- Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung bleibt laut Grundgesetz uneingeschränkt bestehen.
- Auch bei einer möglichen Bedarfswehrpflicht wären Ersatzdienste wie Feuerwehr, THW oder soziale Einrichtungen vorgesehen.
- Expertinnen und Experten warnen: Bei zu wenigen Freiwilligen könnten Verweigerungsanträge strenger geprüft werden.
"Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden." So steht es im 4. Artikel des Grundgesetzes. Daran wird auch das geplante Wehrdienst-Gesetz nichts ändern, betont Christoph Schmid, stellvertretender verteidigungspolitischer Sprecher der SPD. "Es gibt immer die Möglichkeit, den Dienst an der Waffe zu verweigern. Das wird der Deutsche Bundestag niemals ändern. Das ist verfassungsrechtlich in diesem Land zum Glück auch so geregelt."
Wie das neue Wehrdienst-Modell funktionieren soll
In dem neuen Wehrdienst-Gesetz wird Schmid zufolge erstmal auch keine Pflicht geregelt. Stattdessen, so die Hoffnung, sollen mit Hilfe von Fragebögen und Musterungen genug Freiwillige gefunden werden.
Passiert das aber nicht, sehen die Pläne vor, mit einem weiteren Gesetz eine Bedarfswehrpflicht einzuführen. Also, ein Zufalls- oder Losverfahren, das entscheidet, wer eingezogen wird.
Recht auf Kriegsdienstverweigerung bleibt bestehen
Betroffene hätten auch in diesem Fall das Recht zu verweigern, müssten dann aber wohl ersatzweise eine Art Zivildienst leisten."Dann sind natürlich all die Modelle denkbar, die wir früher hatten." Etwa ein Ersatzdienst bei der Freiwilligen Feuerwehr, beim THW, im Krankenhaus oder bei sozialen Trägern.
Schmid glaubt nicht, dass es so weit kommen wird. Denn er geht fest davon aus, dass sich genug Freiwillige für den Wehrdienst finden werden.
Steigende Zahl an Verweigerungsanträgen
Michael Schulze von Glaßer sieht das anders. Er ist politischer Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft, die sich für Kriegsdienstverweigerer einsetzt. Von denen gibt es immer mehr. Seit Jahren steigt die Zahl der Anträge auf Kriegsdienstverweigerung. Waren es 2021 noch knapp 200, sind es in diesem Jahr schon mehr als 3.000.
Noch sei es relativ einfach als Verweigerer anerkannt zu werden, sagt Schulze von Glaßer. Er befürchtet aber, dass sich das ändern wird, wenn sich nicht genug Freiwillige für den Wehrdienst finden. "Da könnte natürlich die Bundesregierung dann auch so ein bisschen irgendwann mal anfangen und die Losung rausgeben: So Leute, jetzt schaut euch diese Verweigerungsanträge nochmal strenger an. Das ist immer so ein bisschen die Gefahr."
Er rät jungen Menschen deshalb, sich frühzeitig mit einer möglichen Verweigerung zu beschäftigen: "Gerade jüngere Jahrgänge, eben ab 2008 oder jünger, sollten sich jetzt schon ernsthaft überlegen auch zu verweigern."
Was im Verteidigungsfall gilt
Ab einem Alter von 17,5 Jahren ist es möglich einen solchen Antrag zu stellen. Wenn der genehmigt wird, gilt er auch im Spannungs- und Verteidigungsfall, betont Schulze von Glaßer.
Aber auch diejenigen die noch nicht verweigert haben, könnten das im Spannungs- und Verteidigungsfall noch machen. Auch dann gelte das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung. "Allerdings muss man ehrlicherweise sagen, dass es in solchen Fällen dann doch oft drunter und drüber geht. Auch in der Ukraine zum Beispiel gibt es das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, aber es wird gerade zum Beispiel nicht angewandt und anerkannt. Aber es ist natürlich trotzdem besser, jetzt so eine Verweigerung in der Hand zu haben, als nicht."
Ob das neue Wehrdienst-Gesetz tatsächlich so kommt, wie es die aktuellen Pläne vorsehen, entscheidet sich voraussichtlich Anfang Dezember. Dann soll der Bundestag darüber abstimmen.
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