Die Staatsanwaltschaft München hat ein Ermittlungsverfahren gegen den russisch-usbekischen Milliardär Alischer Usmanow gegen Zahlung einer Geldauflage von zehn Millionen Euro eingestellt. Gegenstand des Verfahrens war der Verdacht zweier Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft München hat Usmanow die Zahlung der Geldauflage bereits angewiesen. 8,5 Millionen Euro des Betrags soll der Staat erhalten, 1,5 Millionen Euro die Stiftung Opferhilfe Bayern sowie der Bayerische Landesverband für Gefangenenfürsorge und Bewährungshilfe e.V.
Die Einstellung nach einer Geldauflage ist kein Schuldeingeständnis, die Unschuldsvermutung bleibt unberührt. Die Staatsanwaltschaft betont, dass eine Geldauflage weder eine Geldstrafe noch eine sonstige strafähnliche Sanktion darstellt. Nach Erfüllung der Geldauflage ist eine Wiederaufnahme der Ermittlungen aufgrund desselben Tatverdachts ausgeschlossen.
Hintergrund des Gerichtsverfahrens ist die Aufnahme Alischer Usmanows in die EU-Sanktionsliste im Februar 2022 nach dem groß angelegten Angriff Russlands auf die Ukraine. Gelder und Ressourcen Usmanows galten seitdem als „eingefroren“ und mussten gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle angezeigt werden.
Die Staatsanwaltschaft München warf Usmanow vor, im Jahr 2022 über im Ausland ansässige Unternehmen rund 1,5 Millionen Euro für die Überwachung zweier Immobilien in Rottach-Egern gezahlt sowie Wertgegenstände nicht unverzüglich bei der zuständigen Behörde angezeigt zu haben. Usmanows Anwälte bestritten sowohl dessen Verbindung zu den Unternehmen und Wertgegenständen als auch die Anwendbarkeit der EU-Sanktionsvorschriften in diesem Fall.
Usmanows Anwalt Joachim Steinhöfel kritisiert gegenüber WELT die strafbewehrte Meldepflicht für sanktionierte Personen und verweist auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die frühere Regelung in Paragraf 23a des Außenwirtschaftsgesetzes. Ende 2022 wurde diese Vorschrift zwar aufgehoben, die Meldepflicht aber im Kern als Paragraf 10 des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes fortgeführt. Demnach müssen In- und Ausländer von EU-Sanktionen betroffene Gelder und Ressourcen der zuständigen Behörde unverzüglich melden.
Rechtsexperten halten den „Zwang zur Selbstanzeige“ für verfassungswidrig. So erklärte der Strafrechtler Kilian Wegner von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) bei seiner Stellungnahme für den Finanzausschuss im November 2022: Eine uneingeschränkte Meldepflicht verstoße gegen den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz „nemo tenetur se ipsum accusare vel prodere“; niemand ist verpflichtet, sich selbst zu verraten oder anzuklagen. Das Bundesverfassungsgericht habe „bereits mehrfach entschieden“, dass erzwingbare Auskunftspflichten, die zu einer Selbstbelastung führen können, nur dann mit der Verfassung vereinbar seien, wenn dem Betroffenen entweder ein Recht auf Auskunftsverweigerung eingeräumt oder sichergestellt wird, dass die erzwungenen Angaben nicht in einem Strafverfahren gegen ihn als Beweise verwertet werden können.
Alischer Usmanow kann im Kontext der EU-Sanktionen bereits auf einige juristische Erfolge zurückblicken. Eine Razzia auf seinem Anwesen am Tegernsee 2022 wurde vom Landgericht Frankfurt am Main für rechtswidrig erklärt. Ermittlungen wegen Geldwäsche gegen Usmanow wurden von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt eingestellt.
Gegen zahlreiche Medien setzte der Geschäftsmann Unterlassungsansprüche durch. So darf das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ nicht mehr behaupten, dass Usmanow als „Strohmann für Putin aufgetreten sei und dessen geschäftliche Probleme gelöst habe“. Der ARD wurde untersagt, die Behauptung zu verbreiten, Usmanow sei in einen Bestechungsskandal im Fechtsport verwickelt gewesen.
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