Die Abstimmung im Bundestag über die Verfassungsrichter ist gescheitert: Die Wahl wurde von der Tagesordnung genommen. Die Unions-Fraktion hatte für eine der drei frei werdenden Stellen den Arbeitsrichter Günter Spinner nominiert, die SPD die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf und die Staats- und Verwaltungsrechtlerin Ann-Katrin Kaufhold. Dann aber eskalierte die Debatte.
01:50 Uhr – Brosius-Gersdorf steht für Gespräch mit Union bereit
Nach der vorerst gescheiterten Wahl dreier Verfassungsrichter durch den Bundestag will die SPD ihre umstrittene Richter-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf einem Bericht zufolge vor der Unionsfraktion auftreten lassen. Brosius-Gersdorf soll persönlich mit den Abgeordneten von CDU und CSU über ihre Kandidatur sprechen, wie „Bild“ am Freitag berichtete. Auch der „Tagesspiegel“ meldete, Brosius-Gersdorf stehe für ein offenes und klares Gespräch mit der Union bereit.
Laut „Bild“ hatte SPD-Fraktionschef Matthias Miersch bei einer am Freitagabend per Videoschalte einberufenen SPD-Fraktionssitzung die Idee eines direkten Treffens zwischen Brosius-Gersdorf und der Unionsfraktion unterbreitet. Er stünde mit Brosius-Gersdorf in engem Kontakt, sagte Miersch demnach und erklärte, diese wolle an ihrer Kandidatur festhalten.
Ein SPD-Abgeordneter aus der Fraktionsspitze sagte „Bild“: „Wir hoffen, dass die Bedenken gegen Brosius-Gersdorf bei dem Termin in der Unionsfraktion ausgeräumt werden können. Viele ihrer Positionen wurden völlig verdreht dargestellt.“
Laut Informationen des „Tagesspiegel“ will die SPD Brosius-Gersdorf keine lange Ungewissheit zumuten. Die Überlegungen gehen in Richtung einer Sondersitzung des Bundestages etwa im August, hieß es. Es bleibe definitiv bei Brosius-Gersdorf als Kandidatin. Es ist aus Sicht der SPD an der Union, in den eigenen Reihen für die verabredete Mehrheit zu sorgen.
01:30 Uhr – „Die einzigen Gewinner sind die Rechtsradikalen“, sagt Ralf Stegner
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner hat die gescheiterte Wahl scharf kritisiert und vor den Folgen für die schwarz-rote Koalition gewarnt. „Das ist ein Debakel“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Und die einzigen Gewinner sind die Rechtsradikalen. Wenn wir bei so kleinen Dingen schon anfangen zu scheitern, dann ist das Schiff in schwerer See, und zwar ziemlich schnell.“ Stegner fügte hinzu: „Es gab einen gemeinsamen Vorschlag. Und der ist nach Meldungen in irgendwelchen rechten Netzwerken verschwunden.“ Das könne nicht sein.
00:41 Uhr – Abgesagte Wahl laut Ex-Verfassungsrichter Huber „keine Katastrophe“
Nach der abgesagten Wahl dreier neuer Verfassungsrichter sieht das frühere Mitglied des Bundesverfassungsgerichts, Peter Michael Huber, keinen Schaden für das höchste deutsche Gericht, warnt aber gleichzeitig die Politik davor, die Debatte weiterzutreiben. „Es war sicher keine Sternstunde, dass diese Wahl abgesetzt werden musste, es ist aber auch keine Katastrophe“, erklärte Huber im Fernsehsender phoenix. Dass es im Parlament eine Zweidrittelmehrheit für neue Richter geben müsse, „impliziert, dass es auch mal danebengehen kann“. Wenn sich der Pulverdampf verzogen habe und die Besonnenheit zurückgekehrt sei, „wird auch der Schaden überschaubar sein“.
Allerdings müsse die Politik jetzt auch Grenzen der Auseinandersetzung erkennen. „Wenn diese Diskussion weitergeführt wird, kann das schon dazu führen, dass das Bundesverfassungsgericht, wie der amerikanische Supreme Court, Objekt der Polarisierung werden wird und seine Integrationsfunktion in Zukunft nicht mehr in der Weise wahrnehmen kann, wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist“, warnte Huber.
