Noch 1990 lag das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in Vietnam bei unter 100 Dollar pro Jahr. Seither hat sich viel getan: Die Wirtschaft wächst so stark wie kaum eine andere weltweit.

Am 23. Januar 1973 wandte sich US- Präsident Richard Nixon an seine Landsleute und verkündete das Kriegsende in Vietnam. Das bedeutete erstmal nur den Rückzug der US-Truppen. Der Frieden kam dann zwei Jahre später. Das Land war gespalten und ruiniert.

Es folgten Jahre erbärmlicher Armut, die bis in die 1990er-Jahre währte, so der Historiker Reiner Zitelmann, der sich intensiv mit der Geschichte Vietnams auseinandergesetzt hat. "Vietnam war 1990 das ärmste Land der Welt, also auch ärmer als alle afrikanischen Länder. Das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt lag bei 98 Dollar. Das war weniger als weniger als in Sierra Leone oder in Somalia."

Marcus Weyerer, Franklin Templeton Investments, zur wirtschaftlichen Lage Vietnames 50 Jahre nach Kriegsende

tagesschau24, 30.04.2025 09:00 Uhr

Auch deutsche Unternehmen in Vietnam

Während das Jahreseinkommen vor 35 Jahren im Schnitt bei 98 Dollar lag, sind es heute rund 5.000 Dollar. Das ist immer noch wenig, aber doch ein gigantischer Fortschritt. Die Wende begann 1986. Die Regierung sah sich aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Lage gezwungen, eine Öffnungspolitik mit dem Namen "Doi Noi" ("Erneuerung") einzuleiten. Das erlaubte ausländischen Unternehmen den Zugang zum Land.

Auch deutschen Firmen. Peter Buerstedde arbeitet für GTAI, eine Organisation, die deutsche Unternehmen bei Investitionen in Vietnam berät. Der große Durchbruch kam erst deutlich später, berichtet er: "Der große Zustrom an Auslandsinvestitionen kam erst mit dem Beitritt zur Welthandelsorganisation 2007, und zuletzt gab es 2018 noch ein Riesenschub mit den Strafzöllen auf China-Produkte unter der ersten Trump- Regierung."

Auf dem Weg zur Klimaneutralität

Steht Vietnam nun vor einem neuen Schub, weil es erneut vom Handelskonflikt zwischen China und den USA profitiert? Die Pläne sind ehrgeizig: 2045 möchte das Land zur Industrienation reifen. Und nicht nur das, so Buerstedde. "Vietnam will auch 2050 klimaneutral werden, wie viele andere Länder der Welt. Aber das ist noch ein weiter Weg für eine Wirtschaft wie in Vietnam, die noch für die Hälfte des Strombedarfs auf Kohle angewiesen ist."

Vietnam scheint sich selbst überholen zu wollen. Bis 2050 soll das Land zusätzlich einer der größten globalen Player in der Chipindustrie werden. Da hat Dietmar Schwank von der Österreichischen Wirtschaftskammer in Hanoi allerdings so seine Zweifel: "Bereits über 40 Halbleiterunternehmen aus dem Ausland haben in Vietnam investiert, doch das Land braucht bis 2030 rund 50.000 Fachingenieure im Halbleiterbereich, um mit der beabsichtigten Entwicklung mithalten zu können."

Billiglohnland mit massiven Wachstumsraten

Auch das DAX-Unternehmen Infineon, Deutschlands größter Hersteller für Halbleiter, produziert in Vietnam. Deutschland ist gut vertreten im Land, mit Luft nach oben, so GTAI-Experte Buerstedde: "Jedes Jahr kommen ungefähr fünf bis zehn Fabriken hinzu, es entwickelt sich also relativ stetig, aber das deutsche Engagement ist nicht zu vergleichen mit dem Engagement der Japaner, der Chinesen, der Taiwanesen oder der Koreaner, die hier mit Abstand die größten Investoren sind."

Noch ist Vietnam ein absolutes Billiglohnland. Das Lohnniveau liegt bei der Hälfte des chinesischen. Große Industrieparks laden Unternehmen aus aller Welt ein, die Infrastruktur ist gut, wenn auch ausbaufähig, und das Land glänzt mit Wachstum. In den vergangenen zehn Jahren betrug es jeweils im Schnitt sechs Prozent. Vietnam gehört damit zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt.

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