Der Hessische Landtag kann Verfassungsfeinden in Abgeordnetenbüros und Fraktionen künftig den Zugang zum Landtag sowie die staatliche Finanzierung verweigern. Dafür haben die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP am Donnerstag in Wiesbaden Änderungen des Fraktions- und des Abgeordnetengengesetzes beschlossen. Miriam Dahlke (Grüne) sprach in diesem Zusammenhang von einem „Demokratieschutzgesetz“ und bezeichnete Hessen als gutes Vorbild demokratischer Resilienz.

Mit der Gesetzesänderung können Mitarbeiter in Abgeordnetenbüros und Fraktionen dazu aufgefordert werden, einen Fragebogen auszufüllen, in dem sie erklären, ob sie in den vergangenen fünf Jahren wegen Straftaten verurteilt wurden oder Teil von verfassungsfeindlichen Bestrebungen waren.

Beschäftigte von Fraktionen und Abgeordneten können demnach vom 1. Februar 2026 an in einem dreistufigen Verfahren dahingehend überprüft werden, ob von ihnen eine Gefahr für den Landtag und die freiheitlich-demokratische Grundordnung ausgeht.

Nach einer ersten Selbstauskunft kann die Landtagskanzlei auch ein Führungszeugnis bei Behörden einholen. Anschließend können anlassbezogen zusätzlich Informationen beim Verfassungsschutz und beim Landeskriminalamt abgefragt werden. Betroffen sind alle rund 470 Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen im hessischen Landtag.

Es geht auch um Steuergeld. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Ingo Schon, erklärte: „Künftig erhalten nur noch diejenigen Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Praktikantinnen oder Praktikanten Zugang zu Ressourcen des Parlaments und eine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln, deren Verfassungstreue zweifelsfrei feststeht.“ Ziel ist es laut Schon, „dass es keinen Platz, kein Geld und keine Unterstützung für diejenigen gibt, die unsere Demokratie bekämpfen oder sie abschaffen wollen“.

„Angriffe von links, rechts und durch religiöse Extremisten“

Von einer „Selbstverteidigung der Demokratie“ sprach der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Oliver Stirböck. Dies sei nötig, „denn unsere Freiheit wird bedroht durch Angriffe von links, rechts und durch religiöse Extremisten, aber auch durch Spionage, Sabotage und Desinformation durch fremde Staaten“. Die Gesetzesänderungen nähmen die Mitarbeiter von Landtag und Fraktionen in die Pflicht: „Wer in der Herzkammer der Demokratie arbeitet, der darf nicht gegen diese Demokratie arbeiten.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Frank Grobe, kritisierte die Neuregelungen als „gezielte Attacke auf uns als politische Konkurrenz“. Die Regelungen seien gespickt mit unbestimmten Rechtsbegriffen und interpretationsfähigen Kriterien. Als Erkenntnisquelle solle ausgerechnet der Verfassungsschutz dienen, eine dem CDU-geführten Innenministerium unterstehende Behörde. Wenn von dort Daten geliefert würden, um der gesetzgebenden Gewalt Mittel zu entziehen, dann werde die Gewaltenteilung ad absurdum geführt.

Zudem könnten die Landtagspräsidentin und die Vizepräsidenten, in deren Kreis bislang kein AfD-Politiker gewählt wurde, laut Grobe „über die finanziellen Ressourcen der politischen Konkurrenz“ entscheiden. Dies widerspreche dem Gedanken von Minderheitenschutz und Chancengleichheit.

Während die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Miriam Dahlke, von einem „starken, parteiübergreifenden Bekenntnis zur Verteidigung unserer demokratischen Institutionen“ sprach, verwies ihre SPD-Kollegin Lisa Gnadl überdies auf andere Bundesländer. So habe das Nachbarbundesland Rheinland-Pfalz bereits eine vergleichbare Regelung getroffen. Auch der nordrhein-westfälische Landtag ist zu ähnlichen Entscheidungen gelangt.

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