• Im Bundesländer-Vergleich fühlen sich weniger Befragte aus Sachsen-Anhalt sicher auf Großveranstaltungen.
  • Bei drei von vier Befragten spielen Absicherungen keine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen einen Weihnachtsmarktbesuch.
  • Ein Drittel der Befragten beruhigen die Absicherungen, ein weiteres Drittel dagegen belasten sie.

MDRfragt-Mitglied Thorsten war am 20. Dezember 2024 mit seiner Frau auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg: "Wir waren unmittelbar Zeugen des Anschlags und sehr schockiert über das Erlebte. Wir werden den Markt in diesem Jahr meiden." Er spüre, so der 64-jährige, dass die Ereignisse für ihn noch nicht abschließend verarbeitet seien. Auch Gabriel (32) war an dem Abend auf dem Markt: "Ich habe alles miterlebt als Ersthelfer. Es hat auch mich mitgenommen. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so hautnah an solch einer Tragödie dran bin." Wenige Tage vor Heiligabend 2024 fuhr ein Mann mit einem SUV über den Magdeburger Weihnachtsmarkt und tötete ein Kind und fünf Frauen. Er verletzte mit seiner Fahrt mehr als 300 Menschen. Für diese Tat steht der Mann seit Anfang November vor Gericht.

Auf Weihnachtsmärkten oder Konzerten fühlen sich weniger Befragte aus Sachsen-Anhalt sicher

In zahlreichen Kommentaren beschreiben Menschen aus der MDRfragt-Gemeinschaft, wie bei ihnen die Ereignisse aus Magdeburg bis heute nachwirken und ihr Sicherheitsgefühl beeinflussen. Diese Folgen schildern nicht nur Befragte, die am 20. Dezember vor Ort waren. Manche fühlen sich seitdem in Menschenmengen unwohl. Andere werden durch mobile Absperrungen wie Betonpoller daran erinnert, dass sich Menschen Weihnachtsmärkte als Ziel für Anschläge ausgesucht haben. In der aktuellen Befragung gibt jede und jeder Dritte (30 Prozent) an, sich aktuell beim Besuch von öffentlichen Veranstaltungen wie Konzerten, Fußballspielen oder auch Märkten in der Vorweihnachtszeit unsicher zu fühlen. Die große Mehrheit jedoch fühlt sich aktuell sicher: Zwei von drei Befragten (65 Prozent) geben das an. Dabei gibt es Unterschiede in den Bundesländern:

  • In Sachsen-Anhalt fühlen sich 6 von 10 Befragten (57 Prozent) sicher auf Großveranstaltungen.
  • Das geben 7 von 10 Teilnehmer der Umfrage aus Sachsen (69 Prozent) und Thüringen (66 Prozent) an.

Die Ergebnisse von MDRfragt sind aussagekräftig für die Stimmung in Mitteldeutschland. Sie sind nicht repräsentativ, weil keine Stichprobe gezogen wird und sich alle, die das möchten, mit ihrer Meinung einbringen können.

Wenige Wochen nach dem Anschlag zeigte eine Befragung des MDR-eigenen Meinungsbarometers noch ein deutlich anderes Bild des vorherrschenden Sicherheitsgefühls in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Im Januar 2025 gab knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) an, sich tendenziell sicher auf Großveranstaltungen zu fühlen. Bei der anderen Hälfte der Teilnehmenden (50 Prozent) dagegen herrschte da eher ein mulmiges Gefühl vor.

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Große Mehrheit macht Weihnachtsmarktbesuch nicht von Absicherung abhängig

"Wir Deutschen neigen oft dazu, die totale Sicherheit anzustreben. Doch die wird es nie geben", kommentiert Steffen (60) aus Halle. Er würde die Sicherheitsmaßnahmen daher beenden, da sie aus seiner Sicht unnötig Kosten verursachten. Heike (53) aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz findet: "Wenn ein Anschlag geplant wird und jede öffentliche Veranstaltung ein Hochsicherheitstrakt wird, findet der geplante Anschlag an anderer Stelle statt: Kaufhaus, Marktplatz, Café, Ausstellungen. Wer Böses will, findet Wege." Die beiden Kommentare der MDRfragt-Teilnehmenden stehen stellvertretend für viele andere Anmerkungen zu den Sicherheitskonzepten für Weihnachtsmärkte und andere Großveranstaltungen in der Vorweihnachtszeit. Nach dem Anschlag von Magdeburg hatten zahlreiche Kommunen unter anderem in Sachsen-Anhalt für diese Adventszeit die Sicherheitsmaßnahmen für die Märkte verstärkt.  

