Beim 21. Symposium des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat Verfassungsschutzchef Sinan Selen über Bedrohungen für Deutschland berichtet. Am Rande des Treffens beantwortete er WELT TV Fragen.

WELT: Herr Selen, Sie haben auf dem Symposium mit dem Titel „Zeitenwende - und jetzt? Die Rolle des BfV in Deutschlands Sicherheitsarchitektur“ sehr viel gesprochen über die geopolitische Lage, die Rolle des Bundesverfassungsschutzes und Deutschland in dieser Lage. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Bedrohungen? Und wie muss man mit ihnen umgehen?

Sinan Selen: Das Neue ist, dass wir eine Gleichzeitigkeit haben. Eine Gleichzeitigkeit zwischen hybriden Bedrohungen und Angriffen, Spionage, Sabotage, Cyberoperationen finden gleichzeitig statt. Wir haben darüber hinaus den internationalen Terrorismus und aktionsorientierte und gewaltbereite Extremisten. All diese Felder wirken gleichzeitig auf Deutschland ein und das ist eine ganz besondere Herausforderung und darauf müssen wir Antworten finden. Und darauf finden wir, das kann ich schon vorwegnehmen, auch Antworten.

WELT: In der vergangenen Woche ist der Verfassungsschutz in die Schlagzeilen geraten, wegen AfD-Chefin Alice Weidel, die Ihre Behörde direkt angegangen ist. Sie sprach von „Stasi-Spitzeln“ und kritisierte Stefan Kramer, Verfassungschef von Thüringen, persönlich. Wie bewerten Sie das?

Selen: Ich finde, wir sind gerade ein Gegenmodell zu dem, was gerade in den Medien dargestellt wurde, nämlich gerade ein Nachrichtendienst, der durch Rechtsstaatlichkeit geprägt ist, der durch viele Kontrollinstanzen geprüft und überprüft wird und auf der Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht. Und erlauben Sie mir das so zu sagen, ich glaube, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die täglich genau dafür einstehen und dieses Land gegen Bedrohungen von innen und außen verteidigen, haben Besseres verdient. Sie haben Respekt und Anerkennung verdient. Das gilt für jeden Mitarbeiter auf der Straße. Das gilt aber auch für die Leitungen der Landesämter für Verfassungsschutz.

WELT: Vor dem Hintergrund dieser Äußerungen von Alice Weidel kam jetzt auch in den Medien immer wieder die Frage auf: Wird sich das auswirken auf die Klage der AfD gegen die Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“. Wovon gehen Sie aus?

Selen: Lassen Sie uns einfach gemeinsam abwarten. Das Gericht wird eine Entscheidung treffen und dann sehen wir weiter.

WELT: Extremismus gibt es in vielen Formen hier in Deutschland, nicht nur von rechts, auch von links. Wir erleben eine sehr gewaltbereite linksextremistische Szene, die Kommunismus, die Anarchie fordert. Wie schätzt der Verfassungsschutz diese Bedrohung ein?

Selen: Wir sehen besorgniserregende Entwicklungen gerade in autonomen Szenen. Wir sehen besorgniserregende Entwicklungen im Linksextremismus, sehr aktionsorientiert, bis hin zu Brandstiftungen und Sabotageaktionen. Denken Sie beispielsweise an das, was hier in Berlin passiert ist, wo ganze Stadtteile mehr oder weniger im Dunkeln lagen. Das ist etwas, was wir im Blick behalten müssen. Was wir im Blick behalten müssen, ist aber auch die Links-Rechts-Auseinandersetzung. Das heißt also, Linksextremisten, die sogenannte politische Gegner angreifen, körperlich misshandeln und Angriffe verüben, die mitunter auch lebensgefährlich sein können. Das ist etwas, was mir wahnsinnig Sorge bereitet.

WELT: Eine weitere extremistische Bedrohung ist bei vielen Menschen im Kopf präsent beim Thema Weihnachten, Weihnachtsmärkte. Wir haben jetzt auch in Berlin eine Demonstration erlebt, wo israelfeindliche Parolen, aber auch islamistische Parolen gerufen wurden. Wie bewerten Sie die Bedrohung durch den islamistischen Terror gerade in dieser Zeit?

Selen: Das ist praktisch die zweite Säule, die ich gerade dargestellt habe. Die islamistische Bedrohung war nie weg. Sie ist auf einem hohen Niveau und wir haben auch zwei Faktoren, die Sie berücksichtigen müssen. Islamistischer Terrorismus findet nicht nur in Organisationen wie IS statt, sondern auch durch Radikalisierung im Internet. Junge Menschen, die durch radikale Inhalte dann zu einem Tatentschluss gebracht werden und als Einzeltäter Anschläge verüben. Das ist eine besondere Gefahr, mit der wir konfrontiert sind und dafür bieten bestimmte Organisationen aus dem extremistischen Feld auch einen Nährboden. Auch das müssen wir sehr genau im Blick behalten.

Hinweis: Dieses Interview wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz transkribiert und zur besseren Verständlichkeit leicht editiert.

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