Der Zoll darf den als Schiff der russischen Schattenflotte gelisteten Öltanker „Eventin“ samt Ladung vorläufig nicht einziehen und verwerten. Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht „begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einziehungsmaßnahmen“, wie das Gericht mitteilte. Das havarierte Schiff liegt seit fast einem Jahr vor Rügen.

Es sei rechtlich unklar, ob das Schiff trotz EU-Sanktionsregeln nicht wegen einer für Notfälle geltenden Ausnahme samt Ladung in das EU-Gebiet ein- und auslaufen dürfe.

Im Januar waren an Bord der „Eventin“ alle Systeme ausgefallen. Stundenlang war das Schiff manövrierunfähig in der Ostsee vor Mecklenburg-Vorpommern getrieben. Rettungsteams gelang es schließlich, auf See Schleppverbindungen zum Tanker herzustellen. Seit fast einem Jahr liegt der Tanker vor Rügen.

Laut BFH ist das Völkerrecht etwa hinsichtlich des Nothafenrechts zu berücksichtigen, nach dem in Notfällen die Einfahrt in einen Hafen gestattet wird.

Da die nun ergangene Entscheidung des BFH Ergebnis eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist, könnte der juristische Kampf um das Schiff in einem Hauptsacheverfahren noch weitergehen.

Das BFH bestätigte eine Entscheidung des Finanzgerichts Greifswald. Dieses hatte auf Antrag des Eigners Verfügungen zur Einziehung und Verwertung ausgesetzt. Gegen die Entscheidung des Greifswalder Gerichts hatte das Hauptzollamt Stralsund (HZA) Beschwerde beim BFH eingelegt.

EU zählt „Eventin“ zur sogenannten russischen Schattenflotte

Die EU zählt das rund 20 Jahre alte und mit rund 100.000 Tonnen Öl beladene Schiff zur sogenannten Schattenflotte, mit der Russland Sanktionen umgeht. Auf dieser Liste von Schiffen, die nicht mehr in Häfen von EU-Staaten einlaufen und auch nicht mehr von europäischen Unternehmen versichert, finanziert oder ausgerüstet werden dürfen, stehen inzwischen mehr als 550 Schiffe.

Der Eigner der „Eventin“, die Laliya Shipping Corp. mit Sitz auf den Marshallinseln, hat vor dem Gericht der EU gegen die Listung geklagt, die erst nach der Havarie erfolgt war. Als Grund gibt die Klägerin an, das Schiff habe „zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, sanktionierte Ölprodukte in die Europäische Union zu transportieren“.

Die Einfuhr in deutsche Hoheitsgewässer sei unfreiwillig aufgrund eines „technischen Defekts erfolgt und durch das Recht auf Anlaufen eines Nothafens gedeckt“. Auch die maßgebliche Definition für Schiffe der Schattenflotte passe nicht auf die „Eventin“.

Laut BFH war die „Eventin“ auf dem Weg von Russland nach Indien, einem wichtigen Abnehmer russischen Öls. Laut Branchendaten war das Schiff auch schon in der Vergangenheit wiederholt zwischen Russland und Indien unterwegs.

CDU-Kritik am Urteil des Bundesfinanzhofs

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter kritisierte die Entscheidung des Bundesfinanzhofs. „Hier hoffe ich, dass unsere Gerichte auch eine Zeitenwende vollziehen, denn es ist ein Schiff, das der russischen Kriegsfinanzierung dient“, sagte er im Interview mit WELT TV. Er hoffe, dass die Gerichte begriffen, „was hier auf dem Spiel steht“.

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