CDU-Gesundheitspolitiker Hendrik Streeck sorgt für Kritik mit seinem Vorstoß, künftig zu hinterfragen, ob sehr alten Menschen noch besonders teure Medikamente verordnet werden sollte. „Rechtlich, medizinisch & ökonomisch ist das Unfug“, schrieb der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Janosch Dahmen, auf X.
Nicht das Alter entscheide über Nutzen und Kosten einer Therapie, „sondern die Nähe zum Lebensende“, so Dahmen. Das gelte „bei 60- wie bei 100-Jährigen“. Wer trotzdem eine Altersgrenze fordere, verkenne die Grundlage moderner Medizin und des Grundgesetzes, führte der Bundestagsabgeordnete weiter aus.
Auch FDP-Politiker Wolfgang Kubicki kritisierte den Vorstoß des Drogenbeauftragten der Bundesregierung. „Ein älterer Mensch hat genau denselben Anspruch auf eine gute medizinische Versorgung wie ein junger.“ Man müsse über Effizienz im Gesundheitssystem reden, aber der „kalte Zynismus“ von Streeck stoße ihn ab, sagte der ehemalige Bundestagsvizepräsident. Die Äußerung stehe auch im Widerspruch zu den fundamentalen Werten, auf denen dieses Land fuße: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt.“ Kubickis schrieb außerdem in seinem Posting auf X: „Die Verfassung spricht ausdrücklich nicht von Nützlichkeit.“
Streeck hatte in der Sendung „Meinungsfreiheit“ bei WELT TV am Mittwochabend die Frage aufgeworfen, ob man sehr alten Menschen noch besonders teure Medikamente verordnen sollte. Es brauche in der medizinischen Selbstverwaltung „klarere und verbindliche Leitlinien, dass bestimmte Medikamente auch nicht immer ausprobiert werden sollten – es gibt einfach Phasen im Leben, wo man bestimmte Medikamente auch nicht mehr einfach so benutzen sollte“, sagte er in der Talksendung.
„Es wurde in den letzten Wochen, wo er gestorben ist, so viel Geld ausgegeben“
Streeck wies beispielhaft auf Erkrankungen wie fortgeschrittene Krebserkrankungen hin und den – offensichtlich theoretisch gemeinten – Fall, dass eine neue Studie über Möglichkeiten herauskomme, dabei die Sterblichkeit um zehn Prozent zu reduzieren. „Wenn man das aber bei einer 100-Jährigen macht, dann ist die Frage: Will man wirklich diese teuren Medikamente?“, sagte der Bundestagsabgeordnete, der als Virologe in der Corona-Zeit breiter bekannt geworden war.
Er berichtete auch von persönlichen Erfahrungen vor dem Tod seines an Lungenkrebs erkrankten Vaters. „Es wurde in den letzten Wochen, wo er gestorben ist, so viel Geld ausgegeben. Und es hat nichts gebracht. Es wurden die neuesten Therapien aufgefahren. Es hat nichts gebracht. Und er hat mehr dort ausgegeben als je in seinem ganzen Leben im Gesundheitswesen“, sagte er und resümierte: „Das ist einfach nur die Frage. Das gehört in die medizinische Selbstverwaltung.“
Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung wird vom sogenannten Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt. Diesem Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen gehören Vertreter der Ärzte, Krankenkassen, Krankenhäuser und unparteiische Mitglieder an. Patientenvertreter haben ein Mitberatungs-, aber kein Stimmrecht.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.