Donald Trump geht in seiner zweiten Amtszeit radikal gegen öffentliche Medien vor. Vor wenigen Tagen ordnete er an, die Finanzierung für die Sender National Public Radio (NPR) und Public Broadcasting Service (PBS) auf das rechtlich mögliche Minimum zu reduzieren. Mitte März hatte der US-Präsident bei den US-Auslandssendern das Licht ausgemacht. Jeff Gedmin ist der Chef des Nahost-Senders Middle Eastern Broadcasting Networks (MBN). Der Republikaner ist gegen Trump vor Gericht gezogen.
WELT: Wie hat Trump Ihren Sender geschlossen?
Jeff Gedmin: Am 14. März bewilligte uns der US-Kongress den Etat bis Herbst 2025. Am selben Abend unterzeichnete Trump ein Dekret, das unsere Finanzierung faktisch beendet. Am 15. März wurden die Mitarbeiter per E-Mail davon unterrichtet.
WELT: Wie hat MBN reagiert?
Gedmin: Zwei Dinge sind offensichtlich: erstens der Konflikt zwischen Weißem Haus und US-Kongress. Der Kongress hat hier Budgetvorrecht. Zweitens ist die Aufkündigung illegal, weil wir uns keiner materiellen Fehler schuldig gemacht haben. Wir haben dann versucht, mit Trumps zuständiger Medienbeauftragten Kari Lake ins Gespräch zu kommen. Aber alle Anrufe, E-Mails, Kontaktversuche über Dritte scheiterten. Was deutlich machte, dass sie nur ein Ziel haben: uns abzustellen.
WELT: Blieb nur der Gang vor Gericht?
Gedmin: Korrekt. Man kann sich gegen Trump wehren. Und gewinnen! Der US District Court in Washington D.C. entschied am 22. April, dass der US-Präsident nicht willkürlich Gelder wegnehmen darf, die der Kongress bewilligt hat. Trumps Anwälte haben dagegen Berufung eingelegt. Womöglich geht unser Fall noch im Mai an den Supreme Court.
WELT: Kann MBN jetzt wieder normal arbeiten?
Gedmin: Davon sind wir leider weit entfernt. Wir haben seit dem 1. Februar kein Geld mehr bekommen. Da wir keine Rücklagen bilden dürfen, mussten wir die Belegschaft von 450 auf rund 40 kürzen. Das haben wir gemacht, damit wir den freigestellten Kollegen zumindest noch mit dem verbliebenen Geld die Krankenversicherung zahlen können. Unser Programm ist auf das Minimum geschrumpft. Die Taktik des Weißen Hauses ist es, das juristische Verfahren so in die Länge zu ziehen, dass uns das Geld ausgeht. Trump kann unseren Kontostand einsehen. Und weiß, dass wir vielleicht nur noch sechs Wochen finanziell schaffen.
WELT: Was ist mit den entlassenen Journalisten?
Gedmin: Im Fall von MBN wie auch von anderen Auslandssendern wie Radio Free Europe/Radio Liberty – deren Direktor ich zweimal war –, sind die Folgen dramatisch. Wir konnten keine Abfindungen zahlen. Aber was womöglich noch schwerer wiegt: Das US-Visum vieler Mitarbeiter hängt von ihrer Stelle ab. Jetzt müssen sie in ihre Heimat zurückkehren – obwohl sie vielleicht ein Haus oder einen Mietvertrag abzubezahlen haben, Kinder in der Schule, hier in den USA gesundheitlich behandelt werden. Noch schlimmer ist es für Kollegen, denen in ihrer Heimat wir Iran oder Ägypten Einschüchterung, Gefängnis, Folter oder noch übleres droht.
WELT: Was sagt dieses Vorgehen über die Trump-Administration?
Gedmin: Dass Grausamkeit und Rache Teil davon sind. Man kann Sender schließen, wenn man möchte. Aber trotzdem human mit den Angestellten umgehen. Letztlich geht es auch nicht ums Geld. Das Geld ist da, der Kongress hat es genehmigt. Das Chaos, die Ungewissheit, die sie Tausenden Menschen aufbürden, scheint Trump und seine Leute derweil nicht zu belasten. Im Gegenteil, es beflügelt sie.
WELT: Welche positiven Lektionen nehmen Sie mit?
Gedmin: Am vergangenen Sonntagmorgen hatte ich eine Telefonkonferenz mit neun Anwälten. Neun! Die alle ehrenamtlich arbeiten. Als wir uns im März entschieden, vor Gericht zu gehen, sagten viele: Wie wollt Ihr es schaffen, gegen das riesige US-Justizministerium mit seinen vielen Angestellten? Habt Ihr keine Angst? Ich bin stolz, dass wir gezeigt haben, dass man sich gegen Trump wehren kann. Dass wir unsere Kollegen, unsere Mission, sogar in gewisser Weise den Kongress verteidigen. Ein Abgeordneter sagte mir vor ein paar Tagen: Danke, dass Ihr Euch für das Vorrecht des Kongresses einsetzt. Gern, habe ich geantwortet. Und hinzugefügt: Könntet Ihr vielleicht Dasselbe tun?
WELT: War er ein Republikaner?
Gedmin: In der Tat.
Stefanie Bolzen berichtet für WELT seit 2023 als US-Korrespondentin aus Washington, D.C. Zuvor war sie Korrespondentin in London und Brüssel. Hier finden Sie alle ihre Artikel.
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