Seit Jahresbeginn geht es beim wichtigsten Frühindikator für die deutsche Konjunktur fast nur nach oben - dennoch können sich die Ökonomen nicht freuen. Der Auftragsentwicklung in der Industrie fehlt es laut Ifo-Chef Fuest weiterhin an Schwung,

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Unternehmen hat sich im Juli den fünften Monat in Folge verbessert. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg auf 88,6 Punkte, nach 88,4 Zählern im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Seit Jahresbeginn geht es damit beim wichtigsten Frühindikator für die deutsche Konjunktur stetig nach oben, unterbrochen nur von einer Stagnation im Februar.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten allerdings einen etwas kräftigeren Anstieg auf 89,0 Punkte erwartet. "Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft bleibt blutleer", sagte Ifo-Chef Clemens Fuest. Der Auftragsentwicklung in der Industrie fehle es weiterhin an Schwung.

Die Aussichten für die kommenden sechs Monate bewerteten die Ökonomen einen Tick positiver, die aktuelle Geschäftslage ebenso. In der Industrie hellte sich die Stimmung auf, während sie sich bei den Dienstleistern eintrübte. Auch im Handel wurden wieder mehr Pessimisten gezählt, während es in der Baubranche mehr Optimisten gab.

Kein kräftiger Aufschwung erwartet

Einen kräftigen Aufschwung erwarten die meisten Ökonomen nicht. "Die Stimmung der Unternehmen liegt weiterhin sehr deutlich unter ihrem langjährigen Durchschnitt, und die Zuversicht kommt nur im Schneckentempo zurück", sagte DekaBank-Volkswirt Andreas Scheuerle. "Angesichts der möglichen Belastungen durch die US-Zollpolitik ist das wenig überraschend." Die gestiegenen Geschäftserwartungen müssten sich erst noch bewahrheiten, sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger: "Sie erscheinen zudem brüchig, sollte der US-Basiszoll von zehn Prozent im August deutlich steigen."

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht zwar im erneuten Ifo-Anstieg ein Aufwärtssignal. "Aber wir erwarten für das kommende Jahr nur deshalb ein recht starkes Wachstum von 1,4 Prozent, weil die Bundesregierung in großem Umfang Ausgaben aus dem Kernhaushalt in das Sondervermögen verschiebt und die freigewordenen Mittel rasch ausgibt", betonte Krämer. "Dieser Fiskalimpuls facht die Konjunktur unvermeidlich an, auch wenn die langfristigen Wachstumsaussichten wegen des fehlenden Neustarts in der Wirtschaftspolitik weiter äußerst verhalten sind."

Viele harte Konjunkturdaten sind zuletzt schwächer ausgefallen. So setzten die Einzelhändler im Mai weniger um, während die Exporteure weniger ins Ausland verkauften - nicht zuletzt wegen des ungelösten Zollstreits mit den USA, dem größten Abnehmer von Waren "Made in Germany". "Konjunkturell waren zuletzt gemischte Signale zu verzeichnen", heißt es im aktuellen Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums.

Im ersten Quartal 2025 war die deutsche Wirtschaft noch um überraschend kräftige 0,4 Prozent gewachsen. Für das zurückliegende zweite Quartal rechnen Experten jedoch mit einem Rückschlag. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte um 0,1 Prozent schrumpfen, sagen die von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Ökonomen voraus. Eine erste Schätzung zum Abschneiden von Europas größter Volkswirtschaft im Frühjahr will das Statistische Bundesamt am kommenden Mittwoch veröffentlichen.

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