Die deutsche Industrie ist überraschend schlecht in die zweite Jahreshälfte gestartet. Die Auftragslage hat sich im Juli zum dritten Mal in Folge verschlechtert. Ohne Berücksichtigung der Großaufträge stieg das Ordervolumen immerhin leicht - doch Ökonomen bleiben pessimistisch.
Industriebetriebe in Deutschland haben im Juli einen weiteren Auftragsdämpfer erlitten. Im Monatsvergleich sind die Bestellungen um 2,9 Prozent gesunken, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Ökonomen wurden von der Schwäche des Auftragseingangs insgesamt überrascht. Sie hatten im Schnitt mit einem Anstieg um 0,5 Prozent gerechnet. Ohne die Berücksichtigung von Großaufträgen war der Auftragseingang den Angaben zufolge um 0,7 Prozent höher als im Vormonat.
Das Volumen der Bestellungen war bereits im Vormonat gesunken. Allerdings war der Rückgang im Juni mit 0,2 Prozent nicht so stark wie bisher bekannt. Zuvor hatte das Bundesamt noch einen Dämpfer um 1,0 Prozent gemeldet. Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich zeigte sich eine bessere Entwicklung: In dieser Betrachtung war der Auftragseingang von Mai bis Juli um 0,2 Prozent höher als in den drei Monaten zuvor.
Nach einem zunächst hoffnungsvollen Frühjahr habe die Konjunktur "wieder den Rückwärtsgang eingelegt", sagt LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch. Zwar mag die leichte Aufwärtskorrektur der Juni-Zahl "etwas trösten, die Gesamtschau bleibt aber negativ".
"Angesichts hoher Arbeits- und Energiekosten, bürokratischer Lasten und hoher Steuern halten sich die Unternehmen weiterhin mit Investitionen und Bestellungen zurück", kommentiert DIHK-Konjunkturexperte Jupp Zenzen die Entwicklung. Auch die anhaltende Unberechenbarkeit der US-Handelspolitik drücke nicht nur die Industriekonjunktur hierzulande, sondern auch die Nachfrage aus dem Ausland. "Die Aussichten der deutschen Industrie bleiben damit trüb."
Wirtschaftsministerium: Nachfrage "bis zuletzt verhalten"
Die negative Entwicklung ist wesentlich auf die deutlichen Rückgänge im sogenannten "Sonstigen Fahrzeugbau" zurückzuführen, zu welchem Flugzeuge, Schiffe, Züge und Militärfahrzeuge gezählt werden: Hier brach das Neugeschäft um 38,6 Prozent ein. Im Vormonat Juni hatte es hier noch viele Großaufträge gegeben. Auch der Rückgang bei den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen (-16,8 Prozent) beeinflusste das Gesamtergebnis negativ. Dagegen wuchs der Auftragseingang in der Automobilindustrie um 6,5 Prozent.
Die Aufträge aus dem Ausland nahmen den Angaben nach um 3,1 Prozent ab. Sowohl die Aufträge aus der Eurozone als auch die Order von außerhalb der Eurozone sanken, um 3,8 beziehungsweise 2,8 Prozent. Aus dem Inland kamen 2,5 Prozent weniger Bestellungen.
"Die Volatilität der Auftragsentwicklung ist nach wie vor von den hohen handels- und geopolitischen Unsicherheiten geprägt", erklärt das Bundeswirtschaftsministerium. "Die starken Schwankungen bei den Bestellungen im Sonstigen Fahrzeugbau dürften zudem auch die Fortschritte in der Beschaffung von Rüstungsgütern im In- und Ausland widerspiegeln." Insgesamt aber bleibe die Nachfrage "bis zuletzt verhalten", so das Bundeswirtschaftsministerium.
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