Nach Ausschreitungen gegen Migranten im Ort Torre Pacheco im Südosten Spaniens soll die Polizeipräsenz dort für die kommenden Tage deutlich verstärkt werden. Das sagte die Delegierte der spanischen Zentralregierung in der Region Murcia, Mariola Guevara, im staatlichen Fernsehen RTVE. Fünf Menschen wurden demnach verletzt. Es gab eine Festnahme.
In der Nacht zum Sonntag hatten sich in dem etwa 40.000 Einwohner zählenden Ort südöstlich von Murcia Menschen eingefunden, die mutmaßlich dem ultrarechten Milieu angehörten und gegen dort lebende Migranten vorgehen wollten. Polizeibeamte hätten eine direkte Konfrontation der beiden Gruppen verhindert, sagte Bürgermeister Pedro Ángel Roca Tornel.
Auf Fernsehbildern waren unter anderem Flaschenwürfe in Richtung der Polizei sowie in Brand gesetzte Müllcontainer und Barrikaden zu sehen. Roca sagte, es gebe keine Zahlen, wie viele Menschen sich bisher beteiligt hätten. Die Mehrheit sei aber von außerhalb angereist.
Auslöser war die Attacke auf einen Rentner
Anlass der Krawalle war offenbar ein Übergriff auf einen spanischen Rentner, der von drei mutmaßlich nordafrikanischen Jugendlichen verprügelt worden sein soll. Den Medienberichten zufolge wurde Domingo Tomás Martínez bei einem Morgenspaziergang von den Jugendlichen attackiert und zusammengeschlagen. Die jungen Männer – laut den spanischen Medien sollen sie marokkanischer Herkunft seien – filmten ihre Attacke offenbar auch mit ihren Smartphones.
Laut der Zeitung „La Opinión de Murcia“ hätten anschließend trotz eines großen Polizeiaufgebots mehrere Gruppen mit Knüppeln bewaffneten Menschen Jagd auf Menschen mit Migrationshintergrund gemacht. Auch Läden, die von marokkanischen Einwanderern betrieben worden, seien gezielt beschädigt worden.
Videos in den Onlinenetzwerken stachelten die Gewalt an
Zentral für die Auseinandersetzungen war demnach die Aussage des 68-jährigen Rentners. Martínez schilderte spanischen Medien, dass er am frühen Mittwochmorgen anscheinend ohne Grund von den Jugendlichen attackiert worden sei. Nicht nur das geschwollene Gesicht des 68-Jährigen, sondern auch ein in Online-Netzwerken veröffentlichtes Video der Tat sorgte für Empörung. Die mutmaßlichen Täter wurden noch nicht gefasst, nach ihnen wird aber gefahndet.
Die Stadtverwaltung von Torre Pacheco hatte bereits für Freitagnachmittag zu einer Demonstration aufgerufen. Bereits diese Kundgebung artete nach Angaben der Behörden in Gewalt aus, weil rechtsextreme Gruppen migrantenfeindliche Parolen verbreitet hätten.
Unter der Überschrift „Schiebt sie jetzt ab“ wurde im Online-Netzwerk Telegram zur „Jagd“ auf nordafrikanischstämmige Menschen aufgerufen. „Wenn die anderen Maghrebiner in der Gemeinde nicht kooperieren bei der Identifikation der Schuldigen, sind sie automatisch schuldig und müssen dafür bezahlen“, hieß es in dem Gewaltaufruf.
Ministerin spricht von „rassistischer Gewalt“
Die Regierung der Region Murcia rief am Sonntag zur Ruhe auf. „Torre Pacheco muss zur Normalität zurückfinden“, erklärte der konservative Regierungschef Fernando López Miras im Onlinedienst X. Zwar verstehe er „die Frustration, aber nichts rechtfertigt Gewalt“. Zugleich sagte López Miras zu, dass der Angriff auf den 68-Jährigen „nicht ungestraft“ bleibe.
Der ebenfalls der konservativen Volkspartei (PP) angehörende Bürgermeister von Torre Pacheco, Pedro Angel Roca Tornel, rief die Bewohner der Stadt ebenfalls zu „Ruhe“ und „Friedlichkeit“ auf. Es müsse unterschieden werden zwischen den „Straftätern“ und dem Rest der Einwanderer, die nach Spanien gekommen seien, „um zu arbeiten“.
Die spanische Jugendministerin Sira Rego, die dem Linksaußen-Bündnis Sumar angehört, verurteilte „entschieden die rassistische Verfolgung migrantischer Menschen in Torre Pacheco“. In ihrer Erklärung im Onlinedienst Bluesky schrieb sie außerdem, dass „die Ultrarechte“ für die Krawalle verantwortlich sei. Auf X hingegen wurden die Vorfälle ganz anders kommentiert: Dort hieß es, dass vor allem einheimische Spanier durch randalierende Gruppen junger Migranten angegriffen worden seien.
Rund um Torre‑Pacheco wird viel Obst und Gemüse angebaut, alljährlich reisen Tausende Saisonarbeiter aus Nordafrika ein. Spanische Medien schreiben immer wieder über deren prekäre Wohn- und Arbeitsbedingungen, aber auch über die Belastungen, denen die einheimischen Bewohner in der strukturschwachen Gegend ausgesetzt sind. In sozialen Medien kursierten zudem immer wieder Drohungen gegen in Torre Pacheco wohnende Familien aus Marokko, schreibt „El Pais“. In dem Ort stellen Migranten etwa 30 Prozent der Bevölkerung, analysierte zudem die Zeitung „El Mundo“. Dies sei doppelt so hoch wie der Durchschnitt in Spanien.
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