Die Opposition hält der schwarz-roten Koalition fehlende Impulse und eine noch höhere Verschuldung beim Bundesetat 2026 vor. Klingbeil lege sich einen Schuldenvorrat zu, anstatt eine Rücklage von fast zehn Milliarden Euro zu nutzen, sagte Grünen-Haushaltsexperte Sebastian Schäfer am Freitag in Berlin. Die Koalition habe sich entschieden, diese Rücklage unangetastet zu lassen und stattdessen für 2026 neue Schulden in knapp gleicher Höhe aufzunehmen. Dies sei ein „neues Kapitel in der unendlichen Geschichte vom Verschiebebahnhof“.
Schäfer bezog sich dabei auf ursprüngliche Pläne der Regierung, für 2026 aus der sogenannten Flüchtlingsrücklage 9,7 Milliarden Euro zu entnehmen. Dies wurde in der nächtlichen Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses geändert.
Der Grünen-Politiker warf der Regierung zudem vor, sie betreibe Schindluder mit dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität. Davon werde viel zu wenig für echte zusätzliche Investitionen genutzt. Schäfer verwies auf den Sachverständigenrat, demzufolge bei richtigem Einsatz des Sondervermögens bis 2030 mehr als fünf Prozent zusätzliches Wachstum möglich wären: „So wie die Koalition agiert, landen wir noch nicht einmal bei zwei Prozent.“
Zudem kritisierte Schäfer massive Kürzungen bei der humanitären Hilfe. Die Mittel für das Welternährungsprogramm seien von 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf nur noch gut 500 Millionen Euro gesunken. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) warf er „dröhnendes Schweigen“ zur katastrophalen Finanzlage der Kommunen vor. Angesichts dessen könne sich Deutschland geplante Ausgaben wie die Aufstockung der Mütterrente oder Steuersubventionen für die Gastronomie nicht leisten.
„So eine hohe Schuldenquote hat Deutschland selten gesehen“, kritisiert die AfD
AfD-Haushälter Michael Espendiller sprach von „gigantischen Schulden“, die nun noch erhöht würden. Die gesamte Neuverschuldung belaufe sich auf 182,9 Milliarden Euro, sagte er am Freitag nach der nächtlichen Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses. Bei einem nach seinen Worten Gesamtvolumen von 610 Milliarden Euro werde damit fast jeder dritte Euro aus Schulden finanziert. „So eine hohe Schuldenquote hat Deutschland selten gesehen“, sagte Espendiller. Die Zinslast verdoppele sich bis 2029 von 30,3 Milliarden Euro in diesem Jahr auf dann 66,5 Milliarden Euro.
Zudem kritisierte der AfD-Politiker ein neues Kapitel im Einzelplan 14 des Verteidigungshaushalts. Dieses schaffe für den Spannungs- oder Verteidigungsfall eine „vereinfachte Buchungssystematik“. Seine Fraktion sehe die Gefahr, dass das Budgetrecht des Bundestages eingeschränkt werde. Espendiller warf der Bundesregierung vor, aus „vorgeschobenen“ Sicherheitsgründen die parlamentarische Kontrolle über Verteidigungsausgaben reduzieren zu wollen.
Espendiller bezog sich dabei auf einen Platzhalter für den Verteidigungsfall, den die Bundesregierung in der Beratungsvorlage für den Haushaltsausschuss neu eingefügt hatte. Das Kapitel zu Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Landes- und Bündnisverteidigung wurde laut Begründung neu geschaffen, um im Spannungs- oder Verteidigungsfall sofort Mehrausgaben zu ermöglichen. Es enthält keine Finanzmittel und funktioniert demnach nur als Buchungsrahmen für Notfälle.
Linke bemängelt „eine Kanzlerschaft der leeren Sprüche“
Linke-Haushaltspolitiker Dietmar Bartsch sagte, die einzig sichtbare Klammer der Koalition sei die gewaltige Neuverschuldung. Bei den Rüstungsausgaben gebe es ein „Whatever it takes“ (Koste es, was es wolle), etwa bei Pflege und Rente aber keine substanziellen Reformen. CDU-Chef Friedrich Merz betreibe „eine Kanzlerschaft der leeren Sprüche“.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte nach letzten Änderungen am frühen Morgen einen Etat mit Ausgaben von rund 524,5 Milliarden Euro gebilligt. Die Abgeordneten beschlossen im Kernhaushalt eine Kreditaufnahme von fast 98 Milliarden Euro. Das sind 8 Milliarden mehr als im ersten Regierungsentwurf. Dazu kommen Kredite aus Sondertöpfen für Infrastruktur und die Bundeswehr, sodass sich die Schulden auf mehr als 180 Milliarden Euro summieren dürften.
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