00:30 Uhr – Haßelmann drängt auf Sondersitzung des Bundestags: „Wollen keine Hängepartie“
Das vorläufige Scheitern der Richterwahl lässt aus Sicht von Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann das Bundesverfassungsgericht, die drei Richterkandidaten und auch das Parlament als Verlierer zurück. Das Gericht und die drei Kandidaten hätten „massiven Schaden genommen“ und auch dem Parlament hätten die Vorgänge „unglaublich“ geschadet, sagte Haßelmann im „heute journal up:date“ des ZDF. Sie sprach vom Eindruck einer fehlenden Fähigkeit, ohne die AfD Zweidrittelmehrheiten herzustellen.
„Dafür trägt Jens Spahn die Verantwortung“, sagte sie über den Unionsfraktionsvorsitzenden. Sie warf dem CDU-Politiker „Dilettantismus“ vor. Im Richterwahlausschuss hätten Union und SPD noch ihren gemeinsamen Vorschlag für die drei Kandidaten präsentiert, dieser habe dort auch eine Zweidrittelmehrheit bekommen. Haßelmann bekräftigte die Forderung ihrer Fraktion, für die Wahl schon kommende Woche in einer Sondersitzung des Bundestages einen Neuanlauf vorzunehmen. „Wir wollen doch keine Hängepartie über den ganzen Sommer“, sagte sie. Am Freitag ist der Bundestag eigentlich in die parlamentarische Sommerpause gestartet.
19:00 Uhr – Ex-Verfassungsrichter: Wahlabsage hat Folgen für Karlsruhe
Die abgesagte Wahl hat nach Aussage des ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, auch Folgen für die Arbeit des höchsten deutschen Gerichts. Die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Verfassungsgerichts sieht Kirchhof durch die gescheiterte Wahl zwar nicht gefährdet, weil ausscheidende Richter ihr Amt fortführen müssen, bis ein Nachfolger gewählt ist, wie er bei „ZDF heute live“ sagte. Jedoch werde das Gericht voraussichtlich nur noch kurze Verfahren durchführen können, denn „Richter müssen immer in derselben Besetzung in einer Sache entscheiden, von Anfang bis zu Ende“. „Die schwierigen, die langen Verfahren werden aufgeschoben und erst wieder gestartet, wenn der Senat in neuer Besetzung vollständig ist.“
Kirchhof zeigte sich „etwas erstaunt, dass man nicht eine Lösung gefunden hat, die in dem Wahlausschuss schon vorher abgestimmt war und auch mit den Fraktionen abgestimmt worden ist.“ Der 75-Jährige sprach von einer „Panne in einer Personalauswahl, von der man sich eigentlich vorgenommen hat, dass sie im Konsens und ohne Aussprache oder gar Angriff auf eine Person geschieht“. Wissenschaftlich sieht er Brosius-Gersdorf „natürlich überhaupt nicht beschädigt“. Gleichzeitig sagte Kirchhof: „Es ist neu und unerfreulich, dass eine Kandidatin so sehr ins Licht der Öffentlichkeit in negativer Weise gezerrt wird.“
Kirchhof war von 2007 bis 2018 Verfassungsrichter. Von 2010 an war auch er Vizepräsident und Vorsitzender des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts.
18:26 Uhr – Miersch: „Halten an unseren Kandidatinnen fest“
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch schließt nach der geplatzten Richterwahl eine Lösung über einen Kompromisskandidaten mit der Union praktisch aus. „Für mich ist klar: Wir halten an unseren Kandidatinnen fest. Ich erwarte, dass die Mehrheit steht“, schrieb Miersch in einer persönlichen Erklärung zum Beginn der parlamentarischen Sommerpause. Die gelte zumal, da Vorwürfe eines Plagiats von dem eigentlichen Verfasser nicht aufrechterhalten würden. Eine herausragende Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht mit einwandfreiem Werdegang und bester Qualifikation sei „Opfer einer beispiellosen Schmutzkampagne“ geworden, betonte Miersch und stellte sich damit vor die Jura-Professorin Frauke Brosius-Gersdorf.
