• Der Handelsverband Deutschland zieht eine positive Bilanz, da sich der Verbrauch von Plastiktüten seit dem Verbot deutlich verringert habe.
  • Laut der Deutschen Umwelthilfe können viele Supermärkte wegen eines Tricks nach wie vor ganz legal "Schummeltüten" mit Einweg-Charakter anbieten.
  • Der Nabu fordert, auch weniger Einwegverpackungen zu verwenden, um den hohen Plastikverbrauch in Deutschland zu senken.

Antje Gerstein spricht von einer "Erfolgsgeschichte" – und damit meint die Geschäftsführerin des Handelsverbandes HDE nicht das gesetzliche Verbot der Plastiktüten, sondern die Selbstverpflichtung des Handels, die Einwegtüten zu reduzieren.

Handelsverband Deutschland zieht "durchweg positive Bilanz"

Die HDE-Chefin erklärt schriftlich: "Noch bevor die gesetzliche Pflicht wirksam wurde, konnte so der Verbrauch von dünnen Plastiktüten mit einer Wandstärke zwischen 15 und 50 Mikrometern massiv gesenkt werden. Die Branche zieht mit dieser Entwicklung eine durchweg positive Bilanz."

Der Verbrauch von Plastiktüten habe sich deutlich verringert und die Verbraucher nutzten häufiger die dickwandigen Beutel, die für die mehrfache Verwendung ausgelegt sind. Die dünnen Tüten seien zu großen Teilen aus den Läden verschwunden.

Gerstein spricht von einem Rückgang um 80 Prozent. Das zeige, dass es die Branche mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit ernst meine.

Deutsche Umwelthilfe kritisiert "Schummeltüten"

Das sieht aber nicht jeder so. Thomas Fischer zum Beispiel, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe. Das Verbot sei wichtig und habe Wirkung gezeigt, sagt Fischer. Das sei der positive Teil.

"Der negative ist, dass wir immer noch mit Einwegplastiktüten leben müssen. Warum? Wir haben festgestellt, dass es auch heute so viele Jahre nach dem offiziellen Verbot der Einwegplastiktüten noch immer leicht reißbare Tüten – so genannte Schummeltüten – gibt." Diese Schummeltüten hätten einige Märkte im Angebot, sagt Fischer – darunter Edeka, Netto, Norma oder Müller Drogeriemarkt.

Einige Supermarktketten hätten ihre Plastiktüten um den Bruchteil eines Haares dicker gemacht, nämlich 51 Mikrometer. "Das heißt, die Tüten, die heute noch millionenfach im Umlauf sind, haben immer noch diesen Einwegcharakter, werden aber legal angeboten." Fischer sieht hier den Gesetzgeber in der Pflicht. Entweder müsse der die vorgeschriebene Wandstärke anheben oder die gerade noch legalen Tüten verteuern.

Nabu fordert auch weniger Einwegverpackungen

Auch Indra Enterlein sieht noch viel Raum für Nachbesserungen. Enterlein ist bei der Umweltschutzorganisation Nabu für zirkuläre Wirtschaft zuständig. Wir Deutschen seien beim Thema Plastikmüll nicht so gut, wie viele denken. "Ich möchte es gerne mal einordnen: Die Verpackungsabfälle in Deutschland lagen im Jahr 2023 noch bei 250 Kilogramm. Und anders, als wir das vermuten würden, liegt der EU-Durchschnitt nur bei 178 Kilogramm pro Kopf pro Jahr."

Die Verpackungsabfälle in Deutschland lagen im Jahr 2023 noch bei 250 Kilogramm. Und anders, als wir das vermuten würden, liegt der EU-Durchschnitt nur bei 178 Kilogramm pro Kopf pro Jahr.

Indra EnterleinLeiterin Ressourcenpolitik beim NABU

Die Plastiktüten seien hier nur die Spitze des Eisbergs. Immerhin sei das Verbot der Tüten aber ein guter Testballon, so Enterlein. Es zeige nämlich, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher gerne bereit seien, auf Plastik zu verzichten. Man müsse aber früher ansetzen: "Wenn ich in einen Supermarkt gehe und mich umschaue, dann sehe ich als erstes sehr, sehr viele Einwegverpackungen. Und das ist eigentlich der Schlüssel: Dass man erst mal schaut, wie man die Verpackungen reduzieren kann."

Aufgabe der Politik sei es, dafür die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Umweltschonende Alternativen müssten günstiger werden als Plastik, um sie für die Hersteller attraktiv zu machen, sagt Enterlein. Ansonsten würden sie sich nicht durchsetzen.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.