Sechs Stunden hatten die schwarz-roten Koalitionsspitzen miteinander gerungen, in der Nacht konnten sie sich letztlich auf eine große Rentenreform und die Förderung der privaten Altersvorsorge einigen. Das Rentenpaket von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) wird nicht mehr geändert.

Die Reformpläne gehen aus dem Entwurf eines Begleittexts hervor, der zusammen mit dem Rentenpaket beschlossen werden und der WELT vorliegt. Ziel des Papiers war es auch, der Jungen Gruppe von Unionsabgeordneten entgegenzukommen, die angekündigt hatten, dem Rentenpaket in seiner jetzigen Form nicht zuzustimmen. WELT dokumentiert die Vereinbarungen im Überblick:

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Rente

Grundsätzlich soll es bei dem vereinbarten Rentenpaket bleiben. Dem „Begleittext“ des Papiers zufolge soll jedoch eine bereits angekündigte Rentenkommission schon im Dezember ihre Arbeit aufnehmen und bis Ende des zweiten Quartals 2026 Vorschläge für eine umfassende Reform vorlegen. Ausdrücklich soll die Kommission auch den Auftrag erhalten, eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit über das Rentenalter 67 hinaus zu prüfen. Dies war bisher immer ein Tabu für die SPD.

Für die Zeit nach 2031 wird in dem geplanten Begleittext konkret vor allem angekündigt, dass der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor weiterentwickelt werden soll. Dieser Faktor berücksichtigt die immer zahlreicheren Älteren so, dass die Ausgaben nicht aus dem Ruder laufen. Die Beitragssätze sollen für die kommenden zehn Jahre stabil bleiben.

Ein Schwerpunkt soll künftig auf die private und betrieblich Absicherung neben der gesetzlichen Rente gelegt werden. Mit den Dividenden eines Aktienpakets des Bundes im Volumen von zehn Milliarden Euro soll der Aufbau privater Vorsorge bei der jungen Generation durch den Bund unterstützt werden.

Die Union hofft, mit diesen Beschlüssen zu einer Grundsatzreform und den Milliarden zur Förderung einer privaten Altersvorsorge die Zustimmung der jungen Unionsabgeordneten zu gewinnen.

Hier liegt der Knackpunkt

Doch vor allem die Formulierungen zur Rentenkommission bergen die Gefahr neuen Streits innerhalb der Koalition. Denn Namen für die Sitze in der Arbeitsgruppe werden nicht genannt. Die Junge Gruppe pocht auf eine Beteiligung.

Lediglich: Die Kommission soll aus 13 Mitgliedern bestehen. Zwei Vorsitzende (einer vom Bundeskanzleramt gestellt, einer aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales) stehen drei Stellvertretern (je ein Politiker von CDU, CSU und SPD) vor. Streit zwischen Schwarz-Rot ist hier programmiert.

Dazu sollen insgesamt acht Wissenschaftler (vier von der Union vorgeschlagen, vier von der SPD) der Kommission angehören. Auch hier könnte es – wie schon im Fall der Verfassungsrichterwahl und die Personalie Brosius-Gersdorf – zu Unstimmigkeiten bei der Personalauswahl führen. Die Kommission soll im Dezember 2025 eingesetzt und ihre Arbeit zum 30. Juni 2026 abschließen.

Das Papier nennt ausdrücklich, dass man bei der Rentenreform 2026 auch über die „Einbeziehung weiterer Einkunftsarten in die Beitragsbemessung“ sowie die „Einbeziehung weiterer Gruppen in die gesetzliche Rentenversicherung“ reden müsse.

Verbrenner und E-Mobilität

Zudem haben sich Union und SPD im Koalitionsausschuss auf eine gemeinsame Position zur Zukunft von Neuwagen mit Verbrennermotor geeinigt. Merz sagte, er werde heute noch einen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schreiben, worin die Haltung der deutschen Regierung beschrieben wird. Darin werde die Regierung „darum bitten“, dass auch nach 2035 „hocheffiziente Verbrenner“ zugelassen werden können. Derzeit gilt, dass neue Autos ab 2035 kein CO₂ ausstoßen dürfen, was von Verbrennern kaum erreicht werden kann.

Laut Vorschlag der Koalition von Union und SPD sollen nun in der EU auch nach 2035 neben rein elektrischen Fahrzeugen auch Plugin-Hybride und E-Autos mit sogenanntem Range Extender zugelassen werden dürfen - das ist ein zusätzlicher Verbrennungsmotor, um während der Fahrt die Batterie aufzuladen.

Auch eine finanzielle Unterstützung der E-Mobilität wurde vorgeschlagen. So soll eine „Basisförderung von 3000 Euro festgelegt“ werden, heißt es in dem Beschluss. Die Förderung soll dann für Familien mit Kindern oder besonders niedrigen Einkommen aufgestockt werden können.

Förderfähig sollen Haushalte mit bis zu 80.000 Euro zu versteuerndem Einkommen sein, wobei die Grenze um 5000 Euro pro Kind steigt. Nur Privatpersonen können die Förderung erhalten und das Auto darf anschließend nicht sofort weiterverkauft werden.

„Bau-Turbo“

Auch das Bauen soll vereinfacht werden. In dem Begleitpapier verspricht sich Koalition eine Beschleunigung und Vereinfachung des Wohnungsbaus. So soll es unter anderem Vorrang für den Bau von neuen Wohnungen in angespannten Wohnlagen geben. Auch soll es bundeseinheitliche Fristen für Stellungnahmen seitens der Behörden geben. Schließlich sollen auch die Verfahren zur Aufstellung von Bebauungsplänen beschleunigt werden

Es war bereits der zweite Koalitionsausschuss in diesem Monat. Mitte November hatten sich die Regierungsparteien auf mehrere Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft verständigt. Dazu gehörten die Einführung eines staatlich subventionierten Industriestrompreises, die Senkung der Luftverkehrssteuer und ein Deutschlandfonds für Investitionen in Start-ups.

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