Nach dem umstrittenen Auftritt der Grünen-Abgeordneten Jette Nietzard mit einem „ACAB“-Pullover im Bundestag regt sich weiter Kritik auch aus den eigenen Parteireihen. Der innenpolitische Sprecher der Bremer Grünen, der auch bei der Bundespolizei arbeitet, wirft Nietzard etwa vor, mit überzogener Provokation der Sache zu schaden: „Alle, die uns Grüne eh nicht mögen, stürzen sich auf so einen Fall natürlich“, sagte Michael Labetzke dem „Tagesspiegel“.

Zuvor hatte bereits Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Nietzard zum Parteiaustritt aufgefordert: „Ich verstehe überhaupt nicht, was die bei uns will“, hatte der Grünen-Politiker gesagt. Auch Felix Banaszak, Bundesvorsitzender der Grünen, bezeichnete Nietzards Beurteilung der Polizei als „inakzeptabel“. Dem schloss sich auch Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft an.

Der Slogan „ACAB“ („All Cops Are Bastards“), der im Punk-Milieu und auch in linken Kreisen verwendet wird, sei kein konstruktiver Beitrag zur Debatte über Polizeiarbeit und Verfassungsschutz. „Warum muss Jette Nietzard mit so einem Pulli ausgerechnet in den Bundestag reinrennen? Das ist das Herz unserer Demokratie. Ein guter Ort, um sich respektvoll zu benehmen“, sagte Labetzke, der auch das Amt als Co-Vorsitzender von PolizeiGrün innehat, weiter. „Provokation um jeden Preis, das hast du doch gar nicht nötig“, sagte Labetzke in Richtung der jungen Politikerin. Zwar sei „manche Kritik an der Polizei“ berechtigt, doch: „Man kann auch überziehen.“

Labetzke betonte zugleich, dass der Spruch ihn trotz seines Berufes persönlich nicht verletze: „Mich kann mit so einem Kram niemand beleidigen.“ Als Polizist habe er regelmäßig mit Menschen zu tun gehabt, die solche Parolen trügen: „Na und? Das juckt mich nicht.“

Gleichzeitig kritisierte Labetzke auch die Reaktionen auf den Pullover als überzogen. „Wie nun auf Jette Nietzard verbal draufgehauen wird, das geht zu weit“, sagte er und forderte stattdessen eine Rückkehr zur inhaltlichen Auseinandersetzung. Dabei hob er die Verantwortung der Grünen hervor, die Debatte um Polizei und innere Sicherheit „auf die Sachebene“ zu bringen. Labetzke setzt sich innerhalb der Grünen für eine evidenzbasierte Kriminalpolitik ein und verwies zugleich auf reale Missstände innerhalb der Polizeistrukturen.

Dennoch machte er klar: Pauschale Verurteilungen helfen nicht weiter. „Die pauschal vernichtende Kritik von Jette Nietzard an der deutschen Polizei ist falsch.“ Er forderte stattdessen von allen Beteiligten – auch vom „provokanten Nachwuchs“ – die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Eine Entschuldigung sei nicht nur angebracht, sondern notwendig: „Im Nachhinein gilt: Manchmal hilft es, sich aufrichtig zu entschuldigen.“

Kritik übte Labetzke auch an der Reaktion aus Polizeikreisen. Die Forderung des Bundespolizeigewerkschafters Heiko Teggatz, die Grüne Jugend vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, bezeichnete er als „Diskursverschiebung par excellence“. Mit Blick auf die AfD bemerkte Labetzke: „Zum Thema AfD-Verbot war von ihm noch nicht viel zu hören.“

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