Nur 80 Prozent vom Mindestlohn für Saisonarbeiter - das schlägt der Bauernverband vor. Agrarminister Rainer zeigt sich offen für die Forderung. Die SPD und Gewerkschaften reagierten mit deutlicher Kritik.

Sollen Saisonarbeiter vom Mindestlohn ausgenommen werden? Bundesagrarminister Alois Rainer hat sich in einem Zeitungsinterview offen für die Forderung von Bauernpräsident Joachim Rukwied gezeigt, den Mindestlohn für Saisonarbeiter zu kürzen. "Meine Fachleute prüfen, ob es einen rechtssicheren Weg gibt, Ausnahmen vom Mindestlohn möglich zu machen", sagte Rainer dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Rainer: Finanzielle Herausforderungen

Die Bundesregierung stehe grundsätzlich zum Mindestlohn, aber er nehme die Sorgen der Obst- und Gemüsebauern sehr ernst, sagte der CSU-Politiker. "Ohne die wichtige Unterstützung der Saisonarbeitskräfte könnten viele Betriebe ihre Ernte nicht einbringen", fuhr Rainer fort. "Gerade lohnintensive landwirtschaftliche Betriebe stellt die Erhöhungen des Mindestlohns vor finanzielle Herausforderungen", sagte der Minister.

Im Koalitionsvertrag sei außerdem vereinbart, kurzfristige Beschäftigung auf 90 Tage auszuweiten. So könnten nicht berufsmäßig tätige Saisonarbeitskräfte länger sozialversicherungsfrei beschäftigt werden. Rainer wies auch auf die Wiedereinführung der Agrardiesel-Subventionen hin, die Erleichterungen für Landwirte bringen sollen.

Rukwied spricht von gravierenden Folgen

Der Bauernverband hatte gestern Ausnahmen vom Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte gefordert. "Wir schlagen vor, dass sie 80 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns erhalten", sagte Bauernpräsident Rukwied der Rheinischen Post. Er argumentierte, Saisonarbeitskräfte hätten ihren Lebensmittelpunkt "schließlich nicht in Deutschland".

Rukwied mahnt seit Monaten, dass eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf ein Niveau von 15 Euro gravierende Folgen für die Landwirtschaft hätte. "Sollte dies ohne Ausnahmen für Saisonarbeitskräfte kommen, wäre das ein Strukturwandelbeschleunigungs- und Ausstiegsprogramm für viele Gemüse-, Obst- und Weinbaubetriebe", bekräftigte er nun in der Rheinischen Post.

Kritik am Vorstoß von SPD und IG BAU

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) reagierte mit deutlicher Kritik auf den Vorschlag des Bauernpräsidenten - ebenso die SPD.

"Der Name sagt es ja schon, Mindestlohn. Unter diese äußerste untere Grenze sollte das Entgelt nicht fallen, damit die Menschen einigermaßen davon leben können", erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Harald Schaum. Er verwies darauf, die schon jetzt in der Landwirtschaft häufig der Mindestlohn unterlaufen werde, indem Betriebe etwa die Kosten für Unterkunft und Verpflegung direkt vom Lohn abziehen.

SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf wies die Forderung des Bauernverbands jedoch zurück. "Das tragen wir auf gar keinen Fall mit", sagte er dem RND. "Es geht um das Recht von Menschen, mit Erwerbsarbeit einen armutsfesten Lohn zu bekommen. Da kann man die Saisonarbeiter nicht ausnehmen."

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