Migranten, die bei einem Verwaltungsgericht gegen einen negativen Asylbescheid klagen, müssen durchschnittlich ein Jahr auf ein Urteil warten. Das ergab eine Umfrage des Nachrichtenmagazins „Focus“ bei den 16 Justizministerien der Länder.
Allerdings weicht die Verfahrensdauer von Bundesland zu Bundesland teilweise deutlich ab. Während sich asylrechtliche Gerichtsverfahren in Rheinland-Pfalz im Schnitt lediglich sechs, in Bayern sieben und in Baden-Württemberg 7,5 Monate hinziehen, dauern sie in anderen Bundesländern oft länger als ein Jahr.
Schlusslicht ist Berlin. Hier vergehen 17,8 Monate bis zu einer Entscheidung. Die kann dann unter Umständen in weiteren Instanzen bis hin zum Bundesverwaltungsgericht, dem Bundesverfassungsgericht oder sogar dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angefochten werden. Dabei sollten Asylverfahren grundsätzlich nicht länger als ein halbes Jahr Zeit in Anspruch nehmen.
74,2 Prozent der Verfahren sind Asylklagen
Die lange Dauer hängt zum einen mit der hohen Zahl an Asylfällen zusammen. Bei den Verwaltungsgerichten in Baden-Württemberg etwa handelte es sich bei den Eingängen in den ersten drei Quartalen 2025 in 74,2 Prozent um Asylklagen. In Rheinland-Pfalz waren es 66 Prozent, in Niedersachsen 74,2 und in Bayern 59,8 Prozent.
Zum anderen spielen die fehlende Digitalisierung und der Personalmangel an den Verwaltungsgerichten eine Rolle. In Niedersachsen zum Beispiel sind derzeit 27 von 268 Richterstellen unbesetzt.
Experten erwarten, dass sich die Lage weiter zuspitzen wird. Nicht zuletzt durch das Ende des Bürgerkriegs in Syrien und der damit einhergehenden häufigeren Ablehnung von syrischen Asylbewerbern. „Wir gehen davon aus, dass die Belastung an den Verwaltungsgerichten in den kommenden Monaten deutlich zunimmt“, schätzt Karoline Bülow, erste Vorsitzende beim Bund Deutscher Verwaltungsrichter. Damit werde sich auch die Verfahrensdauer abermals verlängern. Außerdem warnt die Richterin am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg davor, dass die Masse an Asylklagen zulasten anderer Verfahren ginge.
Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, sieht in der zunehmenden Belastung der Verwaltungsgerichte ein „ernstes strukturelles Problem“. Er fordert die Straffung der prozessualen Abläufe und „klare Zuständigkeiten, digitale Verfahren und verbindlichere Mitwirkungspflichten der Beteiligten.“ Das entlaste die Gerichte nachhaltig und erhöhe gleichzeitig die Rechtssicherheit für die Betroffenen. Schutzsuchende hätten „Anspruch auf eine sorgfältige und zugleich zügige Entscheidung“.
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