Brasiliens Staatschef Luis Inácio Lula da Silva hat mit Humor auf als herablassend empfundene Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) über Belém, den Ausrichtungsort der Weltklimakonferenz, reagiert. Wenn Merz im Bundesstaat Pará, dessen Hauptstadt Belém ist, eine Bar besucht, gespeist und getanzt hätte, hätte er die Vorzüge gegenüber Berlin kennengelernt, sagte Lula am Dienstag bei einem Besuch in Parás Nachbar-Bundesstaat Tocantins.

Merz hatte in der vergangenen Woche kurz nach seiner Rückkehr vom Klimagipfel in Belém auf die brasilianische Stadt verwiesen, um zu illustrieren, dass die Deutschen „in einem der schönsten Länder der Welt“ lebten. Beim Handelskongress in Berlin sagte er vor Unternehmern, er habe einige Journalisten, die ihn nach Brasilien begleitet hätten, gefragt, wer denn gerne dort bleiben wolle.

„Da hat keiner die Hand gehoben. Die waren alle froh, dass wir vor allen Dingen von diesem Ort, an dem wir da waren, in der Nacht von Freitag auf Samstag wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind“, schilderte Merz.

Lula kommentierte nun, der Kanzler habe sich „vor ein paar Tagen beklagt: 'Oh, ich war in Pará, aber ich bin schnell heimgekehrt, weil ich Berlin wirklich mag'“. Aus Sicht des brasilianischen Staatschefs hätte Merz in eine Boteco, eine traditionelle Bar in Pará, gehen sollen. „Er hätte tanzen sollen in Pará. Er hätte Parás Küche probieren sollen“, sagte Lula. Nach seiner Überzeugung hätte der Kanzler dann „gemerkt, dass Berlin ihm nicht mal zehn Prozent der Qualität bietet, die Pará bietet“.

Lula reagierte damit gelassener als manche brasilianischen Medien und Politiker. Parás Gouverneur Helder Barbalho hatte Merz' Äußerungen als „voreingenommene Rede“ kritisiert, Beléms Bürgermeister Igor Normando kommentierte, der Kanzler verbreite „Vorurteile und Arroganz“. Auch Vertreter deutscher Umweltorganisation reagierten in Belém empört. So forderte Martin Kaiser, Vorstand von Greenpeace Deutschland, Merz müsse sich „bei den Menschen von Belém entschuldigen“.

Shitstorm in sozialen Netzwerken

In sozialen Netzwerken ging unterdessen ein regelrechter Shitstorm über Merz nieder. Von „unhöflich“ bis „rassistisch“ wurde die Aussage eingestuft. Einige Nutzer erwarteten eine Entschuldigung, andere gingen sogar noch weiter und forderten, der Bundeskanzler dürfe nie wieder in Brasilien empfangen werden. Auch örtliche Medien kritisierten Merz. Dabei gab es auch Äußerungen, die Merz unterstellten, mit seinen Äußerungen Stimmen bei Neonazis in Deutschland zu suchen. Auch wurde er beschuldigt, das „weiße Überlegenheitsgefühl“ zur Schau gestellt zu haben, das zum Zweiten Weltkrieg führte.

Allerdings gab es auch Verständnis für Merz in sozialen Medien. So kritisieren einige Brasilianer die Zustände in der Stadt Belém. Es sei unverantwortlich gewesen, die COP in der unter extrem heißem Wetter und Starkregen leidenden Stadt auszutragen. Zudem sei es nicht die Schuld von Friedrich Merz, dass man in der Stadt große Armut sehen könne, schrieben manche Nutzer. Man höre in Brasilien nicht gerne die Wahrheit, hieß es.

Umweltminister um Ausgleich bemüht

Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) bemüht sich derweil, die Wogen zu glätten. So veröffentlichte er in sozialen Medien ein Bild von einem Besuch im Urwald und lobte die Gastgeber: „Brasilien ist ein wunderbares Land mit freundlichen Menschen und guten Gastgebern. Schade, dass ich nach der COP nicht länger bleiben kann. Ich hätte ein paar Ideen, zum Beispiel mit meinen Freunden aus dem Amazonas zu angeln.“

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert ihrerseits eine Entschuldigung des Bundeskanzlers. „Friedrich Merz muss sich bei der Bevölkerung von Belém entschuldigen“, sagte der Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser. Die Vertreter der deutschen Nichtregierungsorganisationen in Belém hätten sich für den Kanzler fremdgeschämt. Man erlebe eine super organisierte COP und erfahre große Gastfreundschaft von Seiten der Brasilianer.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.