In Moskau ist die ukrainische Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe von diesem Montag an auf Ablehnung gestoßen. Sie könnten sich ihre Friedenspläne „in den Hintern“ schieben, schrieb der Vizechef des russischen nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, auf Englisch auf der Plattform X. Der frühere Kremlchef äußerte sich in vulgärer Sprache zum Treffen der „Koalition der Willigen“ in Kiew, darunter auch Kanzler Friedrich Merz (CDU).
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte bei den Gesprächen mit Merz, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk Sanktionen an, sollte Russland der Waffenruhe ab Montag nicht zustimmen. Er beklagte erneut massive Angriffe: „Die Angriffe an der Frontlinie gehen weiter“, sagte der Staatschef bei einem Treffen der aus verbündeten Staaten. Russland habe nicht aufgehört, aus der Luft ukrainische Positionen und die Grenzgemeinden anzugreifen. Der russische Präsident Wladimir Putin habe nur für die Parade zum Tag des Sieges über Nazi-Deutschland am Freitag eine Waffenruhe vorgetäuscht. Das belege: „Wenn Moskau nicht töten will, dann können sie aufhören.“
Russisches Militär wirft Ukraine auch Verstöße vor
Parallel dazu hatte das russische Verteidigungsministerium noch einmal bekräftigt, die am Samstag weiter geltende Feuerpause einzuhalten. Die ukrainische Armee greife hingegen weiter an. Unter anderem habe es wieder ukrainische Versuche gegeben, über die Staatsgrenze in die russischen Gebiete Kursk und Belgorod durchzubrechen. Die russische Armee reagiere nur auf ukrainische Angriffe, hieß es.
Die Angaben der Kriegsparteien sind von unabhängiger Seite unmittelbar nicht überprüfbar. Die Ukraine wehrt sich seit über drei Jahren gegen die russische Invasion. Kiew hat mit westlicher Rückendeckung in ultimativer Form von Moskau eine 30-tägige Waffenruhe mit Start am Montag verlangt.
„Macron, Merz, Starmer und Tusk sollten in Kiew über Frieden sprechen. Stattdessen stoßen sie Drohungen gegen Russland aus“, sagte Medwedew dazu. Er fragte, ob es klug sei, Russland vor die Wahl einer Waffenruhe für die „Horden“ oder neuer Sanktionen zu stellen?
Drastisches Vokabular
Medwedew äußert sich immer wieder mit besonders drastischem Vokabular. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte vor Bekanntwerden des Ultimatums für Montag gesagt, Russland lasse sich von Sanktionen nicht abschrecken. Außerdem dürfe eine Waffenruhe nicht zu einem Vorteil für Kiew führen, sich militärisch neu aufzustellen. Als konkrete Bedingung für eine Waffenruhe von 30 Tagen nannte Peskow den Stopp von westlichen Waffenlieferungen an das Land.e Ukraine hat eine 30-tägige Waffenruhe im Krieg mit Russland bereits ab Montag angeboten. „Die Ukraine und alle Verbündeten sind bereit für eine vollständige, bedingungslose Waffenruhe zu Land, in der Luft und auf See für mindestens 30 Tage schon ab Montag“, schrieb der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha auf der Plattform X.
„Wenn Russland zustimmt und eine wirksame Überwachung gewährleistet ist, können ein dauerhafter Waffenstillstand und vertrauensbildende Maßnahmen den Weg zu Friedensverhandlungen ebnen.“
Zuvor hatten Selenskyj und „Koalition der Willigen“ demnach mit US-Präsident Donald Trump telefoniert. Selenskyjs Kanzleichef Andrij Jermak verbreitete ein Foto der Gruppe und schrieb von „historischen Momenten“.
Putin habe jetzt die Chance, zu zeigen, ob er es mit einem Frieden ernst meine, indem er einer 30-tägigen Waffenruhe zustimme, sagte der britische Premierminister Starmer. Bislang habe immer nur die Ukraine ihre Bereitschaft signalisiert. Die Verbündeten kündigten massive Verschärfungen der Sanktionen an, falls sich Russland verweigern sollte.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, man werde sich dafür einsetzen, „dass die Ukraine über robuste Sicherheitsgarantien verfügt, mit einem tragfähigen Armeeformat, einer Ausrüstung, die es ihr ermöglicht, weitere Angriffe abzuschrecken, mit Joint Ventures, Finanzierungen, aber auch mit angepassten Ausrüstungsformaten, und zweitens weiter an den Friedenstruppen arbeiten“.
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz sagte der Ukraine zu, „alles zu tun, um diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden“.
Russland stellt Bedingung
Russland hat von den USA und der EU als Voraussetzung für eine 30-tägige Feuerpause ein Ende der Waffenlieferungen an Kiew gefordert. „Andernfalls wird es einen Vorteil für die Ukraine geben“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow im Interview des US-Senders ABC.
Die Ukraine würde eine Waffenruhe dazu nutzen, um ihre „totale Mobilmachung“ fortzusetzen und neue Truppen an die Front zu bringen, um neues Personal auszubilden und den derzeitigen Kämpfern eine Atempause zu verschaffen, sagte Peskow.
„Warum sollten wir der Ukraine solch einen Vorteil verschaffen?“, fragte Peskow die US-Journalistin. Russland selbst komme gerade bei seiner Offensive in der Ukraine voran und habe die Initiative, betonte er. Der Kremlsprecher äußerte zugleich die Hoffnung, dass US-Präsident Trump seinen Einfluss auf die Ukraine weiter nutze und Moskau dabei helfe, Kiew zu Verhandlungen zu drängen. Er warf der Ukraine vor, sie wolle Verhandlungen aus dem Weg gehen.
Beide Kriegsparteien bezichtigen sich immer wieder gegenseitig, kein echtes Interesse an einem Ende der Kampfhandlungen zu haben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht inzwischen täglich auf die von Trump vorgeschlagene 30-tägige Waffenruhe. Sie soll die Voraussetzung bieten für Verhandlungen zur Lösung des Konflikts.
Sanktionsdrohung: Russland gibt sich betont gelassen
Russland regierte zunächst gelassen auf die Sanktionsdrohungen des Westens, sollte es der Feuerpause nicht zustimmen. Russland werde sich davon nicht einschüchtern lassen und habe sich ohnehin an die Strafmaßnahmen gewöhnt, sagte Peskow dem Staatsfernsehen in Moskau. „Wir stellen uns sogar schon vor, was wir nach der Verhängung dieser Sanktionen tun, wie wir ihre Folgen minimieren werden“, sagte Peskow. „Uns mit Sanktionen Angst zu machen, läuft ins Leere.“
Die EU und die USA haben Russland bereits mit zahlreichen Sanktionen belegt, um dem Land wirtschaftlich die Grundlage für die Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Ukraine zu nehmen. Auch westliche Experten bescheinigen der russischen Wirtschaft aber eine so nicht erwartete Robustheit. Zwar sind die vielen wirtschaftlichen Probleme unübersehbar, weil es etwa am einfachen Zugang zu westlicher Technik fehlt. Die Rohstoffgroßmacht nimmt aber weiter Milliarden etwa aus dem Öl- und Gasverkauf ein. Das Geld hält wiederum die Kriegswirtschaft am Laufen.
Noch bis Mitternacht (23.00 Uhr MESZ) gilt eine einseitig von Russland verhängte dreitägige Waffenruhe anlässlich der Feiern zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs. Die Kriegsparteien warfen sich in den vergangenen beiden Tagen immer wieder Verstöße gegen die Feuerpause vor.
Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren mit westlicher Unterstützung gegen eine russische Invasion.
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