Die Ukraine soll nach Recherchen der „New York Times“ die Korruptionsbekämpfung in staatlichen Schlüsselunternehmen systematisch sabotiert haben. Demnach schwächte die Regierung in Kiew gezielt die Aufsicht über Konzerne wie den Atomstromerzeuger Energoatom, den Netzbetreiber Ukrenergo und die staatliche Rüstungsbeschaffungsagentur: Aufsichtsräte seien mit loyalen Vertretern besetzt, Sitze absichtlich freigelassen, Satzungen umgeschrieben und Kompetenzen beschnitten worden, sodass unabhängige Experten Misswirtschaft und Bestechung kaum noch verhindern konnten. So seien Hunderte Millionen Dollar ohne wirksame externe Kontrolle geflossen.

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Besonders im Fokus steht laut Bericht ein mutmaßliches Korruptionssystem bei Energoatom, in das Vertraute Selenskyjs verwickelt sein sollen; allein dort gehe es um rund 100 Millionen Dollar. Politische Eingriffe in Aufsichtsgremien habe es den Recherchen zufolge auch bei Ukrenergo gegeben, während westliche Geldgeber trotz interner Warnungen vor „anhaltender politischer Einflussnahme“ Milliardenhilfen weiter auszahlten.

Ein exemplarisches Bild der Vorgänge zeichnet der britische Manager Tim Stone, der als unabhängiger Experte in den Aufsichtsrat von Energoatom einziehen sollte. Er berichtet, er habe eine Prüfung eines umstrittenen Reaktorprojekts veranlassen wollen, bei dem alte russische Anlagen für Hunderte Millionen Dollar angekauft werden sollten, sei aber ausgebremst worden. „Ich wollte eine Überprüfung dieser ,Franken-Reaktoren‘ veranlassen. Das Ganze war ein einziges Rattennest“, sagte Stone der „New York Times“.

„Russland wünscht sich, dass die Ukraine Fehler macht“

Der Kampf gegen Korruption in der Ukraine macht immer wieder Schlagzeilen. Ende November war der Stabschef von Präsident Selenskyj im Zuge von Korruptionsermittlungen zurückgetreten.

Der Rücktritt verschärft die Spannungen zwischen Selenskyj und seinen politischen Gegnern. „Russland wünscht sich sehr, dass die Ukraine Fehler macht“, sagte Selenskyj damals in einer Videoansprache. „Von unserer Seite werden keine Fehler passieren. Unsere Arbeit geht weiter.“

Anfang des Monats hatten die Behörden in der Ukraine erstmals eine weitreichende Untersuchung zu einem mutmaßlichen Schmiergeldsystem im Umfang von rund 87 Millionen Euro beim staatlichen Atomenergiekonzern Energoatom aufgedeckt.

Der Kampf gegen die Korruption und die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit im Land ist eine wesentliche Voraussetzung für den von der Ukraine angestrebten Beitritt zur Europäischen Union. Dieser wird von den Ukrainern als entscheidend für die Zukunft des Landes im Abwehrkampf gegen die russische Invasion angesehen. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte, Brüssel werde die Situation weiterhin genau beobachten.

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