Die Stromsteuer soll vorerst für Verbraucher nicht so stark gesenkt werden, wie es ursprünglich versprochen wurde. Eine entsprechende Einigung erzielten die Spitzen von Union und SPD bei ihrem zweiten Treffen im Koalitionsausschuss nicht.

Im Koalitionsvertrag hatte Schwarz-Rot versprochen: „Für schnelle Entlastungen um mindestens fünf Cent pro kWh (Kilowattstunde) werden wir in einem ersten Schritt die Stromsteuer für alle so schnell wie möglich auf das europäische Mindestmaß senken und die Übertragungsnetzentgelte reduzieren.“

Der Koalitionsausschuss hatte am Mittwochabend beschlossen, dass die Stromsteuer in der Tat für die Industrie gesenkt, doch „weitere Entlastungsschritte – insbesondere eine Senkung der Stromsteuer für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die gesamte Wirtschaft – erst folgen sollen, sobald hierfür finanzielle Spielräume bestehen“.

Sahra Wagenknecht hält das Handeln der Bundesregierung für Wortbruch. „Der Zustand von Schwarz-Rot ist jetzt schon auf Ampel-Niveau abgerutscht“, sagte die BSW-Vorsitzende WELT. Dass die eigentlich versprochenen Entlastungen bei der Stromsteuer nun nicht kommen, hält sie für den „nächsten Betrug am Bürger“. Die Koalition habe „in Rekordzeit Vertrauen verspielt“, so Wagenknecht.

„Die schwarz-rote Wortbruch-Politik schadet der Demokratie insgesamt“, sagte die BSW-Chefin. Es brauche eine Halbierung des Strompreises, etwa durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer beim Strom, schließlich sei der Strom in Deutschland schon jetzt viel zu teuer. Doch dies sei von der Bundesregierung nicht zu erwarten. „Alles, was das Leben der Bürger erleichtern könnte, steht unter Finanzierungsvorbehalt“, so Wagenknecht mit Blick auf eine entsprechende Formulierung im Koalitionsvertrag. „Die einzige Gemeinsamkeit ist der Schuldenrausch für das Wettrüsten.“

Merz und Spahn verteidigen Stromsteuer-Beschluss

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat das Nein der Koalition zur Stromsteuersenkung mit dem Argument der knappen Kassen verteidigt. Er wies in einer schriftlichen Erklärung darauf hin, dass auch private Haushalte, Handwerker und Mittelständler entlastet würden, wenn auch an anderer Stelle. „Mir ist bewusst, dass im Koalitionsvertrag eine noch höhere Reduzierung in Aussicht gestellt wird. Aber alle Pläne aus dem Koalitionsvertrag stehen unter einem Finanzierungsvorbehalt“, sagte der CDU-Chef. „Wir können nur das Geld ausgeben, das wir haben. Und wir geben viel Geld aus.“

„Wir wollen die Stromkosten weiter senken, wenn wir dafür den finanziellen Spielraum haben“, versprach Merz. Er betonte aber, dass die Bundesregierung „mit Ehrlichkeit“ handeln wolle. „Unsere öffentlichen Haushalte werden in den nächsten Jahren unter Druck geraten, sie werden viel häufiger von mir das Wort Konsolidierung hören.“

Auch Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) rechtfertigte die Entscheidung: „Wir halten gemeinsam an dem Ziel fest, die Stromkosten für alle deutlich zu senken. Wir wollen aber eben auch solide Finanzen“, sagte Spahn am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. „Und das ist nach drei Jahren Rezession dann nur in Schritten möglich.“

Spahn betonte, dass die Koalition einen Teil der versprochenen Entlastungen durch eine Senkung der Netzentgelte umsetze. Dies komme auch Privathaushalten zugute. „Und wir haben miteinander vereinbart, sobald der finanzielle Spielraum da ist, Wachstum da ist oder wir auch andere Maßnahmen zum Sparen finden, gehen wir den zweiten Schritt.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lobte bei einer Pressekonferenz nach einer gemeinsamen Präsidiumssitzung mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), dass die Bundesregierung im Koalitionsausschuss die Priorität der Wirtschaft bekräftigt habe. Dazu gehöre etwa, sich „so schnell wie möglich“ mit den USA bei der Zoll-Politik „auf ein vernünftiges Maß“ zu einigen. Was man nicht brauche, seien „endlos lange Verhandlungen“. Zudem habe man rund ein Jahrzehnt lang „steuerpolitischen Stillstand in Deutschland“ gehabt, das müsse enden.

„Noch mal durchrechnen“, fordert Wüst

Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, sprach von einem „fatalen Signal“. „Gerade in Zeiten hoher Lebenshaltungskosten“ bräuchten Verbraucher „spürbare Entlastungen“, sagte Engelmeier.

Hendrik Wüst (CDU) schob Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) die Verantwortung dafür zu, dass der Strompreis für die Verbraucher nicht gesenkt wird. „Es ist vor allem der Job des Finanzministers, das möglich zu machen – und es gibt eine Menge Möglichkeiten“, sagte der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens gegenüber „Politico“. „Die muss der Finanzminister noch mal durchrechnen und vorschlagen.“

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