„Der heutige Tag hätte sich nie so abspielen dürfen, gerade weil wir unsere Kandidatinnen mit der Unionsführung abgestimmt haben. Wir haben uns auf den gemeinsamen Vorschlag geeinigt“, schreibt Miersch. Entsprechend habe der gemeinsame Vorschlag am Montag die nötige Zweidrittelmehrheit im Richterwahlausschuss erhalten. Die Wochen der parlamentarischen Sommerpause müssten zwingend genutzt werden, um den Vorgang mit der Union in aller Gründlichkeit aufzuarbeiten.
17:56 Uhr – Justizministerin: Absage der Richterwahl verantwortungslos
Durch die abgesagte Richterwahl im Bundestag ist aus Sicht von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) ein Schaden verursacht worden, der vermeidbar gewesen wäre. „Wer gezielt Ämter und Personen beschädigt, gefährdet die Integrität unseres demokratischen Gemeinwesens“, sagte die Ministerin der „Rheinischen Post“. „Der Vorgang ist beispiellos und verantwortungslos und produziert sehr viele Verlierer.“
17:01 Uhr – SPD-Vize Rehlinger attestiert Union Führungsschwäche
SPD-Vize Anke Rehlinger kritisiert die Vorgänge um die geplatzte Wahl scharf und bescheinigt der Unionsspitze Schwierigkeiten. „Ich bin entsetzt. Es scheint ein Führungsproblem in der Union zu geben“, sagte die saarländische Ministerpräsidentin der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. Sie verwies darauf, dass die Personalien seit Wochen bekannt waren. Die Union habe Zustimmung signalisiert und dann überraschend keine eigene Mehrheit dafür sichern können.
„Und dann wird eine hochqualifizierte Kandidatin mit persönlichen Angriffen diskreditiert“, sagte die SPD-Politikerin mit Blick auf die von der SPD vorgeschlagene Juraprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf. Rehlinger, die zurzeit auch Präsidentin des Bundesrats ist, kritisierte: „Die Reputation des Bundesverfassungsgerichts wird durch diese Kampagne auf unverantwortliche Weise beschädigt.“
16:27 Uhr – Immer mehr Verbände beklagen „Kampagne“ gegen Brosius-Gersdorf
Auch drei Juristinnenverbände beklagen eine „Kampagne“ gegen Frauke Brosius-Gersdorf. „Wenn politische Akteure Kandidatinnen nach Abschluss von Einigungsprozessen und ohne stichhaltige Belege in letzter Minute aus dem Verfahren drängen, untergräbt das das Vertrauen in die Stabilität und Neutralität unserer Verfassungsorgane“, heißt es in einem gemeinsamen Statement des Deutschen Juristinnenbundes e.V. (djb), der Neuen Richter*innenvereinigung e.V. (NRV) und des Deutschen Frauenrats e.V. (DF). Richter-Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht würden eingehend auf ihre Qualifikationen und ihre persönliche Eignung geprüft. Für die aktuellen Vorgänge gelte: „Der Schaden für Demokratie und Rechtsstaat ist immens.“
15:28 Uhr – Uni sieht derzeit keinen Anlass zur Prüfung von Brosius-Gersdorfs Doktorarbeit
Die Universität Hamburg sieht aktuell keinen Anlass, die Doktorarbeit der Bundesrichter-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf zu überprüfen. Das machte die Universität auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur deutlich. Der österreichische Plagiatssucher Stefan Weber hatte am Donnerstag auf Übereinstimmungen zwischen der Dissertation Brosius-Gersdorfs und der Habilitationsschrift ihres Ehemanns hingewiesen.
Die Universität Hamburg erklärte, erste Anlaufstelle für Hinweise auf mögliches wissenschaftliches Fehlverhalten sei die Ombudsstelle der Hochschule, oberstes Gebot der Ombudsarbeit sei die Vertraulichkeit. Die Ombudsstelle werde tätig, wenn hinreichend belegte Hinweise auf einen möglichen Verstoß gegen die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis an sie herantragen würden. Eine Veröffentlichung von Hinweisen auf einer externen Website stelle keine Meldung im Sinne der Satzung dar und stehe nicht im Einklang mit der satzungsgemäßen Vertraulichkeit, so die Hochschule.
