Mit seiner Einschätzung zur Lage in Syrien hat Außenminister Johann Wadephul (CDU) die Union in Unruhe versetzt. Unterstützung erhielt er nun vonseiten der Linken. „Es gab in den vergangenen Wochen Massaker an der Zivilbevölkerung, an denen regierungsnahe Militäreinheiten beteiligt waren sowie massenhafte Verschleppungen von Frauen. Das bestätigt auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages“, erklärte die Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion, Heidi Reichinnek gegenüber dem „Münchner Merkur“. Der Bundesaußenminister sei das einzige Unionsmitglied, das diese „Realität“ anerkenne.

Es sei „schäbig“, dass Wadephul dafür angegriffen werde. „Mehr noch: Merz und Dobrindt haben scheinbar kein Problem damit, islamistische Akteure durch Einladungen zu Staatsbesuchen oder durch Abkommen zu normalisieren – egal ob in Syrien oder Afghanistan“, klagte Reichinnek. „Das zeigt deutlich, dass die Union bereit ist, jeden humanitären Anspruch auszublenden, wenn es dazu dient, rechte Wahlpropaganda umzusetzen.“

Johann Wadephul hatte in der vergangenen Woche Zweifel geäußert, dass es für eine große Anzahl syrischer Flüchtlinge kurzfristig möglich sei, in ihr Heimatland zurückzukehren. Dort könnten „wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“. In der Unionsfraktion am Dienstag hat er seine Haltung mit einem markanten Vergleich bekräftigt: „Syrien sieht schlimmer aus als Deutschland 1945.“

Bundeskanzler Friedrich Merz fordert hingegen die Abschiebung syrischer Straftäter und hofft auf eine freiwillige Rückkehr. „Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland, und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen“, sagte er Anfang der Woche bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein.

Aus der Justiz erfuhr die Einschätzung von Merz hingegen Widerspruch. Zwar sei mit dem Ende des Bürgerkriegs der „Grund für subsidiären Schutz in Deutschland weggefallen“, so Rechtswissenschaftler Peter M. Huber gegenüber „Focus“, doch das bedeute nicht grundsätzlich das Ende der Schutzwürdigkeit. „Wer geltend machen kann, dass er als Angehöriger einer Minderheit politisch verfolgt wird, dem steht das Asylrecht zu“, erklärte der frühere Richter des Bundesverfassungsgerichts. „Der Asylgrund besteht aber allein für politisch verfolgte Syrer.“

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