- Das Problem nicht angemessener Besoldung ist in Thüringen schon länger bekannt.
- Das zuständige Thüringer Finanzministerium zeigte sich jedoch überrascht von entsprechenden Entscheidungen eines Meininger Gerichts.
- Das Ministerium erwartet keinen "Kostenlawine", doch sind allein in Thüringen 33.000 Beamte betroffen.
- Am Bundesverfassungsgericht sind 70 weitere Klagen anhängig.
Wenn Beamte mit ihrer Bezahlung, also der Besoldung, nicht zufrieden sind, dann dürfen sie nicht wie andere streiken. Allerdings können Beamte vor Gericht klagen. Und das haben viele nicht nur in Berlin getan, sondern auch in Thüringen. In zwei Musterverfahren hat das Verwaltungsgericht Meiningen bereits entschieden, die Besoldung war in zurückliegenden Jahren zu gering und damit verfassungswidrig.
Problem schon seit 2024 bekannt
Auch ohne richterliche Entscheidung sei das dem Dienstherren bereits bekannt gewesen, sagt Frank Schönborn, der Vorsitzende des Thüringer Beamtenbundes. Schon 2024 habe die rot-rot-grüne Landesregierung festgestellt, dass die Beamtinnen und Beamten in Thüringen nicht "amtsangemessen alimentiert" worden seien, so Schönborn. Es gebe zwar einen Gesetzentwurf, aber "bis zum heutigen Tag ist der Gesetzentwurf nicht durchs Kabinett gegangen. Und jetzt haben wir zwei Gerichtsentscheidungen – einmal vom Verwaltungsgericht in Meiningen und vom Bundesverfassungsgericht – und da wird interessant sein, wie die Landesregierung das bewertet."
Wenigstens sei man im ständigem Austausch mit dem zuständigen Thüringer Finanzministerium, sagt Schönborn. Aber wann mehr Geld fließt und wie hoch Nachzahlungen ausfallen könnten, das sei bisher völlig offen.
Finanzministerium zeigt sich überrascht
Vom Finanzministerium selbst heißt es schriftlich auf Anfrage: "Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts Meiningen, die Richter im Freistaat Thüringen seien in den Jahren 2020 bis 2022 und 2024 offensichtlich in verfassungswidriger Weise zu niedrig besoldet worden, überrascht. Soweit eine verfassungswidrige Alimentation besteht, wird der Thüringer Besoldungsgesetzgeber dies unverzüglich beseitigen."
Eine Kostenlawine sehe man dadurch aber nicht auf den Landeshaushalt zukommen, heißt es weiter, denn eine höhere Besoldung bekämen nur jene Beamten, die geklagt hätten. Daher seien die Auswirkungen auf den Haushalt überschaubar.
Allein 33.000 Beamte in Thüringen betroffen
Auch Thüringer Polizisten könnten möglicherweise mehr Geld bekommen.Bildrechte: picture alliance / Dominik Butzmann/photothek.de | Dominik ButzmannBei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi werden die Auswirkungen größer eingeschätzt. Hier ist Andreas Splanemann zuständig für die Beamtinnen und Beamten. Der Verdi-Bundessekretär sagt, dass "alle Besoldungsgesetzgeber" die Verpflichtung hätten, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu respektieren und auch umzusetzen. Man könne im Augenblick noch nicht sagen, wie das in den einzelnen Ländern aussehe, so Splanemann, aber: "Auf jeden Fall hat diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine ganz entscheidende Bedeutung und Auswirkung für die Besoldungsgesetzgebung."
Sollten tatsächlich alle betroffenen Beamten mehr Geld bekommen, dann hätte das allein in Thüringen Auswirkungen auf rund 33.000 Beamte, angefangen bei Lehrern, Polizisten bis hin auch zu Feuerwehrleuten.
Weitere 70 Klagen anhängig
Bundesweit seien beim Bundesverfassungsgericht noch an die 70 Klagen von Staatsbediensteten anhängig, die sich gegen eine zu geringe Besoldung wehren. Diese Flut sei kaum zu bewältigen, sagt Frank Schönborn vom Thüringer Beamtenbund: "Die Richter in Karlsruhe haben klipp und klar gesagt, dass die Arbeitsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts durch die vielen Verfahren bis zur Blockade beeinträchtigt wird. Das haben sie massiv gerügt."
Dennoch, so Schönborn, sei es für Beamte die einzige Möglichkeit, vor Gericht zu ziehen, wenn sie um eine angemessene Bezahlung kämpfen. Das könne nur verhindert werden, wenn der Staat von vornherein für eine bessere Bezahlung seiner Bediensteten sorge.
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