut den Prüfern zeige sich das Bamf jetzt einsichtig. „Das Ministerium habe mitgeteilt, das Bamf werde nun Geld zurückfordern und außerdem Zinsen verlangen“, heißt es in dem Bericht.
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