Im aktuellen Stimmungsbild geben drei Viertel der Befragten (73 Prozent) an, ihre Entscheidung für einen Weihnachtsmarktbesuch werde nicht von den Sicherheitsmaßnahmen beeinflusst. Für ein Viertel (26 Prozent) spielen Absicherungen wie Betonpoller, Videoüberwachung oder mehr Polizeistreifen dagegen eine Rolle.

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Der Vergleich der Altersgruppen zeigt, dass für jüngere Befragte die Sicherheitsmaßnahmen eine noch geringere Rolle spielen:

  • Bei allen Teilnehmenden zwischen 16 und 29 Jahren spielen die Absicherungen nur für jede und jeden Fünften (19 Prozent) eine Rolle bei den Entscheidungen zum Weihnachtsmarktbesuch.
  • Bei allen Befragten über 30 Jahren achtet jeder und jede Vierte (26 bzw. 27 Prozent) zumindest etwas darauf, wie die Märkte in der Adventszeit abgesichert sind.

Geteiltes Stimmungsbild: Weihnachtsgefühl trotz oder wegen Absicherungen?

"Man kann diese Sicherungsmaßnahmen farblich anmalen. Trotzdem lösen sie eben etwas in mir aus. Für mich sind diese Dinge etwas im Stadtbild, das mich in der Vorweihnachtszeit optisch stört. Man kann es ja schlecht ausblenden", schreibt Vincent-Maximilian. Ähnlich wie der 26 Jahre alte MDR-Teilnehmer machen auch zahlreiche andere Befragte ihre Sicht deutlich: Die teils massiven Absicherungen lassen bei ihnen einfach kein Weihnachtsgefühl aufkommen. Anderen wiederum vermitteln Betonpoller oder Videoüberwachung ein Gefühl der Sicherheit.

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Laut der aktuellen Befragung ist die Sicht der MDRfragt-Gemeinschaft auf die Absperrungen und Kontrollen geteilt. Jede und jeder Dritte (35 Prozent) empfindet die Sicherheitsvorkehrungen als "beruhigend". Ein ähnlich großer Anteil der Teilnehmer (31 Prozent) meint, die Absicherungen seien vor allem "belastend". Die sind für ein weiteres Drittel der Befragten (29 Prozent) sowohl belastend als auch beruhigend.

Die Umfrage zeigt außerdem: Frauen fühlen sich im Vergleich durch Betonpoller und sichtbare Polizeistreifen besser geschützt als Männer.

  • 4 von 10 Frauen (39 Prozent) empfinden die Absicherungen als "beruhigend".
  • Bei den Männern sehen das nur 3 von 10 Befragten (31 Prozent) so.

Über diese Befragung

An der Befragung "Glühwein und Gedränge: Ihr Blick auf die Vorweihnachtszeit" vom 23. bis 26. November 2025 haben 22.990 Menschen teilgenommen.

Bei MDRfragt können alle mitmachen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Thüringen oder Sachsen-Anhalt wohnen.
Unser Ziel ist es, die Vielfalt der Argumente sichtbar zu machen. Die Kommentare der Teilnehmenden helfen uns, die Gründe für unterschiedliche Positionen und das gesamte Meinungsspektrum abzubilden. 

Wir ziehen keine Stichprobe, sondern laden alle Interessierten ein, ihre Meinung einzubringen. Deshalb sind die Ergebnisse strenggenommen nicht repräsentativ. Aber: An den Befragungen beteiligen sich jeweils zehntausende Menschen aus den drei Bundesländern. MDRfragt wird zudem wissenschaftlich begleitet und überprüft. Die Ergebnisse werden nach bewährten Methoden gewichtet – anhand soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht und Bildungsgrad – und so an die tatsächliche Bevölkerungsverteilung in Mitteldeutschland angepasst. Dadurch sind die Ergebnisse aussagekräftig für die Stimmung im Sendegebiet.

Durch Rundungen ergeben die Prozentwerte bei einzelnen Fragen nicht immer exakt 100.

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