15:23 Uhr – SPD-Frauen beklagen „antifeministische Hetzkampagne“
Die SPD-Frauen, die Frauenorganisation der SPD, verurteilen in einem Statement die Vorgänge um die abgesagte Wahl. Es handle sich um eine „antifeministische Hetzkampagne“ gegen Frauke Brosius-Gersdorf, die einen „Backlash“ in der Gesellschaft zeige. Man werde nicht zulassen, „dass Antifeminismus wieder salonfähig wird“, schreiben die beiden Bundesvorsitzenden der SPD-Frauen, Maria Noichl und Ulrike Häfner. Man könne einen „gezielten Versuch“ beobachten, „starke Frauen aus dem öffentlichen Raum zu drängen“. Und weiter: „Wer Frauen wie Frau Brosius-Gersdorf öffentlich diffamiert, weil sie sich für die reproduktive Selbstbestimmung von Frauen einsetzt, greift unsere demokratischen Grundwerte an.“
15:15 Uhr – Dann gehe das Land „kaputt“ – Klingbeil kritisiert Union
SPD-Chef Lars Klingbeil äußert Kritik an der Union. Führung und Verantwortung seien nicht für Sonntagsreden. „Sondern wenn hier strittige Abstimmungen sind, dann muss es Führung und Verantwortung auch geben“, sagte der Bundesfinanzminister in einer Haushaltsrede im Bundestag. Das bedeute auch, dass man manche schwierige Entscheidungen mittragen müsse. „Das ist der Wert eines Kompromisses.“ Klingbeil sprach von einer „sehr klaren Erwartung“.
Klingbeil sagte, die Gleichheit der Geschlechter und das Selbstbestimmungsrecht der Frauen hätten in Deutschland zu Recht Verfassungsrang. „Das zu schützen ist übrigens Aufgabe von Richterinnen und Richtern, erst recht am Bundesverfassungsgericht.“ Es habe in Deutschland immer Kontroversen zum Paragraphen 218 und zu Fragen der Abtreibung gegeben. Die SPD habe eine klare Position. „Aber wir respektieren andere Meinungen.“ Das Land gehe „kaputt“, wenn politische Debatten immer nach dem Motto geführt würden: Wer nicht zu 100 Prozent der eigenen Meinung sei, sei ein Gegner, so der SPD-Chef.
„Wenn eine Richterin eine kritische Position zu 218 hat, dann ist das mehr als legitim in unserem Land. Das Bundesverfassungsgericht ist eine der wichtigsten Institutionen unseres Landes, und es lebt von Unabhängigkeit und von Vertrauen“, sagte Klingbeil. Es habe im Bundestag immer einen breiten Konsens der demokratischen Mitte gegeben zur Ernennung von Richterinnen und Richtern. „Und das ist heute nicht passiert.“
14:50 Uhr – Deutscher Anwaltverein kritisiert parteipolitischen Streit
Der Deutsche Anwaltverein hat sich entsetzt über die gescheiterte Wahl dreier neuer Verfassungsrichter gezeigt. Man bedauere, dass die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts zunehmend in parteipolitischen Streit und tagesaktuelle Auseinandersetzungen hineingezogen werde, sagte Ulrich Karpenstein, Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV), dem „Tagesspiegel“.
„Völlig inakzeptabel ist es, wenn Kampagnen gegen designierte Kandidatinnen und Kandidaten betrieben und dabei wissenschaftlich vertretbare Äußerungen aus ihrem Kontext gerissen werden. Wenn dies Schule macht, würde nicht nur das Richterwahlverfahren, sondern das Bundesverfassungsgericht als solches beschädigt“, so Karpenstein. Im Deutschen Anwaltverein sind über 60.000 Rechtsanwälte organisiert.
14:41 Uhr – Reichinnek befürchtet Annäherung an „blau-schwarze Koalition“
Die Linke der Union eine Annäherung an die AfD vor. „Wie die Union die von ihrer Koalitionspartnerin vorgeschlagene Kandidatin attackiert und diskreditiert, ist unwürdig“, erklärte Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek schriftlich. „In trauter Einigkeit mit Rechtspopulisten und Rechtsextremisten hat die Union eine Kampagne gefahren, die nicht weniger als skandalös ist.“
In einem Statement im Bundestag ergänzte Reichinnek, Unionsfraktionschef Jens Spahn habe für den Richtervorschlag der Union bewusst Stimmen der AfD in Kauf genommen. „Für mich zeichnet sich am Horizont auch nach heute immer deutlicher eine blau-schwarze Koalition ab“, sagte Reichinnek.
