Nach Protesten im Iran zeigt sich Präsident Massud Peseschkian versöhnlich und reagiert mit einem Appell zum Dialog. „Ich habe den Innenminister angewiesen, mit Vertretern der Protestbewegung zu sprechen und ihre Forderungen zu berücksichtigen“, schrieb er in der Nacht zum Dienstag auf der Plattform X.
Die Sicherung der Lebensgrundlage der Bevölkerung sei ein zentrales Anliegen und stehe täglich auf seiner persönlichen Agenda, schrieb er weiter. Daher wolle er Reformen des Geld- und Bankensystems vorantreiben sowie Maßnahmen zum Erhalt der Kaufkraft einleiten.
In den vergangenen zwei Tagen war es in mehreren Geschäftsvierteln Teherans zu Protesten gekommen. Auslöser war die sich verschärfende Wirtschaftskrise. Der Kurs der nationalen Währung Rial war am Sonntag innerhalb weniger Stunden auf ein neues Rekordtief gefallen, was den Handel weitgehend lahmlegte und für Verwirrung auf den Märkten sorgte. Augenzeugen berichteten, Hunderte Ladenbesitzer hätten ihre Geschäfte geschlossen und andere aufgefordert, sich den Demonstrationen anzuschließen.
Die zunächst wirtschaftlich motivierten Proteste nahmen rasch eine politische Dimension an. Demonstranten riefen Parolen wie „Tod dem Diktator“ gegen das islamische System und forderten mit Rufen wie „Lang lebe der König“ sogar die Rückkehr zur Monarchie. Laut Augenzeugen setzte die Polizei Tränengas ein, um die Menschenmengen auseinanderzutreiben.
Die öffentliche Wut richtet sich auch direkt gegen Präsident Peseschkian. Ihm wird vorgeworfen, staatliche Mittel zur Unterstützung bewaffneter Gruppen in den palästinensischen Gebieten, im Libanon und im Jemen einzusetzen, statt die Nöte der eigenen Bevölkerung zu lindern.
Auch die staatliche Presse berichtete über die Proteste in mehreren Basaren und Einkaufszentren der Hauptstadt, vermied jedoch Hinweise auf die harschen politischen Parolen. In den sozialen Netzwerken kursierten Videos von großen Menschenmengen auf den Straßen, deren Echtheit allerdings nicht unabhängig verifiziert werden konnte.
Beobachter sehen einen möglichen Auslöser der Eskalation in den jüngsten Äußerungen von Außenminister Abbas Araqchi. Dieser hatte die internationalen Sanktionen gegen den Iran als „Problem, aber zugleich auch als Segen für das Volk“ bezeichnet. Kritiker fragten, wie Armut ein „Segen“ sein könne, und warfen der Regierung vor, jeglichen Bezug zur sozialen Realität verloren zu haben.
Proteste im Iran weiten sich auf weitere Städte aus
Die ursprünglich wirtschaftlich motivierten Proteste in Teheran sollen sich auch auf weitere Städte des Landes ausbreiten, wie Augenzeugen erzählten. Demnach kam es etwa bereits in Großstädten wie Isfahan und Kerman sowie auf der Insel Gheschm zu Kundgebungen.
Auch Studentengemeinschaften haben angekündigt, sich den Protesten anzuschließen. Dabei gehe es ihnen nicht nur um die desolate Wirtschaftslage, sondern um „grundsätzliche politische Fragen“, hieß es.
In der südöstlichen Stadt Kerman riefen Demonstrierende am Montag nach Angaben von Augenzeugen heftige Parolen gegen das islamische System und forderten grundlegende politische Veränderungen. Die Behörden setzten demnach verstärkt Polizei- und Sicherheitseinheiten ein. Mit dem Slogan „Habt keine Angst, wir sind alle zusammen“ ermutigten sich die Protestierenden den Angaben nach gegenseitig.
Die Angaben der Augenzeugen lassen sich bislang nicht unabhängig überprüfen. Lokale Medien berichteten zwar über die Proteste in den Basaren seit Sonntag, von politischen Parolen war allerdings nichts zu lesen. In sozialen Medien wiederum werden seit Beginn der Demonstrationen fortlaufend Berichte und Videos über Demonstrationen in vielen Städten mit harschen politischen Parolen gegen das islamische System geteilt. Diese Videos konnten zunächst nicht verifiziert werden.
Israels Auslandsgeheimdienst Mossad ermutigt Demonstranten
In einer seltenen Mitteilung ermutigte der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad die Teilnehmer der Proteste. „Lasst uns zusammen auf die Straßen gehen“, hieß es in einer Mitteilung des Mossad auf Persisch auf der Plattform X. „Die Zeit ist gekommen. Wir sind mit euch. Nicht nur aus der Ferne und Worten. Wir sind auch mit euch auf den Plätzen.“ Die „Jerusalem Post“ wertete dies als „seltene offene Bestätigung des Mossad in Bezug auf laufende Operationen im Iran“.
Die Inflation im Iran hat seit Monaten astronomische Ausmaße erreicht und macht selbst alltägliche Einkäufe unerschwinglich. Steigende Mieten zwingen zudem viele junge Iraner, wieder bei ihren Eltern einzuziehen.
Irans Nahostpolitik, der harte Kurs gegen Israel und das umstrittene Atomprogramm haben zu internationalen Sanktionen geführt. Insbesondere die Banksanktionen haben den Ölexport – die wichtigste Einnahmequelle des Landes – blockiert. Das Ergebnis dieser Politik führte laut Experten dementsprechend zur schwersten Wirtschaftskrise der iranischen Geschichte.
Die öffentliche Wut richtet sich auch gegen die Regierung von Präsident Massoud Peseschkian. Ihm wird vorgeworfen, staatliche Mittel zur Unterstützung bewaffneter Gruppen in den palästinensischen Gebieten, im Libanon und im Jemen einzusetzen, statt die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu lindern.
Nach dem Absturz der iranischen Landeswährung Rial gegenüber dem US-Dollar gab es dem iransichen Staatsfernsehen zufolge personelle Konsequenzen: Der Zentralbankchef Mohammed Resa Farsin sei zurückgetreten. Vor dem Rücktritt am Montag war bereits über einen solchen Schritt spekuliert worden. Farsin war seit 2022 im Amt.
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