• Grüne, Linke und AfD kritisieren Koalitionsentscheidung zur Stromsteuer
  • Kritik kommt auch aus der Wirtschaft und dem CDU-Arbeitnehmerflügel
  • Bundeskanzler Merz verweist auf bestehende Entlastungen für Privathaushalte

Der Verzicht auf eine Stromsteuersenkung für Privathaushalte hat breite Kritik ausgelöst. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann warf Bundeskanzler Friedrich Merz Wortbruch vor. Im ARD-Morgenmagazin sagte sie, die Koalition habe den Bürgern Entlastungen bei der Stromsteuer versprochen. Nun heiße es, dafür sei kein Geld da. Das sei "ein gebrochenes Versprechen".

Linken-Chefin Ines Schwerdtner sprach von einer "Beleidigung für die hart arbeitenden Menschen". Geld sei nur dafür da, was politisch gewollt sei, kritisierte sie. Zu Vorschlägen der Union, zur Finanzierung von Steuersenkungen beim Bürgergeld zu kürzen, sagte sie, es sei ein "falsches Spiel" hier die Armen gegen die Ärmsten auszuspielen. 

Die AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla erklärten in einer Mitteilung, es sei "völlig inakzeptabel, dass Union und SPD den einfachen Bürgern die im Koalitionsvertrag versprochene Entlastung bei der Stromsteuer verweigern". BSW-Parteigründerin Sahra Wagenknecht nannte die Entscheidung den nächsten "Betrug am Bürger". Die Koalition habe in Rekordzeit Vertrauen verspielt.

Wirtschaft spricht von fatalem Signal

Kritik kam auch von der Wirtschaft. "Die Stromsteuer-Entscheidung ist ein fatales Signal an die Wirtschaft zur falschen Zeit", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian: "Die Senkung der Stromsteuer war im Koalitionsvertrag versprochen und ist überfällig." Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, sagte: "Für überflüssige Rentengeschenke gibt es genug Geld." Beide kritisierten, dass die Stromsteuer nicht für alle Unternehmen abgesenkt werde. Wie die Privathaushalte sind auch kleinere Betriebe von der Steuerentlastung ausgenommen.

Diakonie-Bundesvorständin Elke Ronneberger mahnte, die gestiegenen Stromkosten seien vor allem für Haushalte mit geringen Einkommen eine immense Belastung. VdK-Präsidentin Verena Bentele betonte, viele Menschen würden im Stich gelassen: "Erst wurde Entlastung versprochen, dann kam die Kehrtwende." Die steigenden Nebenkosten entwickelten sich zunehmend zur zweiten Miete. Der CDU-Arbeitnehmerflügel CDA übte ebenfalls Kritik. CDA-Chef Dennis Radtke mahnte: "Diese Koalition hat nicht nur die Aufgabe, Deutschland wieder voranzubringen, sondern auch verlorenes Vertrauen in Politik wiederherzustellen."

Merz und Bas verteidigen Entscheidung

Bundeskanzler Friedrich Merz verteidigte die Beschlüsse des Koalitionsausschusses. Es gebe beim Strompreis eine breite Entlastung für Bürgerinnen und Bürger, Handwerker, Landwirte, Mittelständler und große Unternehmen beim Strompreis. Er fügte hinzu: "Mir ist bewusst, dass im Koalitionsvertrag eine noch höhere Reduzierung in Aussicht gestellt wird. Aber alle Pläne aus dem Koalitionsvertrag stehen unter einem Finanzierungsvorbehalt." Merz bekräftigte, man wolle die Stromkosten weiter senken, wenn es dafür den finanziellen Spielraum gebe.

Auch Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas stellte sich hinter die Entscheidung. Zunächst gehe es darum, Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft anzukurbeln. Erst danach solle geprüft werden, inwieweit auch Verbraucher entlastet werden können.

Union und SPD hatten in ihrem Ergebnispapier am Mittwochabend außerdem erneut auf andere beschlossene Maßnahmen verwiesen, die teilweise auch privaten Verbrauchern zugute kommen. Dabei geht es um die geplante Abschaffung der Gasspeicherumlage sowie die Teilübernahme der Übertragungsentgelte.

DPA, AFP, MDR (kre/dko)

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