Das Verhalten der Union in der Debatte um die Senkung der Stromsteuer sorgt für Verärgerung bei der SPD. Die neue Partei-Chefin, Arbeitsministerin Bärbel Bas, erinnerte daran, dass der Beschluss zur genauen Gestaltung der Steuersenkung von Union und SPD gemeinsam gefasst worden sei. „Deshalb irritieren mich im Moment die Angriffe vonseiten der Union“, sagte sie im Deutschlandfunk. „Wir haben gesagt: Wir wollen erst die Wirtschaft entlasten, wir wollen Arbeitsplätze sichern“, sagte Bas.
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese warf der Union vor, durch ein Hin und Her die Koalition zu belasten. „Die hektische Absetzbewegung und Vielstimmigkeit einiger von CDU/CSU ist hier jedenfalls nicht nur nicht hilfreich“, sagte er der Mediengruppe Bayern – und fügte hinzu: „Die Union sollte sich kein Beispiel an den früheren öffentlichen Diskussionen der Ampel nehmen.“ Wiese forderte das CDU-geführte Kanzleramt auf, in der Debatte für Ordnung zu sorgen.
Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, als „Sofortmaßnahme“ die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken – also auch für private Verbraucher. Davon ist die Koalition jedoch abgerückt und hat das mit Haushaltszwängen begründet. An der Entscheidung gibt es breite Kritik – auch aus der Union.
Söder kritisiert „Rekordausgaben beim Bürgergeld“
Vor dem Koalitionsausschuss am Mittwoch dringen mehrere Unionspolitiker auf Einsparungen bei den Sozialausgaben und weiteren Entlastungen für Wirtschaft und Bürger. „Es kann nicht sein, dass wir beim Bürgergeld Rekordausgaben haben und deswegen andere wichtige Anliegen wie Entlastungen bei der Stromsteuer aufschieben müssen. Genau darüber wird im Koalitionsausschuss zu sprechen sein“, sagte CSU-Chef Markus Söder der Nachrichtenagentur dpa.
Nach Informationen der dpa soll es beim Koalitionsausschuss auch um eine weitere Senkung der Energiepreise gehen. Es solle besprochen werden, welche Ausgaben verzichtbar seien, um Spielräume für weitere Entlastungen zu schaffen, hieß es aus Regierungskreisen.
Laut Söder soll auch die Entscheidung zur Stromsteuer zur Sprache kommen. „Auch darüber müssen wir noch mal reden und eine Gesamtschau erstellen“, sagte der CSU-Chef. Er verwies in dem Zusammenhang auf Einsparpotenziale auch im sozialen Bereich: „Wir haben immer noch zu hohe Kosten beim Bürgergeld und anderen vergleichbaren Ausgaben.“ Der Sozialstaat dürfe „nicht geschreddert“ werden. Nötig sei aber ein grundlegendes Update etwa beim Bürgergeld.
Söder bezeichnete die Senkung der Stromsteuer für die Industrie als ersten Schritt. „Wir brauchen aber auch eine komplette Entlastung für den Mittelstand, das Handwerk“, sagte der bayerische Ministerpräsident. Es sei wichtig, dass alle Betriebe an der Senkung der Energiekosten teilhätten und nicht nur die Großunternehmen.
Unionsfraktion will Sozialausgaben senken – Kanzleramtschef bremst
Auch die Unionsfraktionsspitze fordert von der SPD Bewegung bei der Haushaltskonsolidierung und eine Senkung von Sozialausgaben. Fraktionschef Jens Spahn (CDU) sagte dem „Spiegel“, die Union werde sich drei Bereiche besonders ansehen. „Erstens: Die Kosten für das Bürgergeld laufen mit über 50 Milliarden Euro aus dem Ruder.“ Zweitens würden steigende Sozialbeiträge den Aufschwung abwürgen. „Deshalb braucht die Pflegeversicherung einen höheren Bundeszuschuss.“ Drittens lasse sich ein steigender CO₂-Preis nur rechtfertigen, wenn die Einnahmen fair zurückgegeben würden. „Weniger Subventionen für einzelne, günstigere Stromkosten für alle, das ist die Devise“, sagte Spahn.
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger (CDU), spricht sich dafür aus, bei den Ausgaben für das Bürgergeld und die Migration zu sparen. „In den anstehenden Haushaltsberatungen müssen wir konsequent übers Sparen sprechen“, sagte Bilger dem Nachrichtenportal „t-online“. „Wenn wir in der Koalition konsequent an den vereinbarten Zielen arbeiten, wird die Wirtschaft wieder in Schwung kommen und wir werden bei Migration und Bürgergeld beachtliche Einsparungen realisieren.“ Ein zukunftsfähiger Haushalt brauche klare Prioritäten – auch mit Blick auf die junge Generation. „Nur wenn wir ehrlich konsolidieren, gewinnen wir den nötigen Spielraum, um andere wichtige Vorhaben umzusetzen.“
Der Chef des Bundeskanzleramts, Thorsten Frei (CDU) äußert hingegen Zweifel daran, dass eine Senkung der Stromsteuer für alle durch eine Reform des Bürgergelds gegenfinanziert werden könnte. „Ich weiß nicht, ob das konsensfähig ist innerhalb der Koalition“, sagte Frei im Gespräch mit WELT TV. „Und das ist eben maßgeblich. Nicht das, was ich für sinnvoll und tunlich halte. Deswegen glaube ich, machen Spekulationen jetzt wenig Sinn. Wir werden uns über das Thema unterhalten müssen, und dann werden wir am Ende sehen, ob wir tatsächlich einen Weg finden können.“
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