Der Rentenstreit treibt die schwarz-rote Bundesregierung an den Rand einer Koalitionskrise. Während Kanzler Friedrich Merz (CDU) versucht, den Aufstand der Jungen Gruppe in der Union zu befrieden, setzt auch die SPD den Kanzler unter Druck, eine Mehrheit für das Paket zu erreichen. Die sozialdemokratische Arbeitsministerin Bärbel Bas warnte wegen des Streits zuletzt vor einem Scheitern der Koalition.

Auch Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, forderte im ARD-Talk „maischberger“ eine klare Führung des Bundeskanzlers. Die Bürger erhofften sich von der neuen Bundesregierung, „gemeinsam an einem Strang zu ziehen“, sagte Schwesig am Dienstagabend in der Polittalkshow – und erinnerte an den Bruch der Ampelkoalition.

Als Teilnehmer der Koalitionsverhandlungen verwies die Sozialdemokratin zudem darauf, dass das Rententhema lange verhandelt und abgewogen und anschließend ein gemeinsames Rentenpaket geschnürt worden sei. Ein Regierungschef müsse, so Schwesig, „sehr früh eine Antenne dafür haben, wo Leute in Partei und Fraktion bei bestimmten Sachen gar nicht mitgehen können.“

Führungsversagen will Schwesig Merz auf Nachfrage zwar nicht vorwerfen. Aus Sicht der Ministerpräsidentin liegt es aber in der Verantwortung des Bundeskanzlers, nun bei der Abstimmung zum Rentenpaket im Dezember für eine Mehrheit zu sorgen. „Es ist eine klassische Führungsaufgabe und ich gehe fest davon aus, dass Herr Merz dieser Aufgabe gerecht wird“, sagte Schwesig.

Appell an Merz

Die Sozialdemokratin kritisierte zudem, dass Unionspolitiker versuchten, die Verantwortung für den Streit um die Rente auf die Sozialdemokraten abzuwälzen – und wies entsprechende Vorwürfe gegen ihre Partei zurück. „Man muss sich um die Kritiker bemühen. Das kann man jetzt nicht irgendwie der SPD vor die Füße kippen“, sagte Schwesig. „Ich setze auf den Kanzler und die Union, dass sie hier verantwortungsbewusst sind.“ Es sei „Sache von Herrn Merz und der Union, das zusammen hinzubekommen“. Bei dem Thema gehe es um viele Millionen Menschen, die verunsichert seien, weil sie sich fragten, wie sie über die Runden kommen sollen.

Der Zusammenschluss junger Unions-Abgeordneter lehnt das im Kabinett beschlossene Rentenpaket als „generationenungerecht“ ab. Für die Sozialdemokraten ist die unveränderte Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2031 dagegen ein zentraler Bestandteil des Koalitionsvertrags. Forderungen nach Änderungen erteilte Schwesig so auch eine Absage.„Die Sicherung der Rente, das ist ein Kern des Sozialstaates“. Es gehe dabei nicht um eine Machtfrage für die SPD, sondern um eine existenzielle Frage der Bürgerinnen und Bürger. „Deshalb kämpfen wir so darum.“

Man habe ein „gutes Rentenpaket“ verabredet. „Das ist auch ein wichtiger Punkt für uns gewesen, den Kanzler zu wählen und diese Koalition einzugehen. Und deswegen erwarten wir vom Kanzler und vom Koalitionspartner, dass wir auch gemeinsam dieses Paket durchtragen“, stellte Schwesig klar.

Die Ministerpräsidentin rechnete vor, dass ein Rentner in Ostdeutschland durchschnittlich 1300 Euro im Monat erhalte. Ihr Fazit: „Miete und Lebensunterhaltungskosten, dann ist das praktisch schon weg.“ Das Rentenniveau müsse also gehalten werden, forderte Schwesig, die zudem darauf pochte, dass die Sozialdemokraten von ihrer ursprünglichen Forderung, das Niveau bis 2039 zu halten, abgewichen seien. Nun sei die Rentenkommission dafür zuständig, bis Sommer nächsten Jahres zu ermitteln, wie das Rentenniveau über die kommenden Jahre gehalten werden könne.

Es sei richtig, so Schwesig, beides zu diskutieren, „die Stabilisierung des Rentenniveaus, aber auch die Finanzierung.“ Es brauche aber auch „weitere Maßnahmen“, so Schwesig – die etwa die Frühstartrente sowie die Aktivrente ansprach. So sollen Familien mit Kindern ab sechs Jahren bei der Fürsorge unterstützt werden; das Modell der Aktivrente soll längeres Arbeiten über das reguläre Rentenalter hinaus attraktiver machen und damit das Rentensystem stabilisieren. Von beiden Modellen verspricht sich Schwesig Entlastung.

„Ich rechne damit, dass der Kanzler und die Koalition das zusammen hinbekommen“

Am Dienstag hat auch Bundeskanzler Merz die Änderungsforderungen der jungen Unionsabgeordneten erneut zurückgewiesen. Auf dem Arbeitgebertag in Berlin verteidigte der Kanzler am Dienstag den Gesetzentwurf seiner Regierung zur Rente. Im Dezember soll über das Rentenpaket abgestimmt werden. Sollte die Junge Gruppe mit ihren 18 Mitgliedern im Bundestag geschlossen gegen den Gesetzentwurf stimmen, würde dieser scheitern, da die Koalition dann nicht über die erforderliche Mehrheit verfügen würde.

Die möglichen Folgen einer scheiternden Abstimmung wollte sich Schwesig auf die Nachfrage von Moderatorin Sandra Maischberger zunächst nicht ausmalen. Sie legte dagegen Zweckoptimismus an den Tag. „Ich rechne damit, dass der Kanzler und die Koalition das zusammen hinbekommen“, so Schwesig.

Schließlich ließ die Ministerpräsidentin dann aber doch noch durchblicken, welchen Stellenwert das anstehende Votum aus ihrer Sicht hat. „Und wenn das nicht klappt?“, hakte Maischberger nach. Schwesigs Befund: „Das wäre nicht gut für Deutschland.“

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