13:40 Uhr – Union will sich noch einmal besprechen
13:30 Uhr – Linke: „Beschädigung einer der wichtigsten Institutionen“
Die Thüringer Justizpolitikerin Ulrike Grosse-Röthig (Linke) wirft Bundeskanzler Merz und Unionsfraktionschef Spahn (beide CDU) vor, das Bundesverfassungsgericht beschädigt zu haben. Ihrer Ansicht nach hätte angesichts einer „rechten Kampagne gegen eine respektable Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht“ von der CDU-Partei- und Fraktionsführung längst ein Stopp-Signal kommen müssen, sagte Grosse-Röthig in Erfurt. „Stattdessen haben Merz und Spahn alles laufen lassen und damit bewusst die Beschädigung einer der wichtigsten Institutionen unseres Rechtsstaates herbeigeführt.“
12:55 Uhr – Wahl kommt nach der Sommerpause
Nach Kritik aus Teilen der Union an einer SPD-Kandidatin soll die Wahl nun nach der Sommerpause stattfinden. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat angekündigt, sich noch zu der Entscheidung zu äußern.
12:52 Uhr – SPD beklagt „Schmutzkampagne“
Im Nachgang der abgesagten Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht nimmt die SPD ihre Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf in Schutz: „Wir werden gerade Zeuge, wie eine hochqualifizierte Kandidatin mit makellosem Werdegang und breiter fachlicher Anerkennung Opfer einer Schmutzkampagne wird, die haltlos ist“, teilte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Dirk Wiese, mit. „Das Problem heute ist, dass die Unionsführung die nötige Mehrheit in ihren eigenen Reihen nicht sicherstellen konnte. Die Unionsführung war schon Wochen vorher über unsere Vorschläge informiert und hatte Zustimmung signalisiert.“
Nach der Absage der Wahl hatte Wiese in seiner Wortmeldung bereits gesagt, dass Brosius-Gersdorf aufgrund der „Hetzkampagne“ Morddrohungen in den sozialen Netzen erhalten habe.
12:38 Uhr – 60 Unions-Abgeordneten waren dagegen
Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg sollen rund 60 Unionsabgeordnete gedroht haben, gegen die SPD-Kandidatin zu stimmen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die SPD wiederum Spinner die Unterstützung entzogen hätte. Im schlimmsten Fall hätte dies dazu führen können, dass der CDU-Kandidat nur mit den Stimmen der AfD zum Verfassungsrichter gewählt worden wäre.
12.27 Uhr – AfD reklamiert abgesagte Richterwahl für sich
AfD-Fraktionsvizechefin Beatrix von Storch sagt WELT im Bundestag zur abgesagten Richterwahl: „Das war ein ganz großer Erfolg der AfD. Wir haben verhindert, dass diese drei Richter gewählt werden. Wir haben den Finger in die Wunde gelegt. Es kann nicht sein, dass die SPD mit ihren 13 Prozent zwei Verfassungsrichter stellt.“
Die AfD-Bundesvorsitzende Alice Weidel sagt vor Journalisten: „Das kommt dabei raus, wenn man unter dem Deckmäntelchen des Schweigens knallhart Richter durchbringen möchte. Unsere Gewaltenteilung lebt davon, dass die Bürger Vertrauen in Institutionen haben. Dieses Vertrauen wurde erschüttert. Es zeigt sich einmal mehr, dass wir es mit einer instabilen Koalition zu tun haben.“
12:05 Uhr – Bundestag verschiebt Wahl der Richter
Der Bundestag hat die für heute angesetzten Wahlen von drei Richtern für das Bundesverfassungsgericht vertagt. Das Plenum fasste einen entsprechenden Beschluss mit den Stimmen von Linken, Grünen, SPD und Union. Die AfD stimmte dagegen.
12:04 Uhr – Plagiatsjäger distanziert sich von der Union
12:03 Uhr – Auch Linke kritisiert Spahn
„Wir sind absolut fassungslos“, sagte die Linken-Vorsitzende Heidi Reichinnek. „Es wäre gar kein Problem gewesen, die drei Kandidaten heute hier zu wählen.“ Zudem warf sie der Union vor, sich rechte Argumente zu eigen gemacht zu haben. Immer wieder werden die Abgeordneten dazu angehalten, nur zur Geschäftsordnung zu sprechen und nicht über die Kandidaten.
