Eigentlich sollte der Hersteller ArcelorMittal beim klimafreundlichen Umbau der Stahlindustrie in Deutschland vorangehen - mit finanzieller Hilfe aus der Politik. Nun sagt der Konzern das Milliardenprojekt ab.
Es ist ein Rückschlag für die Pläne zur klimafreundlichen Stahlproduktion in Deutschland: Der Stahlkonzern ArcelorMittal wird seine Werke in Bremen und Eisenhüttenstadt vorerst nicht auf "grünen" Wasserstoff umstellen. Das teilte das Unternehmen mit.
Der Bund und das Land Bremen hatten dem Unternehmen dafür eigentlich insgesamt Fördergelder in Höhe von 1,3 Milliarden Euro zugesagt. ArcelorMittal begründet seine Entscheidung mit fehlender Wirtschaftlichkeit und der geringen Verfügbarkeit von Wasserstoff. Man halte zwar daran fest, die CO2-Bilanz der Stahlproduktion zu verbessern. Es sei aber zunehmend unwahrscheinlich, die CO2-Reduktionsziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen.
Stahlherstellung ist größter CO2-Emittent
Die Transformation hin zu "grünem" Stahl war eines der zentralen Projekte von Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck; den Förderbescheid für die nun gestoppte Umstellung des Bremer Werkes hatte er persönlich überreicht. Wasserstoff wird als "grün" bezeichnet, wenn er auf Basis erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne hergestellt wird.
Die Stahlindustrie ist einer der größten CO2-Emittenten in Deutschland. Zugleich leidet die Branche unter hohen Energiekosten, was den Wettbewerb mit günstigeren Stahlanbietern insbesondere aus China erschwert. Dazu kommen die Unsicherheiten durch die US-amerikanische Zollpolitik.
"Schwerer Schlag" für Bremen
Der Bremer Senat kritisierte die Entscheidung. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte: "Dass Arcelor-Mittal sich von der Transformation der Stahlindustrie verabschiedet, ist nicht nur ein schwerer Schlag für den Bremer Wirtschaftsstandort und für die Zukunft der Hütte. Es ist vor allem ein schwerer Schlag für die Beschäftigten und ihre Familien." Der Senat habe unter großen Anstrengungen gut 250 Millionen Euro für den Umbau des Stahlwerkes bereitgestellt.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kündige an, seine Landesregierung werde sich nun um den Joberhalt bemühen. Man unternehme alles, um mit den Beschäftigten, dem Bürgermeister, dem Unternehmen sowie allen Beteiligten die Arbeitsplätze im Stahlwerk in Eisenhüttenstadt zu schützen. "Der Industriestandort Deutschland und Europa darf nicht gefährdet werden."
Sorge um Arbeitsplätze
Ursprünglich war geplant, dass die Hochöfen in Bremen und Eisenhüttenstadt bis 2030 ersetzt werden. In Bremen sollten eine sogenannte Direktreduktionsanlage und ein sogenannter Elektrolichtbogenofen aufgebaut werden, die ohne Kohle auskommen sollten. Der Vertrag mit der Bundesregierung über die Förderung von 1,3 Milliarden Euro sah eigentlich einen Beginn der Bauarbeiten für das Projekt bis Juni 2025 vor.
Stahlproduktion gilt wegen des Kohlebedarfs bisher als besonders klimaschädlich und braucht zudem viel Energie. Für die deutsche Wirtschaft spielt die örtliche Produktion aber immer noch eine wichtige Rolle. In der EU ist Deutschland der führende Produktionsort, weltweit gehört die Bundesrepublik zu den zehn wichtigsten Produzenten. Rund 88.000 Menschen arbeiteten laut Statistischem Bundesamt zuletzt in der Branche.
Stahlindustrie in der Krise
Das Bundeswirtschaftsministerium teilte mit, man bedaure die Entscheidung des Unternehmens. Das Ministerium betonte, dass noch keine staatlichen Gelder geflossen seien. Drei vergleichbare Vorhaben der Hersteller Salzgitter Flachstahl, Thyssenkrupp Steel Europe und SHS (Stahl-Holding-Saar) hätten Förderbescheide über zusammen rund 5,6 Milliarden Euro erhalten. An den Standorten der drei Unternehmen laufe die Umsetzung der Projekte bereits.
Die deutsche Stahlindustrie befindet sich in einer Krise. 2024 blieb die erzeugte Rohstahlmenge auf "Rezessionsniveau", wie die Wirtschaftsvereinigung Stahl mitgeteilt hatte. Den Unternehmen machten der enorme Zuwachs von Billigimporten aus China und nicht wettbewerbsfähigen Kosten für Strom schwer zu schaffen.
"Kein belastbares Geschäftsmodell"
Selbst mit finanzieller Unterstützung sei die Wirtschaftlichkeit der Umstellung auf "grüne" Stahlproduktion nicht ausreichend gegeben, sagte Reiner Blaschek, Chef der europäischen Flachstahlsparte von ArcelorMittal. "Die Rahmenbedingungen ermöglichen aus unserer Sicht kein belastbares und überlebensfähiges Geschäftsmodell."
Das Unternehmen hatte wiederholt erklärt, Voraussetzung für den Umbau der Stahlerzeugung seien wettbewerbsfähige Strompreise und ausreichend Wasserstoff. Der Wasserstoff ist aus Sicht der Energiebranche aber derzeit noch nicht ausreichend vorhanden und viel zu teuer.
Mit Informationen von Hans-Joachim Vieweger, ARD-Hauptstadtstudio.
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