Igor Levit gehört zu den engagiertesten Musikern der Klassik-Szene. Regelmäßig sucht er die Nähe zur Politik, setzt sich gegen Rechtsextremismus ein und fordert Solidarität mit jüdischen Menschen – insbesondere nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. „Musik ohne politische Positionierung funktioniert nicht, das wäre ein Widerspruch“, sagte er vor einigen Jahren. Nun trat der Pianist auf Einladung von Ahmed Alattar, Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in Deutschland, in der Botschaft des Landes in Berlin auf.

Neben Levit waren unter anderem auch der frühere Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sowie der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet anwesend. Wie die Botschaft auf Instagram schrieb, sei es dabei um „Kulturdiplomatie“ gegangen, die sich zum Ziel setze, die strategische Partnerschaft zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Deutschland zu stärken. „Diese Initiative unterstreicht das gemeinsame Engagement unserer Länder für interkulturellen Dialog und gegenseitiges Verständnis – zentrale Pfeiler der umfassenden bilateralen Beziehungen zwischen den VAE und Deutschland.“

Ole Nymoen übte daraufhin scharfe Kritik an Levit. Der Podcaster und freie Autor hatte sich dieses Jahr mit seinem Sachbuch „Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde“ als Anti-Wehrpflicht-Influencer einen Namen gemacht hat. Nun äußerte er sich in mehreren X-Posts zu dem Pianisten. „Wie tief kann man sinken?“, fragte er. „Einfach mal für eine autoritäre Scharia-Monarchie spielen – das ist unser freiheitsliebender Werte-Pianist.“ Es werde „nochmal ‚lustig‘ aufzuarbeiten“, wie Igor Levit „vom harmlosen linksliberalen Hanswurst zum rechten Grifter“ geworden sei. „Deutschlands nachdenklichster Pianist stellt klar: Kein Genozid ohne mich!“

Mutmaßlicher Hintergrund von Nymoens Kritik dürfte die Rolle der Vereinigten Arabischen Emirate im Bürgerkrieg sein, der seit April 2023 im Sudan herrscht. Bereits Anfang vergangenen Jahres hatte sich der Verdacht des UN-Menschenrechtsrats verhärtet, dass sich die konstitutionelle Monarchie an dem Konflikt beteiligt. So sollen die Emirate laut UN-Ermittlern etwa Kampfdrohnen und Boden-Luft-Raketen an die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) geliefert haben, die damit Regierung und Streitkräfte des nordafrikanischen Staates bekämpfen und Kriegsverbrechen begehen.

Während X-Nutzer wie der CDU-Politiker Ruprecht Polenz mit Verweis auf den Krieg im Sudan Nymoen in Schutz nahmen, stießen seine Einlassungen bei anderen auf zum Teil deutliche Kritik. „Vom Luxuspazifisten zum niederträchtigen Affekt gegen Juden, die nicht in den ‚antizionistischen‘ Chor einstimmen. Das ging fix“, erwiderte etwa Publizist und Grünen-Politiker Ralf Fücks auf X. Die wohl eindeutigste Replik erfolgte durch den früheren CDU-Kanzlerkandidaten und Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschuss, Armin Laschet.

„Die Vereinigten Arabischen Emirate, die religiöse und kulturelle Toleranz fördern, in Abu Dhabi mit dem Abrahamic Family House eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee gebaut haben und aktiv den Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern fördern, laden zu einem Konzert mit dem weltbekannten Pianisten Igor Levit am Vorabend des 7. Oktober. Beeindruckend. Vorbildlich“, urteilte Laschet. „Aber nicht ich oder Ex-Außenminister Heiko Maas werden kritisiert, sondern der jüdische Pianist. Antisemitismus pur!“

Nymoen reagierte mit einem persönlichen Angriff auf den einstigen CDU-Vorsitzenden. Er habe „nicht die abgehalfterten Polit-Gäste, die seit fünf Jahren nicht mehr interessieren“ hervorheben wollen, betonte der Podcast-Host von „Wohlstand für alle“, sondern den „Star-Gast des Abends“. „Aber freut mich, wenn das ‚Engagement‘ dieser Leute so mehr Aufmerksamkeit bekommt, auch wenn es mir Unannehmlichkeiten verschafft“, ergänzte er. Auf die Reaktion eines X-Nutzers, er hoffe, Nymoen werde angezeigt, entgegnete dieser lapidar: „Das würde mich auch sehr freuen, dann bekäme die ganze Angelegenheit nochmal deutlich mehr Aufmerksamkeit.“

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