11:59 Uhr – Grüne erneuern Kritik an Merz und Spahn
„Heute ist ein schlechter Tag für das Parlament, die Demokratie und das Bundesverfassungsgericht“, sagte die Grünen-Ko-Fraktionsvorsitzende. „Es ist eine unverantwortliche Situation, in die uns Jens Spahn gebracht hat.“ Einen solchen Vorgang wie diesen, habe es noch nie im Parlament gegeben. Den Schaden hätten der Unions-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu verantworten.
11:57 Uhr – Union wehrt Kritik ab
„Die Debatte hat jegliches Maß verloren“, sagte der Abgeordnete Steffen Bilger für die CDU/CSU-Fraktion unter zahlreichen Zwischenrufen. „Wir wären bereit gewesen, die beiden anderen Verfassungsrichter zu wählen.“ Dies sei leider nicht möglich.
11:55 Uhr – AfD attackiert Regierung
„Was wir heute sehen, ist die absolute Instabilität dieser Regierung“, sagte der AfD-Abgeordnete Bernd Baumann in seiner Wortmeldung.
11:52 Uhr – SPD sieht „Hetze“ in der Debatte
„Heute ist ein verdammt schlechter Tag für die Demokratie“, sagte der SPD-Abgeordnete Dirk Wiese in einer Wortmeldung. Brosius-Gersdorf sei „eine Staatsrechtslehrerin, die über jeden Zweifel erhaben sei“.
11:39 Uhr – Union und SPD sagen Richterwahl für heute komplett ab
Dem SPD-Bundestagsabgeordneten Helge Lindh zufolge sind die Wahlen für die Verfassungsrichter abgesagt. „Heute wird nicht mehr gewählt“, sagte er nach einer Sonderfraktionssitzung der SPD vor Reportern. Die Fraktionsvorsitzenden der schwarz-roten Koalition hätten sich darauf verständigt. Zuvor hatten „Spiegel“ und „Bild“ übereinstimmend berichtet.
11.34 Uhr: Ob heutige Wahl stattfindet, ist noch offen
11:12 Uhr – Wie geht es jetzt weiter?
Nach Informationen von „Politico“ soll die Bundestagssitzung um 11.30 Uhr wieder starten.
10:50 Uhr – Grüne stellen Eignung von Spahn infrage
Die Grünen machen den Unions-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) für die Eskalation in der Debatte um Brosius-Gersdorf verantwortlich: „Ich bezweifle, dass jemand wie Jens Spahn in der Lage ist, seine Funktion als Fraktionsvorsitzender wahrzunehmen, wenn wir mit einer solchen Situation wie heute konfrontiert sind“, sagte die Grünen-Ko-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann in einem Statement. „Dass die CDU, CSU und mit ihr der Vorsitzende sich ausgerechnet jetzt nicht in der Lage gesehen haben und sich verweigert haben, mit den Linken zu sprechen, halten wir für einen gravierenden Fehler.“
Außerdem frage sie sich, wie „Spahn die Wahlen zum Bundesverfassungsgericht mit seinen drei Wahlvorschlägen vorbereitet“ habe. „Hier scheint jemand die Ernsthaftigkeit der Lage nicht eingeschätzt und erkannt zu haben.“
10:44 Uhr – Scharfe Kritik der Grünen
In der Debatte um die Wahl von Brosius-Gersdorf haben die Grünen Spahn (CDU) scharf attackiert: „Hier scheint jemand die Ernsthaftigkeit der Lage nicht eingeschätzt und erkannt zu haben“, sagte die Grünen-Ko-Faktionschefin Haßelmann. Man frage sich, wie Spahn die Wahl vorbereitet habe und sei „entsetzt über so viel Dilettantismus und unverantwortliches Handeln“.
10:35 Uhr – Sitzung wird unterbrochen
Vor der Wahl neuer Richter für das Bundesverfassungsgericht hat der Bundestag seine Plenarsitzung unterbrochen. Dies geschehe auf Wunsch der SPD-Fraktion, teilte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) als Sitzungsleiterin mit. Es gebe den Wunsch nach einer Fraktionssitzung. Kurz nach 11 Uhr solle es weitergehen. Die SPD hatte ihre Sondersitzung bereits angekündigt, auch die Grünen und Linken wollten zusammenkommen.
