- Das Budget für Eingliederungsmaßnahmen für Arbeitslose ist gesunken.
- Den Jobcentern fehlt insbesondere für Lohnkostenzuschüsse das Geld.
- Die neue Bundesregierung will "ausreichend" Mittel zur Verfügung stellen und muss nun beantworten, was das konkret heißt.
In den Jobcentern in Mitteldeutschland steht für die Qualifizierung und Eingliederung von Arbeitslosen immer weniger Geld zur Verfügung. Das bestätigten auf Anfrage von MDR AKTUELL mehrere Einrichtungen in Mitteldeutschland. Der Leiter des Jobcenters im Landkreis Leipzig, Felix Baumeier, sagte: "Wir haben definitiv sehr große finanzielle Sorgen". Befürchtungen über drastisch sinkende Mittel, die es bereits im Sommer vergangenen Jahres gab, seien eingetreten. "Das heißt, wir haben sehr viele Maßnahmen in diesem Jahr streichen müssen, zurückfahren müssen, um unser Budget einhalten zu können."
Nach Angaben von Baumeier ist der Etat, der für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung steht, um rund ein Drittel gesunken. Der Trend ist langfristig. Im Vergleich zum Jahr 2020 habe sich das Budget halbiert – bei erhöhter Zahl von Arbeitslosen und gestiegenen Kosten etwa für Personal aufgrund von Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst. Baumeier sagte: "Ich würde es so zusammenfassen, dass wir die Erwartungen von Arbeitgebern, der Gesellschaft, den Langzeitarbeitslosen und der Politik nicht erfüllen können derzeit."
Jobcenter übernehmen auch Sozialberatung
Das Jobcenter Salzlandkreis verweist in einer schriftlichen Antwort darauf, dass die Erwartungen in der Vergangenheit zugenommen haben: "Die Problemlagen der Kunden [sind] um ein Vielfaches komplexer und anspruchsvoller geworden. Damit sind auch die Anforderungen an die individuellen Hilfebedarfe gestiegen."
Das Jobcenter übernehme häufig "mannigfaltige Aufgaben der Sozialberatung und Hilfevermittlung". Das Gesamtbudget des Jobcenters – also für Verwaltung und Eingliederung – sei jedoch um 12 Prozent gesunken im Vergleich zum Vorjahr.
Kein Geld für Lohnzuschüsse an Arbeitgeber
Wie viel Geld für bei den Jobcentern für Eingliederungsmaßnahmen zur Verfügung steht, ist eine politische Entscheidung. Die abgelöste Ampel-Regierung hat in ihrem letzten Haushaltsentwurf an dieser Stelle Gelder gestrichen. Da bis heute kein regulärer Etat für das laufende Jahr im Bundestag beschlossen wurde, gilt eine vorläufige Haushaltsführung aus Basis dieses Entwurfs. Bundesweit ist das Eingliederungsbudget nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in der Folge um 100 Millionen Euro gesunken.
Der Leiter des Jobcenters in Jena, Matthias Welsch, hofft darauf, dass die neue Bundesregierung nun schnell einen Haushalt für 2025 aufstellt und mehr Mittel bereitstellt. Er beklagt, dass mit dem derzeitigen Budget insbesondere bei den wirksamsamsten Instrumenten zur Eingleiderung von Langzeitarbeitslosen gespart werden müsse. Als Beispiel nennt Welsch sogenannte 16i-Förderungen, bei denen das Jobcenter hohe Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber zahlt: "Leider haben wir davon kaum noch Fälle, weil das sehr teuer ist. Aber ungefähr die Hälfte derjenigen, die so gefördert wurden, konnten langfristig in Arbeit gebracht werden."
Den Erfolg der 16i-Maßnahmen bestätigt Felix Baumeier vom Jobcenter im Landkreis Leipzig. "Das war unser bestes Förderinstrument, weil nahezu jeder dauerhaft in Arbeit integriert werden konnte." Es sei aber auch das teuerste Instrument gewesen. "Das mussten wir schlicht und einfach komplett streichen, da es so teuer ist, dass wir das nicht mehr finanzieren können für die Zukunft."
Wie viel Geld für Eingliederung Langzeitarbeitsloser reicht?
Die neue Bundesregierung spricht das Thema in ihrem Koalitionsvertrag an. Dort heißt es: "Wir wollen sicherstellen, dass die Jobcenter für die Eingliederung ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Wir stärken die Vermittlung in Arbeit."
Doch wie viel Geld ist ausreichend? Die Bundesagentur für Arbeit will dazu keine Angaben machen. Sie schreibt: "Wie viel Förderung als notwendig und zielführend erachtet wird, ist am Ende immer auch eine politische Entscheidung." Die neue Regierung müsse die Schwerpunkte setzen.
Das Jobcenter im Salzlandkreis nennt weitere Faktoren, die bei der Finanzplanung berücksichtigt werden sollten. Dazu zählten demnach die Arbeitsmarktentwicklung und auch "regionale Rahmenbedingungen". Klar sei aber, dass bei einem höheren Budget "differenziertere, passgenauere und damit zielführendere Förderungen für unsere Kunden bereitgestellt werden" könnten.
Aus Sicht von Jobcenter-Leiter Baumeier müsste Schwarz-Rot Ziele formulieren. Anhand derer könne man den Finanzbedarf bemessen. Baumeier nennt ein Beispiel: "Wenn man sagen würde, jeder Bürgergeldbeziehende soll einmal im Monat im Jobcenter beraten werden und vorsprechen, dann bräuchten wir dafür locker doppelt so viele Fallmanagerinnen und Fallmanager wie bisher." Die Kosten lägen allein im Landkreis Leipzig bei drei bis vier Millionen Euro jährlich. Die Regierung müsse sich fragen, was ihr die Integration von Langzeitarbeitlosen in den Arbeitsmarkt wert sei.
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