Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Bundesregierung dazu aufgerufen, die Bedenken der Jungen Union (JU) gegen das Rentenpaket zu beachten. „Ich finde, ihr habt schon gute Argumente. Und man muss diese Argumente auch beachten“, sagte Söder am Sonntag beim sogenannten Deutschlandtag des Parteinachwuchses. Man müsse darüber mit der SPD reden.

„So ein reines SPD-Basta von der Seite geht einfach nicht“, kritisierte Söder. Der CSU-Chef erklärte, er wolle Bundeskanzler Friedrich Merz und Unionsfraktionschef Jens Spahn (beide CDU) in dieser Debatte nicht in den Rücken fallen. Er warb auch um Verständnis für die beiden. „Merz muss eine Koalition auch zusammenhalten, lasst uns das im Hinterkopf behalten“, sagte er. Es gebe den einen oder anderen, der auf ein Aus der schwarz-roten Koalition in Berlin und eine Minderheitsregierung setze. Das wirke erlösend, sagte Söder, aber führe dazu, dass eine Regierung fast nichts mehr durchbekomme. „Das ist nichts anderes wie Weimar, die Vorstufe zu den Radikalen. Das darf uns nicht passieren.“

Söder warnte in seiner Rede auch vor weiteren Schulden. „Es darf nicht am Ende stehen, dass wir neben den vielen Schulden, die wir gemacht haben, noch einmal dauerhaft neue Schulden machen.“ Es sollte überlegt werden, wie statt neuer Schulden am Ende auch Rückzahlungspläne entwickelt werden könnten, um einen „langfristigen Pfad der Solidität“ zu erreichen, erklärte Söder. Der Staat könne nicht unendlich Beamte und Pensionen aufbauen. Der Union im Bund gab Söder vor, ihre Rolle als größere von zwei Regierungsparteien auszufüllen. „Wir geben die Richtung vor. Nicht wir sind der kleinere Koalitionspartner“, sagte Söder. Die SPD sei nicht so stark, wie sie gerne auftrete.

Merz unter Druck in Rentenstreit

In der Union ist ein heftiger Streit um das geplante Rentenpaket der schwarz-roten Bundesregierung entbrannt. Im Koalitionsvertrag hat sie vereinbart, bis 2031 die Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent – also das Absicherungsniveau der Rente im Verhältnis zu den Löhnen – zu verlängern. In dem vom Kabinett und damit auch Merz beschlossenen Rentengesetzentwurf ist vorgesehen, dass auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll.

Die Junge Gruppe der Unionsabgeordneten im Bundestag monierte, dass das nicht im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist und 118 Milliarden Euro zusätzlich kosten würde. Sie drohte deswegen, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Sollte die Junge Gruppe mit ihren 18 Abgeordneten das Rentengesetz tatsächlich blockieren, hätte die schwarz-rote Koalition dafür keine eigene parlamentarische Mehrheit.

Merz rief die Junge Union am Samstag beim Deutschlandtag zu einer konstruktiven Debatte auf. Dabei wurde es mit vielen Wortmeldungen des Parteinachwuchses emotional. „Glaubt jemand ernsthaft, dass wir einen Unterbietungswettbewerb gewinnen? Wer bietet das niedrigste Rentenniveau?“, rief Merz in den Saal. „Das kann doch nicht euer Ernst sein!“ Damit gewinne man keine Wahlen. Die Junge Union und der Chef der Jungen Gruppe im Bundestag blieben bei ihrer Ablehnung.

Die Junge Union erfuhr am Wochenende Unterstützung für ihre Position. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) betonte kurz vor ihrer Abreise in die Vereinigten Arabischen Emirate vor Journalisten: Zu den notwendigen Reformen gehöre etwa, dass die Zeit, die man insgesamt im Beruf verbringe, länger werden müsse. Die umlagefinanzierte Rente dürfe nicht zu einer weiteren Belastung der Lohnnebenkosten führen. Insofern habe die „Junge Gruppe“ recht.

Der Vorsitzende der Senioren-Union, Hubert Hüppe (CDU), zeigte Verständnis für die Einwände des Parteinachwuchses. „Die Sorgen der jungen Generation sind berechtigt, insbesondere mit Blick auf die Finanzierung der Rente und den demografischen Wandel“, sagte Hüppe den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).

Hüppe bemühte sich um ausgleichende Töne: „Im Mittelpunkt steht kein Streit und erst recht keine Koalitionskrise, sondern die Suche nach einer tragfähigen Lösung für die Zukunft unserer Sozialsysteme.“ Hüppe verteidigte zudem Merz' Auftritt bei der JU-Tagung. „Der Kanzler hat nicht nur geredet, sondern auch den direkten Austausch gesucht“, sagte er. „Das ist gut und zeigt, dass er den Dialog mit der jungen Generation nicht scheut.“ Der Auftritt bilde eine solide Grundlage für ein konstruktives Miteinander.

Rückendeckung bekam die Junge Union von Baden-Württembergs CDU-Chef Manuel Hagel. „Die Haltelinie bis 2031 und nicht darüber hinaus: Es ist bereits der Kompromiss“, sagte Hagel. Wenn der Vorschlag von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) eins zu eins komme, brauche es keine Rentenkommission mehr: „Das Einzige, was ihr in der Rentenkommission noch werdet tun können, ist Kaffee trinken, Kuchen essen und euch überlegen, ob ihr 120 Milliarden oder 150 Milliarden zuschießt.“ Es brauche weitere Verhandlungen mit der SPD.

Klingbeil will keine Änderungen mehr am Gesetz

Das hatte Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil bereits am Samstagmorgen ausgeschlossen. „Ich sage euch in aller Klarheit: An diesem Gesetz wird nichts mehr geändert“, sagte der SPD-Bundesvorsitzende beim Landesparteitag der SPD Baden-Württemberg in Ulm. „Wir stehen beim Thema Rente. Das werden wir im Bundestag verabschieden.“

Auch Unionsfraktionschef Jens Spahn machte den jungen Abgeordneten in seiner Bundestagsfraktion wenig Hoffnung auf grundlegende Änderungen. Die Vereinbarung zur Haltelinie des Rentenniveaus sei ein Kompromiss. Das Thema sei für die SPD in etwa so wichtig gewesen beim Eintritt in die Koalition wie für die Union der Politikwechsel bei der Migration, so Spahn.

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