10:22 Uhr – Demonstration vor dem Bundestag
Angesicht der Debatte um die Wahl von Brosius-Gersorf demonstrieren vor dem Bundestag Abtreibungsgegner des Vereins „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA e.V.).
10:17 Uhr – Grünen-Fraktionschefin wirft Merz Versagen vor
Die Grünen im Bundestag haben der Unionsführung schwere Fehler bei der Organisation der Wahl neuer Verfassungsrichter vorgeworfen. „Mit dem Bundesverfassungsgericht spielt man kein Roulette“, schrieb die Ko-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann auf X. Sie warf sowohl Unionsfraktionschef Jens Spahn als auch Kanzler Friedrich Merz (beide CDU) „Versagen“ vor.
09:58 – Sonderfraktionssitzung auch bei den Grünen
Auch die Grünen wollen sich vor der Wahl der Richter für das Bundesverfassungsgericht noch einmal beraten und haben zu einer Sondersitzung der Fraktion eingeladen. Man rechne mit einer Unterbrechung der Bundestagssitzung vor der für 10:10 Uhr geplanten Wahl des von der Union nominierten Kandidaten Günter Spinner, sagte eine Sprecherin der Fraktion der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Für diesen Fall solle die Fraktion zusammenkommen.
09:47 Uhr – Folgen für die Wahl der anderen Kandidaten
Eigentlich sollte die Wahl der beiden anderen Kandidaten stattfinden. Nominiert ist auch Günter Spinner, der seit Jahren als Richter für das Bundesarbeitsgericht in Erfurt ist. Der 1972 in Oppenau geborene Jurist befasst sich dabei vor allem mit Schadenersatz und Entschädigungen.
09:30 Uhr – Einige Linke-Abgeordnete für Spinner
Einige Linken-Abgeordnete wollen bei der Wahl von Richtern für das Bundesverfassungsgericht im Bundestag für den von der Union nominierten Kandidaten Spinner stimmen, um ihm eine Mehrheit ohne die AfD zu sichern. Dies erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Fraktionskreisen. Zuvor hatte die Linke in einer Sondersitzung ihrer Fraktion ihre Linie abgestimmt.
Zugleich ist die Linke gegen die von der Union gewünschte Absetzung der Abstimmung über Brosius-Gersdorf. Einer entsprechenden Tagesordnungsänderung werde man nicht zustimmen, hieß es.
09:25 Uhr – SPD berät sich ebenfalls
Aus SPD-Kreisen heißt es gegenüber WELT: Eine Entscheidung bezüglich einer Absetzung der Wahl sei „noch offen, Gespräche laufen“. Um 10.30 Uhr will die Fraktion zu einer Sondersitzung zusammenkommen.
08:56 Uhr – Union droht SPD mit Enthaltung
Im Ringen um die Neubesetzung dreier Richterstellen am Bundesverfassungsgericht droht die Union dem Koalitionspartner SPD mit Enthaltung – sollte die Abstimmung über die in der Union besonders umstrittenen Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf nicht abgesetzt werden.
Die Wahl der beiden anderen Bewerber für die Richterstellen beim Bundesverfassungsgericht, Ann-Katrin Kaufhold und Günter Spinner, solle weiter stattfinden.
08:47 Uhr – Union will Brosius-Gersdorf-Wahl absetzen
Die Unionsfraktion hat in einer Sondersitzung entschieden, dass die Wahl der umstrittenen Kandidatin Brosius-Gersdorf von der Tagesordnung des Bundestags genommen werden soll. Die Union will nach erheblichen internen Differenzen die Wahl von Brosius-Gersdorf nicht mittragen. Als Grund dafür wird allerdings nicht die Haltung der Juristin unter anderem zum Abtreibungsrecht genannt, sondern Plagiatsvorwürfe.
Der Fraktionsvorstand und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hätten der SPD mitgeteilt, dass der Plagiatsverdacht die fachliche Expertise in Zweifel ziehe, hieß es in Fraktionskreisen während der laufenden Sitzung. Die sei aber zentrales Argument für die Wahl der Kandidatin gewesen. Eine angehende Verfassungsrichterin müsse über jeden Zweifel erhaben sein.
