Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hält eine Vereinbarung über eine Feuerpause in der Ukraine in den nächsten beiden Tagen für möglich. „Ich habe die große Hoffnung, dass es über dieses Wochenende eine Verabredung gibt für einen Waffenstillstand in der Ukraine“, sagte Merz am Freitag in Brüssel. Es gebe angesichts der von Russland erklärten dreitägigen Waffenruhe die „große Chance“, dass diese auf 30 Tage verlängert werde und „dann auch Verhandlungen über einen Friedensvertrag aufgenommen werden“ könnten, fügte Merz hinzu.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte angesichts der Gedenkfeiern zum Weltkriegsende am Freitag in Moskau einseitig eine dreitägige Waffenruhe angeordnet, die um Mitternacht in der Nacht zum Donnerstag in Kraft trat. Die Ukraine stimmte der Feuerpause nicht zu und fordert eine 30-tägige Feuerpause. Ein Vorschlag der USA sieht ebenfalls eine 30-tägige Waffenruhe vor.
Dieser Vorschlag werde auch vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk unterstützt, sagte Merz. „Wir haben ein gemeinsames Kommuniqué geschrieben, das weitgehend identisch“ mit dem Vorschlag der USA sei, erläuterte er. „Wir hoffen sehr, dass dies auch auf der russischen Seite akzeptiert wird“, fügte der Kanzler hinzu. „Der Ball liegt ausschließlich in Moskau.“
Verbündete beschließen Sondertribunal
Derweil beschlossen die Verbündeten bei einem Treffen in der westukrainischen Stadt Lwiw die Schaffung eines Sondertribunals zum russischen Angriffskrieg. Die Vorarbeiten zur Einrichtung des beim Europarat angesiedelten Tribunals seien abgeschlossen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die am Freitag vom ukrainischen Außenministerium veröffentlicht wurde. Das Richtergremium soll im niederländischen Den Haag angesiedelt werden und Top-Vertreter der russischen Führung zur Verantwortung ziehen.
Die Entscheidung dürfte auch als Signal an den russischen Präsidenten gedacht sein, bei der Militärparade erneut den Krieg gegen die Ukraine rechtfertigte. Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha sagte bei dem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Lwiw, er hoffe darauf, dass Putin und andere russische Regierungsmitglieder zur Rechenschaft gezogen werden.
Das Sondertribunal soll das „Verbrechen der Aggression“ gegen die Ukraine ahnden und die politischen und militärischen Verantwortlichen aus Russland zur Rechenschaft ziehen. „Es wird keine Straflosigkeit geben“, hatte EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Donnerstag betont. Für die Ahndung von Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg soll aber weiterhin der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zuständig sein.
Der IStGH hatte im März 2023 wegen des Vorwurfs der Zwangsdeportation ukrainischer Kinder im Zuge der russischen Offensive einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt. Der IStGH kann jedoch nicht gegen Moskau wegen des „Verbrechens der Aggression“, also die Entscheidung zum Angriff auf die Ukraine, vorgehen. Das Sondertribunal soll diese Rechtslücke nun schließen und Verantwortliche aus dem Kreml sowie dem russischen Militär vor Gericht bringen.
Selenskyj kündigt Treffen an
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigte ein Gipfeltreffen mit führenden europäischen Politikern in der Ukraine an diesem Samstag: „Wir bereiten uns darauf vor, in der Ukraine die Anführer der Koalition der Willigen zu treffen“, hieß es in einem am Freitag von seinem Pressedienst veröffentlichten Redeauszug. „Wir werden morgen Zusammenkünfte haben“, sagte Selenskyj demnach, ohne die Teilnehmer des hochkarätigen Treffens zu benennen.
Der sogenannten Koalition der Willigen gehören unter anderem Deutschland, Großbritannien und Frankreich an. Sie war im März nach dem Eklat zwischen Selenskyj und US-Präsident Donald Trump bei deren Treffen im Weißen Haus ins Leben gerufen worden. In der rund 30 Länder zählenden Gruppe werden zusammen mit Vertretern der Nato und der EU vor allem die möglichen Beiträge Europas zu einer Waffenruhe und zur Friedenssicherung in der Ukraine diskutiert.
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