Die Deutsche Post setzt im großen Stil auf Automaten, um in manchen Dörfern und Städten keine Filialen mit Menschen mehr betreiben zu müssen. Wie die Bundesnetzagentur mitteilte, gingen bei ihr bis Ende September 629 Anträge ein, damit Automaten als Postfilialen gelten. 72 wurden bereits genehmigt, vier zurückgezogen; der Rest wird noch geprüft.

Bei der Zulassung geht es um die Frage, ob die Standorte angerechnet werden bei der Erfüllung der gesetzlichen Filialnetz-Pflicht: Die Post muss flächendeckend Filialen betreiben, meistens sind damit Postschalter in Supermärkten, Kiosken und anderen Geschäften gemeint.

Sie stellt schon länger Automaten auf, diese galten bislang aber nicht als Filialen – eine Filiale mit Menschen betreiben musste sie trotzdem. Seit Januar hat sich das wegen einer Gesetzesnovelle geändert, dies nutzt der Logistiker nun.

Bundesweit hat die Post circa 12.600 Filialen. Sollten ihre Anträge abgesegnet werden, bestünde das Filialnetz zu rund fünf Prozent aus Automaten: An etwa jedem zwanzigsten Filialstandort gäbe es dann keinen Postschalter mehr, an dem ein Mensch bedient. Die bereits zugelassenen Automaten-Filialen sind vor allem in ländlichen Regionen, etwa in Asendorf (Niedersachsen), Sankt Augustin (NRW), Heusenstamm (Hessen), Egling (Bayern), Harztor (Thüringen) und Schwarzheide (Brandenburg).

Um welche Automaten es geht

Mit Automat gemeint sind sogenannte Poststationen, in denen Pakete abgegeben und abgeholt, Briefmarken gekauft und Briefe eingeworfen werden. Eine Videoberatung gibt es auch. Man bekommt fast alles, was man auch in einer Filiale mit Menschen bekommt. Großer Vorteil der Poststation ist, dass sie rund um die Uhr verfügbar ist – kein Kunde muss unverrichteter Dinge wieder abziehen, weil er außerhalb der Öffnungszeiten angeklopft hat.

Bundesweit hat die Post mehr als 900 Poststationen, der Großteil von ihnen spielt bei der Filialnetzpflicht keine Rolle – manch eine stehen als Ergänzung vor einer normalen Filiale und gewährleistet, dass die Kunden Tag und Nacht Briefmarken kaufen oder Pakete abgeben können. Hinzu kommen noch 15.600 Packstationen, die nur für Pakete sind.

Die Post ist verpflichtet, in Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern eine Filiale zu haben. Außerdem darf die Filiale in zusammenhängend bebauten Wohngebieten nicht weiter entfernt sein als zwei Kilometer. Diese Vorgaben hält die Post schon lange nicht ein, Ende September waren es 160 unbesetzte Pflichtstandorte – dort gab es also keine Filiale, obwohl es eine hätte geben müssen.

Ein Grund hierfür ist der Strukturwandel auf dem Land: Wenn in einem Dorf der letzte Krämerladen zumacht, hat die Post auch keinen Partner mehr vor Ort, der in seinem Geschäft einen Postschalter aufstellen kann.

Um der Filialnetz-Pflicht nachzukommen, betreibt die Post rund 1200 Interimsfilialen – sie schickt also eigenes Personal, das in einem Container oder einem zuvor leer stehenden Geschäft eine kleine Postfiliale betreibt, die in der Regel nur für einige Stunden am Tag geöffnet ist. Diese Interimsfilialen möchte die Post loswerden und setzt hierbei verstärkt auf Automaten.

Post sucht nach Lösungen vor Ort

Die Zahl der unbesetzten Pflichtstandorte schwankt seit Langem. Manchmal ist ein Ort nur kurz ein weißer Fleck – und dann ist doch wieder eine Filiale zu finden, wenn die Post dort einen neuen Partner gefunden hat. Es handele sich nur um eine Momentaufnahme, heißt es von der Bundesnetzagentur.

Überraschend ist aber, dass der Wert der Filialvakanzen im Vergleich zu Juli 2024 um 19 gestiegen ist, obwohl die Filialnetz-Regeln seither erleichtert wurden: 2024 konnten noch keine Automaten angerechnet werden, nun ist das möglich, und es wird auch gemacht – doch anstatt nach unten geht der Wert nach oben.

Die Post stellt Besserung in Aussicht. Ein Firmensprecher sagt, man habe für etwa die Hälfte der 160 Standorte bereits Lösungen gefunden, die zeitnah umgesetzt werden. Bei der anderen Hälfte arbeite man intensiv an einer Lösung – entweder durch Filialen oder Poststationen. Mancherorts müssten aber auch andere Beteiligte mitwirken, etwa für die Erteilung einer Baugenehmigung.

Automatenfilialen sollen kein Massenphänomen werden

Bevor die Bundesnetzagentur grünes Licht gibt für die Automaten-Filialen, hört sie die betroffenen Gemeinden an – die Kommunen sind also mit im Boot. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Achim Brötel (CDU), äußert sich zurückhaltend. Klassischen Postfilialen sei grundsätzlich immer der Vorzug zu geben.

Postfilialen seien „wichtige Einrichtungen der Daseinsvorsorge, die jedermann einen einfachen Zugang zum Postnetz bieten“, sagt Brötel. Es gehe um Nutzerfreundlichkeit. „Die Nutzerperspektive muss deshalb auch der entscheidende Maßstab sein und nicht etwa das Bestreben der Post, sich ihrer Verpflichtung zur flächendeckenden Gewährleistung ihrer Dienstleistungen auf möglichst einfache Weise zu entledigen.“

Der Gesetzgeber möchte nicht, dass das Filialnetz irgendwann nur noch aus Automaten besteht. „Ein Automat als Filiale ist zwar nicht ideal, aber besser als nichts – er kann die Situation in strukturschwächeren Gegenden verbessern“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff.

„Es sollte aber kein Massenphänomen werden, sondern eher eine Ausnahme – wenn jeder zwanzigste Standort ein Automat wäre, fände ich das noch angemessen, beispielsweise jeder dritte sollte es aber nicht sein.“ Nur um Kosten zu senken, dürfe die Post nicht auf Automaten setzen.

Kritik äußert der Sozialverband VdK. Dessen Präsidentin Verena Bentele sagt, das sei ein deutlicher Rückschritt auf dem Weg zu mehr Inklusion. „Postautomaten sind für Rollstuhlfahrer, Kleinwüchsige und Menschen mit Sehbehinderungen häufig nicht nutzbar.“ Ältere Menschen seien oft auf persönliche Hilfe vor Ort angewiesen. Die Automaten sollten verbessert werden und größere Displays und Bedienelemente mit Brailleschrift bekommen.

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