08:27 Uhr – Imageschaden für das Gericht befürchtet
Nach Einschätzung des ehemaligen Richters an dem Karlsruher Gericht, Peter M. Huber, könnte die Wahl von Brosius-Gersdorf dem Ansehen der Institution schaden „Ein dermaßen polarisierender Personalvorschlag ist für das Ansehen des Gerichts ein Risiko“, sagte Huber dem Magazin „Focus“. „Die Frau Brosius-Gersdorf vorgehaltenen und hitzig diskutierten Positionen sind in der Gesellschaft wie unter Verfassungsrechtlern nicht mehrheitsfähig“, betonte er.
Huber übte scharfe Kritik an der Diskussion um Brosius-Gersdorf in den vergangenen Tagen. „Karlsruhe stand immer für Ausgewogenheit und Verlässlichkeit – auch bei der Auswahl der Verfassungsrichter“, sagte er. Im Gegensatz zu den USA seien Richterwahlen in Deutschland „nie so personalisiert gewesen, sodass das Bundesverfassungsgericht in der Regel als Einheit wahrgenommen wird“. Die Debatte der vergangenen Tage könne das beeinträchtigen, sagte Huber dem „Focus“.
08:15 Uhr – So sollte die Wahl ablaufen
Um kurz nach 10 Uhr sollen die Abgeordneten zunächst über den Kandidaten der Union, Günter Spinner, entscheiden. Die Abstimmungen über die beiden SPD-Kandidatinnen Ann-Katrin Kaufhold und Frauke Brosius-Gersdorf sind für mittags geplant. Über sie soll getrennt voneinander abgestimmt werden.
08:03 Uhr – Linke fordert Wahl der SPD-Kandidatinnen
Die Linken-Fraktion im Bundestag hat die Abgeordneten von CDU und CSU aufgerufen, bei der Wahl nicht mit Stimmen der AfD zu rechnen. „Ich hoffe, dass sie sich endlich für eine demokratische Mehrheit für alle Kandidatinnen und Kandidaten einsetzen wird und nicht mit den Stimmen der AfD kalkuliert“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Clara Bünger, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
08:00 Uhr – Die Stimmen der AfD werden gebraucht
Wenn alle Fraktionen gemäß ihrer relativen Stärke vertreten sind, reichen die Stimmen der drei Regierungsparteien CDU, CSU und SPD sowie der Grünen nicht aus für eine Zweidrittelmehrheit. Es bräuchte dann noch Stimmen der AfD oder der Linken. Die CDU/CSU-Fraktion lehnt eine Zusammenarbeit sowohl mit der Linken als auch der AfD ab.
Die AfD-Fraktionsspitze jedenfalls hat ihren Mitgliedern empfohlen, für den Unionskandidaten Spinner zu stimmen. Die beiden SPD-Kandidatinnen hingegen lehnt AfD-Fraktionschefin Alice Weidel ab.
07:55 Uhr –Klöckner hofft auf Wahl „ohne Beanstandung“
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner ruft die Bundestagsfraktionen auf, die Neubesetzung von drei Richterstellen am Bundesverfassungsgericht ohne Komplikationen über die Bühne zu bringen. „Diese Erwartung habe ich, dass […] der Ablauf ohne Beanstandung ist“, sagte die CDU-Politikerin im „Playbook Podcast“ von „Politico“.
Sie mahnte zugleich, die Entscheidung nicht dem Bundesrat zu überlassen. „Ein Parlament muss wissen, was seine Bedeutung ist. Und wenn man ureigenste Zuständigkeiten abgibt, dann ist das keine Stärkung eines Parlamentes“, sagte sie. Sollte der Bundestag an diesem Freitag keine Entscheidung fällen, geht das Wahlrecht an die Länder über.
07:50 Uhr – CSU-Politiker unterstützt Brosius-Gersdorf
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hat erneut zur Unterstützung für Brosius-Gersdorf, aufgerufen. „Frau Brosius-Gersdorf ist keine Kandidatin der Union, aber eine respektable Kandidatin der SPD – und ganz sicher keine linksradikale Aktivistin“, sagte Hoffmann der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Deren Wahl sei auch „kein Angriff auf den Schutz des ungeborenen Lebens“. Sie habe in verschiedenen juristischen Schriften klargestellt, dass das Grundrecht auf Leben nicht erst ab Geburt gilt, sondern bereits dem Embryo zustehe.
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