• Der frühere Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach kritisiert die schwarz-rote Koalition im Rentenstreit.
  • Die Abgeordeten der Union, die gegen das Rentenpaket stimmen wollen, müssen sich im "Beichtstuhlverfahren" erklären.
  • Die Linke will sich bei der Abstimmung am Freitag enthalten.

Im Streit um das Rentenpaket hat der frühere Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach die schwarz-rote Koalition scharf kritisiert. Der CDU-Politiker sagte MDR AKTUELL, das Problem sei der Kabinettsbeschluss. Man habe die Haltelinie für die Zeit nach 2031 beschlossen, obwohl die Rentenkommission ihre Vorschläge im kommenden Jahr vorstellen wolle. Da wäre die junge Gruppe mitgegangen, so Bosbach. Die jetzige Vorfestlegung sei das Problem. Deshalb müsste eigentlich die Fraktionsführung jetzt beichten und nicht die jungen Abgeordneten.

Die Fraktionsspitze der Union hatte die Abgeordneten, die bei der Abstimmung am Freitag im Bundestag gegen das Rentenpaket stimmen wollen, gebeten, sich bis Mittwochmittag zu melden. Unionsfraktionschef Jens Spahn will mit ihnen bis Donnerstag Einzelgespräche führen. In einer Probeabstimmung hatten am Dienstag mehrere Unionsabgeordnete mit Nein gestimmt. Die Junge Gruppe der Union hatte das Paket für "nicht zustimmungsfähig" erklärt.

Unions-Abgeordnete müssen sich im Beichtstuhlverfahren erklären

Bosbach sagte MDR AKTUELL dass nicht jeder, der in der Probeabstimmung dagegen gestimmt hat, auch im Plenum mit "Nein" stimmen werde. Wer das jedoch vorhat, müsse im sogenannten "Beichtstuhlverfahren" erkären, warum er oder sie gegen die Mehrheitsmeinung stimmen möchte. Gleichzeitig bekämen die Abgeordeten dann erklärt, warum es sinnvoller wäre, doch dafür zu stimmen, so Bosbach. Dass ein Abgeordneter vom Fraktionsvorsitzenden zu einem Vier-Augen-Gespräch gebeten wird, sei nicht selbstverständlich.

Bosbach rät für eine Mehrheit zu werben, aber nicht zu drohen. "Alle Formen der Drohungen haben überhaupt keinen Zweck. Dann versteifen sich die Positionen. Man ist aufeinander angewiesen. Man tritt in einer Frage gegeneinander an. Aber am nächsten Tag muss man ja wieder gemeinsam zusammenarbeiten."

Linke enthält sich bei Rentenabstimmung

Die Linken-Fraktion hat sich derweil auf eine Enthaltung bei der Abstimmung am Freitag festgelegt und damit die Verabschiedung des Gesetzes mit den Stimmen der Koalition erheblich erleichtert. Sollten sich tatsächlich alle 64 Abgeordneten der Linksfraktion enthalten, würde die erforderliche Mehrheit bei Anwesenheit aller anderen Abgeordneten auf 284 Stimmen schrumpfen. Die Koalition hat 328 Stimmen im Bundestag und damit einen Puffer von 44 Stimmen. 

Enthaltungen werden bei der Berechnung einer einfachen Mehrheit im Bundestag nicht mitgezählt. Es werden nur die Ja-Stimmen gegen die Nein-Stimmen aufgerechnet. Die SPD-Fraktionsführung geht von einer geschlossenen Zustimmung der 120 sozialdemokratischen Abgeordneten aus. In der Test-Abstimmung der Union gab es 10 bis 20 Gegenstimmen und etwa eine Handvoll Enthaltungen. Die wären bei einer Enthaltung der Linken zu verkraften.

Die Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek begründete das Abstimmungsverhalten in einer schriftlichen Mitteilung. "Wir werden nicht akzeptieren, dass das Rentenniveau noch weiter gedrückt wird, und haben uns als Fraktion deshalb entschlossen, uns bei der voraussichtlich am Freitag anstehenden Abstimmung zum Rentenpaket der Regierung zu enthalten", erklärte sie. "An uns wird es somit nicht scheitern, dass das Rentenniveau stabilisiert wird."

MDR, dpa (smk)

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